Kollegiatstift St. Peter in Neuburg an der Donau ? Wallfahrt zur ?Maria vom Gnadenaug?
An der möglicherweise bis ins 8. Jahrhundert zurückreichenden Pfarrkirche St. Peter in Neuburg an der Donau stiftete Herzog Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg 1681 ein Kollegiatstift. Während einer Predigt des Marcus von Aviano, soll eine am Hauptaltar von St. Peter aufgestellte Marienfigur am 9. Oktober 1680 erstmals die Augen bewegt haben. Das Wunder wiederholte sich mehrmals, unter anderem in der auf die Predigt folgenden Andacht. Zur Marienstatue vom ?Gnadenaug? entwickelte sich eine rege Wallfahrt. Herzog Philipp Wilhelm entschloss sich, bei St. Peter ein Chorherrenstift ins Leben zu rufen. Wallfahrt und Verehrung des Gnadenbildes kamen in der Zeit der Aufklärung zum Erliegen. 1803 wurde das aus einem Dekan und sechs Chorherren bestehende Stift aufgehoben und die Marienstatue den Englischen Fräulein übergeben. Heute findet man die ?Maria vom Gnadenaug? im Maria-Ward-Kloster auf der Luisenhöhe.
Eine Nachbildung des Neuburger Gnadenbildes wird in der Kirche St. Maximilian in Düsseldorf verwahrt. Auf den ersten Blick mag der Standort Düsseldorf verwundern, berücksichtigt man jedoch die Geschichte des Fürstentums Neuburg, so löst sich der scheinbare Widerspruch auf. Als Folge des 1666 geschlossenen Teilungsvertrags von Kleve waren Neuburg sowie Jülich und Berg mit Düsseldorfbis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in Personalunion vereint.
Kirche und Pfarrei St. Peter selbst sind, wie oben erwähnt, deutlich älter als das Kollegiatstift. Der erste Kirchenbau wurde sehr wahrscheinlich in der Zeit des hl. Bonifatius errichtet. Erstmals urkundlich erwähnt wird die Pfarrei St. Peter 1214/19 im so genannten Pappenheimer Urbar. Von 1317 bis 1542 lag das Patronatsrecht über die Pfarrei beim Kloster Seligenthal bei Landshut. Von den Kirchenausstattungen der Romanik und der Gotik ist kein Stück erhalten geblieben. Lediglich eine Säulenbasis im Schlossmuseum wird einem Vorgängerbau der heutigen Peterskirche zugeordnet. Die Kirchenordnung von 1554/55 hatte einen Bildersturm zur Folge, der wohl keinen Flügelaltar, kein Bild verschonte und über die ältere Einrichtung der Kirche nur Spekulationen zulässt. An das Aussehen der gotischen Kirche erinnert allein ein Merian-Stich.
Getreu dem Grundsatz ?cuius regio, eius religio?, wurde St. Peter durch landesherrlichen Beschluss 1542 zunächst evangelische und ab 1617 wieder katholische Pfarrkirche von Neuburg. Ein eher tragikomisches Schicksal ereilte den Turm von St. Peter. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts begann er sich so stark zu neigen, dass 1605 ein baustatisches Gutachten bei dem Augsburger Stadtbaumeister Elias Holl in Auftrag gegeben wurde. Holls nachdrücklichen Rat, den Turm abzutragen, wollte man dann aber doch nicht befolgen. Immerhin erst 40 Jahre später ? im Mai 1641 ? stürzte der Turm bei Renovierungsmaßnahmen ein und verursachte erhebliche Schäden am Kirchenschiff. Nun war ein kompletter Kircheneubau nicht mehr zu umgehen. Die Grundsteinlegung für den Neubau fand im Juli 1641 statt, am 11. November 1646 wurde die von Johann Serro aus Rovereto erbaute neue Kirche geweiht. Endgültig ihre heutige Außenansicht erhielt St. Peter mit dem Abschluss der Arbeiten am Kirchturm 1655/56 bzw. mit Errichtung des Chores und Erhöhung der Kirche 1671. In den Jahren 1983 bis 1988 wurde die Peterskirche einer umfassenden Renovierung unterzogen.
Vorbildfunktion für die Außen- und Innengestaltung der Kirche St. Peter in frühbarockem Stil hatte die Neuburger Hofkirche (errichtet 1607?1615). Allerdings wirkt St. Peter in den Schmuckformen, den kriegerischen Zeiten angemessen, sparsamer und straffer gegliedert. Dem durch ein Doppeltor eintretenden Besucher öffnet sich ein harmonischer heller, dreischiffiger Innenraum. Die künstlerisch interessantesten Einrichtungsgegenstände der Peterskirche sind der Hochaltar, die spätbarocke Kanzel sowie eine silberne Statue des hl. Sebastian. Das Zentrum des Hochaltars bildet eine Darstellung des Petrus-Todes. Als Maler kommen der Rubens-Schüler Anton Schoon sowie Pieter de Mol in Frage. Flankiert wird das Hochaltarbild von den überlebensgroßen Figuren des hl. Augustinus und des hl. Chrodegang von Metz. Augustinus und Chrodegang verweisen als Patrone auf das angeschlossene Chorherrenstift. Das reiche Altargebälk wird von vier freistehenden Säulen mit korinthischen Kapitellen getragen. Am ersten südlichen Kirchenpfeiler windet sich die Kanzel empor. Sie wird, wie auch der zeitgleich, um 1760, entstandene Hochaltar, dem Dillinger Bildhauer Johann Michael Fischer zugeschrieben. Auf dem Schalldeckel steht, gestützt auf ein Schwert, der Apostel Paulus. Vier Putti begleiten den Völkerapostel, zwei führen Anker und Säule als Beigaben mit sich.
Ein Meisterwerk der Augsburger Silberschmiedekunst ist die etwa 1,4 Meter hohe Sebastiansfigur. Die Darstellung des Sebastiansmartyriums fertigte der Augsburger Meister Johann Wilhelm Manlich aufgrund eines Gelöbnisses im Pestjahr 1713. Im Sockelmedaillon ist in lateinischer Sprache die Widmungsinschrift ?Dem hl. Sebastian, dem g
Unter dem Chor der heutigen Pfarrkirche befindet sich die Gruft, in der auch mehrere Chorherren ihre letzte Ruhestätte fanden.
Laura Scherr