Geisenfeld, Benediktinerinnenkloster – Kulturelles Zentrum der Region
Schon im 9. Jahrhundert existierte in Engelbrechtsmünster, heute ein Ortsteil von Geisenfeld, ein Adelskloster, das zur Benediktinerabtei St. Emmeram in Regensburg gehörte. Es ging vermutlich im Zusammenhang mit den Ungarneinfällen im 10. Jahrhundert unter. Graf Eberhard II. von Ebersberg und seine Gemahlin Adelheidis stifteten im Umfeld dieser ersten geistlichen Gemeinschaft zwischen 1030 und 1037 ein Kloster für den weiblichen Zweig des Ordens und statteten es mit zahlreichen Besitzungen in Oberbayern und Oberösterreich aus. Nach dem Willen der Stifter sollte die Einrichtung ausschließlich Adelstöchtern vorbehalten sein. In der Nähe der schon bestehenden kleinen Pfarrkirche St. Emmeram entstand unter der Bauleitung der Regensburger Benediktiner eine großzügige Anlage. Als Schutzpatrone wählte man die Muttergottes und den hl. Bischof und Märtyrer Zeno. Die heute noch vorhandene spätromanische Rundkapelle, in der einst die verstorbenen Nonnen aufgebahrt wurden, stammt noch aus dieser Anfangszeit. Die Abtei Geisenfeld trug in den folgenden Jahrhunderten maßgeblich zur kulturellen Entwicklung des gesamten Ilmgaus bei; sowohl im Bereich der Landwirtschaft, als auch im Handwerk und der Bildung. Ein illustrierter Psalter aus den Anfängen des Frauenklosters, der sich heute in der Münchner Staatsbibliothek befindet (siehe Abb.), zeugt vom hohen Niveau des geistlichen Lebens in dieser Gemeinschaft. Neben der Abtei bestand seit der Frühzeit auch eine Versorgungsstätte für weibliche Adelige jeden Alters, die sich hier einkauften und in der Abgeschiedenheit ohne Einschränkungen durch die Ordensregeln ein standesgemäßes Leben führen konnten. Seit circa 1130 lag die Vogtei des Frauenklosters bei den Wittelsbachern. Nach einem verheerenden Brand 1281 und dem Verlust einer Reihe von Gütern und wertvollen Handschriften konnte die Abtei nur mithilfe großzügiger Schenkungen des bayerischen Herzogs und zahlreicher Wohltäter vor dem Untergang gerettet werden. Von Kaiser Ludwig dem Bayern erhielt das Kloster 1336 die niedere Gerichtsbarkeit, die es bis zu seiner Aufhebung besaß. Die im Zusammenhang mit der Melker Reform nach 1424 durchgeführten Neuerungen, vor allem die nun erlaubte Aufnahme von Frauen aus bürgerlichen Kreisen, brachten Aufschwung.
Im Dreißigjährigen Krieg mussten die Nonnen 1632 vor den schwedischen Truppen nach Ingolstadt fliehen. Durch Plünderungen ging ein Großteil der beweglichen Ausstattung verloren, die Gebäude wurden zerstört. Erst 60 Jahre später war man dank großzügiger Spenden finanziell in der Lage, die Schäden vollständig zu beseitigen. Unter Äbtissin Constantia Jäger (gest. 1727) wurden von 1701 bis 1712 neue Gebäude errichtet; der Umbau der Abteikirche erfolgte unter Äbtissin Maria Cäcilia Weiß bis 1730. Im 18. Jahrhundert zählte das Benediktinerinnenstift Geisenfeld zu den größten und reichsten Klöstern in Bayern. Laut einem Verzeichnis aus dem Jahr 1752 besaß es im Umland rund 190 Anwesen, dazu Güter in Gaimersheim bei Ingolstadt, Landquaid (Landkreis Kelheim), ein Weingut in Österreich und umfangreichen Grundbesitz, wie zum Beispiel den Feilenforst mit 20000 Tagwerk. Zum Kloster gehörte auch eine Reihe von Wirtschafts- und Handwerksbetrieben, darunter eine Brauerei, eine Sattlerei, eine Mühle und eine Bäckerei.
Nach Anweisung der Landesdirektion musste Kloster Geisenfeld nach rund 800-jährigem Bestehen im Jahr 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehoben werden. Durch diesen Akt verloren auch viele Bürger vor Ort ihre wirtschaftliche Grundlage. Es handelte sich damals um eines der größten Frauenklöster in Bayern; neben Äbtissin Amanda Donaubauer lebten zum Zeitpunkt der Auflösung 29 Nonnen und 21 Laienschwestern in der Abtei. Ihre Kirche wurde 1804 der Pfarrgemeinde zur Nutzung übergeben. Sie wurde in den 1970er- und 80er-Jahren grundlegend renoviert. Zahlreiche Grabsteine, darunter die Tumbaplatte der ersten Äbtissin Gerbirgis, die mit einer kunstvollen Ritzzeichnung aus dem 14. Jahrhundert verziert ist, erinnern an das Wirken der Benediktinerinnen an diesem Ort. Die prächtige Rokokoausstattung ist ein Relikt aus der Blütezeit des Klosters im 18. Jahrhundert. St. Emmeram, die älteste Pfarrkirche, musste 1874 einem neuen Rathausbau weichen. In den mit Stuckdecken geschmückten Klosterräumen befinden sich heute unter anderem das staatliche Notararchiv, eine Senioreneinrichtung und Räume der Stadtkapelle Geisenfeld.
Christine Riedl-Valder
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http://www.geisenfeld.de/index.php?id=98,59
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Geisenfeld