Dietfurt, Franziskanerkloster – eine Stätte fernöstlicher Meditation
Die Patres, die sporadisch von Kelheim nach Dietfurt kamen, um hier bei der Seelsorge auszuhelfen, hatten offensichtlich in der Bevölkerung einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Denn der Dietfurter Bürgermeister und Gastwirt Johann Huebmer, ein großer Naturfreund, entschloss sich 1658, den Franziskanern seinen drei Tagwerk umfassenden Garten an der Laber als Startkapital für die Errichtung eines Klosters zu schenken. Aber erst nachdem man auch den Unterhalt der Einrichtung gesichert hatte, erteilte das Kapitel die Genehmigung für die Errichtung des Klosters. In Anwesenheit des Eichstätter Bischofs Marquard II. Graf Schenk von Castell (1637–1685) wurde am 11. September 1660 der Grundstein gelegt. Als Baumeister fungierte Frater Hugolin Partenhauser. 1665 war der Klosterbau so weit fertiggestellt, dass die ersten Brüder einziehen konnten. Die Einweihung der Kirche unter dem Patronat des hl. Johannes Evangelist fand am 3. Juli 1667 statt. Die neue Franziskanerniederlassung hatte sieben Patres und fünf Brüder. Bei einer Seuche, die 1673 viele Einwohner Dietfurts hinwegraffte, bewährten sich die Patres als aufopfernde Krankenpfleger. Ihr Wirken, vor allem die Einführung volksnaher Andachtsformen, Bittprozessionen und die Gründung von mehreren Bruderschaften an der Klosterkirche, bereicherten das religiöse Leben der Stadt in hohem Maße und brachten auch für das Kloster eine lange Blütezeit. Von hier aus wurden Franziskanerniederlassungen in den Wallfahrtsorten Maria-Hilf bei Freystadt und Griesstetten sowie in Beilngries gegründet. 1715 wurde an die Klosterkirche eine Antoniuskapelle angebaut. In dieser Zeit bestimmte das Ordenskapitel das Dietfurter Kloster auch zum Standort für die Ausbildung des Nachwuchses. Dafür wurde neben dem Konventsgebäude am Flussufer ein Noviziatsbau errichtet. Als sich die Klosterkirche als zu klein erwies, verlängerte man den Bau 1766/67 an der Portalseite und platzierte hier auch den Mönchschor. Als Anbau entstand nebenan eine neue Bibliothek. Sie gehört heute zu den wenigen klösterlichen Buchbeständen in Bayern, die sich noch an ihrem Originalstandort befinden.
Zusammen mit den meisten anderen bayerischen Klöstern wurde auch das Dietfurter Kloster 1802 im Zuge der Säkularisation durch die bayerische Regierung aufgehoben. Jedoch wurde das Kloster zum Zentralkloster erklärt, in dem die Mönche bis zu ihrem Tod Wohnrecht hatten. Im vorderen Gartenteil errichtete man 1805 ein Schulgebäude.
Unter König Ludwig I. erhielt Dietfurt dann wieder das Noviziatskloster der bayerischen Franziskaner. 1827 wurden die ersten vier Novizen eingekleidet. Mit einer durchgreifenden Innenerneuerung veränderte man zwischen 1873 und 1875 die Kirche im neuromanischen Stil. Die Decke der Klosterkirche wurde 1902 durch den Münchner Kunstmaler Sebastian Wirsching, einem geborenen Dietfurter, mit Gemälden versehen. 1926 entstand im Garten ein neues Haus für die Novizen. Im Zweiten Weltkrieg erlangte der Dietfurter Franziskanerbruder Balthasar Werner, der 1943 während seiner Brandwache auf dem Dachboden des Klosters St. Anna in München bei einem Bombenangriff starb, Berühmtheit. Seine Gebeine wurden 1961 in eine eigene Kapelle im Kloster St. Anna in München überführt und der Seligsprechungsprozess für ihn eingeleitet.
Da es ab den 1960er-Jahren im Orden immer weniger Nachwuchs gab, entschloss sich das Kapitel, das Noviziat in Dietfurt aufzulösen und sich im Bereich der Ausbildung mit Tirol zusammenzuschließen. In dem frei gewordenen Gebäude richtete die Provinzleitung das Exerzitienhaus der geistlichen Gemeinschaft ein. Mit dem Meditationshaus St. Franziskus, das neben dem Konventsgebäude errichtet und 1977 von Bischof Alois Brems aus Eichstätt und Pater H. M. Enomiya Lassalle S.J. eingeweiht wurde, begann ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte des Dietfurter Franziskanerklosters. Der Versuch, in einem christlichen Kloster die Zen-Meditation und andere asiatische Kontemplations- und Konzentrationsübungen anzubieten, war von Erfolg gekrönt. In unseren Tagen hat sich die Dietfurter Niederlassung zu einer gefragten Tagungs- und Einkehrstätte entwickelt. Zu dem Meditationshaus St. Franziskus gehört der alte Klostergarten mit hauseigener Quelle, Blumen-, Kräuter- und Gemüsebeeten, Obstplantagen und einem Fischweiher. Er wird nach ökologischen und ästhetischen Richtlinien bewirtschaftet und versorgt sowohl die geistliche Gemeinschaft als auch die Gäste.
Zur 350-Jahr-Feier 2010 wurde die Klosterkirche umfassend renoviert. Für die feierlichen, mit szenischen Darstellungen bereicherten Ölbergandachten, die hier jedes Jahr vor großem Publikum stattfinden und deren Anfänge bis in das Jahr 1680 zurückreichen, erhielten die Franziskaner 2005 den Kulturpreis der Oberpfalz im Bereich Brauchtum verliehen. Auch die „Frauenoktav“ in der Adventszeit und die Jahreskrippe in der Klosterkirche, die jeden Monat eine neue Darstellung zeigt, ziehen zahlreiche Besucher an.
Christine Riedl-Valder
Link:
http://www.meditationshaus-dietfurt.de/