St. Moritz - Stiftung aus kaiserlicher Familie
1019 gründete Bischof Brun (auch: Bruno), der Bruder Kaiser Heinrichs II. des Heiligen, das Kollegiatstift St. Moritz. Es war die vierte geistliche Gemeinschaft in Augsburg nach dem Dom, der Abtei St. Ulrich und Afra und dem Frauenstift St. Stephan.
Der Kirchenpatron Mauritius wurde im 10. und 11. Jahrhundert als Schutzheiliger des Reichs und der Ottonen verehrt. So stand auch Brun als Angehöriger der königlichen Familie dem hl. Mauritius nah. Der Bischof (gest. 1029) versah die Gründung mit umfangreichem Besitz und wählte die Stiftskirche als Ort seiner Grablege.
St. Moritz hatte seit seiner frühen Zeit enge Verbindung zum Domkapitel. Auf etwa halber Wegstrecke zwischen dem Bischofshof und der Abtei St. Ulrich und Afra gelegen, besaß es vermutlich bereits kurz nach seiner Gründung die 1129 bezeugten Rechte einer Pfarrei. Nach einem Brand 1084 wurde die Kirche neu errichtet. Die dreischiffige romanische Basilika ist im Kern bis heute erhalten.
1178 erlangten die Stiftsherren mit dem Recht der freien Propstwahl ihre Unabhängigkeit vom Domkapitel. Vom 12. Jahrhundert bis zur Säkularisation unterhielt das Moritzstift eine öffentliche Lateinschule. Im frühen 16. Jahrhundert nahm die Familie Fugger erheblichen Einfluß auf St. Moritz. 1518 erwarben die Fugger vom Heiligen Stuhl das Kirchenpatronat und garantierten während der Reformationszeit den Fortbestand des katholischen Ritus in St. Moritz. 1549 finanzierten sie den Neubau des Ostchors. Aus dieser Zeit dürfte auch das Mauritius-Fresko an der Außenwand stammen.
Um 1714 erhielt die Kirche eine barocke Umgestaltung durch Johann Jakob Herkomer. Ihr folgte um 1760 eine Renovierung im Stil des Rokoko. Im 18. Jahrhundert bekleideten etliche hohe Würdenträger der Reichskirche pro forma das Amt des Stiftspropsts, beispielsweise von 1701 bis 1746 der Fürstbischof von Trier. Auch die adligen Stiftsherren lebten oft fern von Augsburg und bezahlten bürgerliche Kleriker, so genannte Vikarier, als ihre Vertreter beim Chorgebet. Andererseits war der jeweilige Stiftsdekan, der eigentliche Leiter von St. Moritz, zugleich ein hoher Funktionär in der Verwaltung des Bistums Augsburg.
Das Kollegiatstift stand unter der Landeshoheit des Hochstifts Augsburg. Bei der Aufhebung durch die Reichsstadt Augsburg im Jahr 1802 zählte der Konvent zwanzig Mitglieder, davon zur Hälfte eigentliche Stiftsherren. Die ehemalige Stiftskirche dient bis heute als katholische Pfarrkirche.
Nach der Zerstörung der Moritzkirche durch die Bombenangriffe des Jahres 1944, wurde das Gotteshaus bis 1950 von Dominikus Böhm nach dem alten Vorbild errichtet, allerdings ohne Rekonstruktion der barocken Chorkuppel. Von der alten Ausstattung sind einige wertvolle gotische Gruftplatten aus dem 15. Jahrhundert erhalten, ebenso bedeutende Holzplastiken von Georg Petel: die Christus-Salvator-Statue (um 1632/33), der heilige Sebastian (1627/28) und der heilige Christophorus (um 1630). Wertvolle Gold- und Silberschmiedearbeiten aus St. Moritz zeigt das Augsburger Diözesanmuseum.
( Christian Lankes / Sylvia Stegmüller )