St. Willibald ? das Kollegiatstift im Eichstätter Dom
Vor Augsburg St. Gertraud und Freising St. Paul, galt Eichstätt St. Willibald als bedeutendste der drei bayerischen ?Domannex-Stifte?. St. Willibald verfügte über keine eigene Kirche, sondern residierte im Westchor des Eichstätter Doms. In diesen so genannten Willibaldschor hatte man die Gebeine des heiligen ersten Bischofs Willibald übertragen. Über einem griechischen Kreuz als Grundriss, hatte Willibald den ersten Dom errichten lassen. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts wurde ein Westchor hinzugefügt. Im 11. Jahrhundert verfolgte Bischof Heribert (reg. 1022?1042) den Plan, einen größeren Dom zu erbauen, das Projekt wurde zwar nie realisiert, begründete jedoch die östliche Lage des Kreuzgangs. Auch der Ostchor war bereits abgetragen worden, Bischof Gundekar (reg. 1057?1075) ließ ihn neu errichten und 1060 weihen. Reste dieses Ostchors sind noch in den Seitenwänden des bestehenden Chors nachweisbar. In der Regierungszeit des später selig gesprochenen Bischofs Gundekar, entschloss man sich darüber hinaus zur Errichtung der beiden Türme, die unbündig an die Chorwand gesetzt wurden. Als 1265 die Gebeine des hl. Willibald exhumiert wurden, hat man vermutlich den Bau eines neuen Westchors begonnen; der Zusammenhang von Ursache und Wirkung könnte sich aber auch umgekehrt verhalten. Willibald wurde im nachmaligen Willibaldschor zur ewigen Ruhe gebettet, der Chor 1269 geweiht.
Bischof Hildebrand (reg. 1261?1279) stiftete, unter der Bedingung, dort Messen zu lesen, 1276 am Willibaldschor zwei Priesterpfründen. Hildebrands Nachfolger, Reinboto von Meilenhart (reg. 1279?1297), stand ihm in nichts nach, er schenkte den Priestern 1288 ein Haus und stiftete um 1296 die 3. und 4. Pfründe. Ebenfalls 1296 inkorporierte Bischof Reinboto dem nunmehrigen Stift die Pfarrei Thalmässing St. Gotthard. Jeweils eine weitere Pfründe erhielt das Stift in den Jahren 1324, 1348, 1374, 1402 sowie 1508. Somit fanden nun neun Kleriker am Willibaldsstift ihr Auskommen. Gehörte die Pfarrei Thalmässing zur dritten Pfründe, so war die Pfarrei Landersdorf seit 1443 der fünften inkorporiert. Während das Stift selbst in Eichstätt meist nur als ?Chorus? bezeichnet wurde, trugen die Kanoniker den Namen ?Willibaldiner?. Bereits seit 1324 unterstanden die Stiftskapläne den Domdechanten.
1454 legte Bischof Johann III. von Eyb (reg. 1445?1463) fest, dass nur promovierte Doktoren der Rechte oder der Theologie Mitglieder des Willibaldstifts werden durften. Johann III. wollte damit im Willibaldstift einen gelehrten und reformfreudigen Zirkel schaffen als Gegengewicht zum damals starren und reformunwilligen Domkapitel. Folgerichtig kamen die Weihbischöfe, Generalvikare und Offiziale der Eichstätter Bischöfe zukünftig aus dem Kreis der Willibaldiner. Stiftsstatuten gab es erst ab 1445. Man listete acht Punkte auf, die der bisherigen Praxis entsprachen. Einkünfte, Rechte, Pflichten und Buchführung wurden für jede Pfründe separat verwaltet. Es existierte kein eigenes Stiftsgebäude, wohl aber eine eigene Stiftsbibliothek.
Bischof Franz Ludwig Schenk von Kastell ließ im Jahr 1732 vier neue Kanonikatshäuser errichten, da die restlichen fünf Kanonikate mittlerweile in der Regel mit Domherren besetzt wurden. Die vier Kurien der Willibaldiner liegen an der Ostseite des südwestlich des Residenzplatzes erbauten Generalvikariats. Baumeister der zu Zweiergruppen zusammengefassten Gebäude war Gabriel Gabrieli. Die Willibaldiner waren schwarz gekleidet, 1795 kam zum Habit ein Kapitelzeichen. Im Jahr 1806 wurde das Kollegiatstift aufgelöst.
(Laura Scherr)