Eichstätt, Herz Jesu


 

GESCHICHTE

Eichstätt, Herz Jesu ? "Sacré C?ur an der Altmühl"

Zu Zwecken des Unterrichts rief der hl. Petrus Fourier die Kongregation der Augustinerchorfrauen von Notre Dame in Lothringen ins Leben. In der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts, die eine Vorliebe für französische Sprache und Kultur hatte, stießen die Chorfrauen auf große Zustimmung. Auch nach Bayern wurden die Damen berufen. Sie sollten Pensionate für adlige Töchter gründen. In Eichstätt (1711), Nymphenburg (1730) und Stadtamhof (1734) ließen sich Konvente nieder. Neben Pensionaten für höhere Töchter betrieben die Chorfrauen Schulen und Altersheime für Damen. Zu den alten bayerischen Stiften war der Kontakt jedoch eher spärlich. Die Chorfrauen trugen eine schwarze Tracht ohne Chorhemd, beachteten streng die Klausur und glichen in ihrer Lebensweise den Ursulinen.

Für den Eichstätter Konvent ging der Gründungsimpuls von Fürstbischof Johann Anton Knebel von Katzenellenbogen (1704?1725) aus. Zur Gründung einer Schule für höhere Töchter berief der Fürstbischof 1711 die Augustinerchorfrauen von Notre Dame nach Eichstätt und dotierte den neuen Konvent mit 3000 Gulden. Ein erstes Quartier fanden die aus Mainz, Luxemburg und Pont-à-Masson entsandten Damen in der ?Alten Kanzlei? der Dompropstei.

Mit dem Bau eines eigenen Klosters durch den Baumeister des Domkapitels, Benedikt Ettl, wurde 1712 begonnen. Baubeginn der Klosterkirche war 1719. Zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten am Kloster selbst bereits seit drei Jahren abgeschlossen. Gabriel de Gabrieli gestaltete die Klosterkirche als Rotunde, die Stuckaturen im Stil des frühen Rokoko stammen von Franz Gabrieli oder Donato Polli, J. G. Bergmüller aus Augsburg besorgte die Ausmalung. Im Bildprogramm der Fresken dominiert das Herz-Jesu-Thema. Die Kirche zählt damit zu den ersten Herz-Jesu-Kirchen Deutschlands. Ausschlaggebend für die allgemeine Durchsetzung der bereits im Hochmittelalter entstandenen Herz-Jesu-Verehrung waren die Visionen der Maria Margarete Alacoque in den Jahren 1673/75. Papst Clemens XIII. erlaubte 1765 Messe und Offizium zu Ehren des Herzen Jesu, allerdings mit Einschränkungen. Erst Leo XIII. erklärte 1856 den Herz-Jesu-Tag zum kirchlichen Festtag. Die Eichstätter Chorfrauen erwiesen sich als eifrige Verehrerinnen des Herzens Jesu und nahmen in diesem Sinne Einfluss auf die Gestaltung ihrer Kirche. Die vier Erdteile huldigen im Kuppelfresko dem Herzen Jesu, in den Stichkappen erkennt der Betrachter Maria, Johannes Evangelist, Longinus sowie Thomas. Schmale Bildfelder über dem Kuppelgesims zeigen Szenen aus dem Leben der Heiligen Augustinus, Karl Borromäus, Johannes Gualbertus und Franz Sales. In der Farbgestaltung der Fresken dominieren Rot- und Ockertöne.

Für die überwiegend adligen Zöglinge der Chorfrauen wurde ab 1727 ein eigener Institutsbau errichtet, in dem zusätzlich ein Altersheim Platz fand. Neben dem Institut leiteten die geistlichen Damen die städtische Mädchenschule. 1734 erfolgte, ausgehend von Eichstätt, die Besiedlung des Klosters Stadtamhof an der Steinernen Brücke nächst der Reichsstadt Regensburg.

Wie Stadtamhof wurde die Niederlassung der Augustinerchorfrauen von Notre Dame in Eichstätt 1809 aufgelöst, 1811 Grundbesitz und Gebäude verkauft, die Kirche profaniert. Kirchen der näheren Umgebung erhielten die Ausstattung der Herz-Jesu-Kirche, darunter auch Gemälde Bergmüllers. Die Chorfrauen blieben zunächst in Eichstätt, sie führten Unterricht und gemeinsames Leben im so genannten Alten Seminar weiter.

1841 übernahmen die Barmherzigen Schwestern die Aufgaben der Damen von Notre Dame, den Schulfonds erbte jedoch die Abtei Walburg. Das weitere Schicksal der Herz-Jesu-Kirche ist eher traurig, lange Zeit diente sie als Schuppen. Als man 1907 den kunsthistorischen Wert des Bauwerks erkannte, setzte die Suche nach sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten ein. Vorübergehend diente die Kirche als Museum. 1923 erfolgte eine unvollständige Renovierung, die alsbald weitere umfassende Instandsetzungsarbeiten durch den Landkreis Eichstätt notwendig machte. Derzeit beherbergt die ehemalige Kirche der Augustinerchorfrauen das Informationszentrum des Naturparks Altmühltal.

(Laura Scherr)



 

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