Biografien
Menschen aus Bayern

Oscar Salomon Straus Diplomat und Politiker

geb. 23.12.1850, Otterberg (Bay. Rheinpfalz)
gest. 03.05.1926, New York City

Wirkungsort: Columbus (OH) | Washington, D.C. | Istanbul

Oscar Salomon Straus emigrierte im Alter von 4 Jahren mit seiner Familie 1854 in die USA. Sein älterer Bruder, der spätere "Kaufhauskönig" Isidor Straus (1845-1912) ermöglichte ihm die Ausbildung zum Rechtsanwalt. Oscar Straus wurde unter verschiedenen Präsidenten dreimal Gesandter bzw. Botschafter der USA in Istanbul. Er vermittelte unter anderem zwischen dem Eisenbahnbauer Moritz von Hirsch und dem osmanischen Sultan Abdülhamid II, womit er indirekt den Bau des berühmten Orient-Express ermöglichte. Von 1906 bis 1909 war er unter Präsident Theodore Roosevelt der erste Jude in einer US-Regierung und amtierte als Handels- und Arbeitsminister. Straus spielte bei den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg eine entscheidende Rolle und verankerte die Gründung des Völkerbundes im Versailles Vertrag. Posthum wurde er 1947 in Washington, D.C. mit dem großen "Oscar S. Straus Memorial Fountain" geehrt. Straus war mit Sarah geb. Lavanburg (1861-1945) verheiratet, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.

Oscar Salomon Straus war das jüngste Kind des Ehepaars Sara (1823-1876) und Lazarus Straus (1809-1898) zur Welt. Lazarus war ein erfolgreicher Getreidehändler, welcher an der Deutschen Revolution 1848 teilgenommen hatte. Nach deren Scheitern entschied sich die Familie wie viele andere Deutsche für die Auswanderung nach Nordamerika. Oscar hatte drei Geschwister: Isidor Straus (1845-1912), Hermine (1846-1922) und Nathan (1848-1931). Sein Vater war bereits 1852 nach Nordamerika ausgewandert; Über Kaiserslautern und Le Havre gelangten der Rest der Familie nach Philadelphia, wo Lazarus von bereits dort lebenden jüdisch-pfälzer Auswanderern geraten wurde, im Süden der USA sein Glück zu versuchen. Letztendlich ließen sich die Straus im "Pfirsich-Staat" Georgia nieder, wo Lazarus im Ort Talbotton gemeinsam mit einem Geschäftspartner einen Laden eröffnete. Obwohl sie die einzigen Juden waren, fanden die Neuankömmlinge freundliche Aufnahme; allerdings musste Oscar eine private Schule besuchen, da es noch keine öffentlichen Einrichtungen gab; nicht einmal im deutlich größeren Columbus, wohin die Familie 1863 übersiedelte. Nach dem Ende des US-Bürgerkrieges 1865 zog die Familie erneut um, dieses Mal nach New York. Der älteste Sohn Isidor sorgte dafür, dass Oscar zur Schule gehen und ab 1871 die Columbia Law School besuchen konnte, um dort die Rechtswissenschaften zu erlernen.

Bereits 1873 machte Oscar Salomon Straus sein Anwaltsexamen, ging erst in eine große New Yorker Kanzlei, machte sich aber schon bald mit einem Geschäftspartner Selbstständig. Aus gesundheitlichen Gründen gab er 1881 die Kanzlei auf, um in die väterliche Firma "L. Straus & Sons" einzutreten, welche Porzellan sowie Glaswaren herstellte und diese auch aus Europa importierte. Über sein Privatleben ist fast nichts bekannt; Straus war mit Sarah geb. Lavanburg (1861-1945) verheiratet, aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Seine älteren Bruder Isidor und Nathan Straus gründeten in New York das Kaufhaus Macy's.

Im Jahr 1884 beteiligte sich Straus erstmals aktiv an einer Präsidentschaftskampagne und unterstützte den erfolgreichen Kandidaten der Demokraten, Grover Cleveland (1837-1908). Im Jahr 1887 ernannte Präsident Cleveland seinen Vertrauten zum US-Gesandten an der Hohen Pforte in Konstantinopel (Istanbul). Von dort aus unternahm Oscar Straus Reisen nach Ägypten, welches formal noch zum Osmanischen Reich gehörte, nach Syrien und Palästina. Vor allem unterstützte er das 1863 gegründete "Robert College", eine US-amerikanische High School und Internat im Stadtteil Arnavutköy. In Streitfragen zwischen dem bayerischen Eisenbahnmagnaten Moritz von Hirsch und dem osmanischen Sultan Abdülhamid II. (reg. 1876-1909) wurde Straus die Rolle des Schlichters angetragen. Er besprach mit Hirsch auch Wege und Mittel, wie dieser der jüdischen Bevölkerung im russsichen Zarenreich angesichts zunehmender Pogrome helfen könnte.

Nach der Niederlage Clevelands 1888 schied Straus aus dem diplomatischen Dienst aus. Als Mitglied eines Komitees schilderte er jedoch dem neuen Präsidenten Benjamin Harrison (1833-1901) die traurige Lage der Juden in Osteuropa. Daraufhin wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt, und aufgrund dieser internationalen Aufmerksamkeit lockerte die russische Regierung vorübergehend ihre antijüdische Politik. Im Jahr 1896 setzte sich Straus für die Wahl des Republikaners William McKinley zum Präsidenten ein. Dieser gewann die Kampagne und sandte Oscar Straus erneut als Diplomat nach Konstantinopel. Unter anderem konnte er Sultan Abdülhamid II., als Kalif gleichzeitig auch das formelle Oberhaupt aller sunnitischen Muslime der Welt, davon abhalten, in den Phillipinen einen Volksaufstand zu entfachen. Die USA hatten diese Inselgruppe im Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 erobert und als Kolonie okupiert. In Wien lernte Straus 1899 den "Vater des Zionismus" Theodor Herzl (1860-1904) kennen und gab ihm den Rat, direkt mit dem osmanischen Sultan über die Aufnahme russischer Juden in Palästina zu verhandeln.

Eine der ersten Maßnahmen des 1901 gewählten US-Präsidenten Theodore Roosevelt (1858-1919) war die Berufung von Oscar Salomon Straus an den Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag, dem er mit Unterbrechungen bis zu seinem Tod angehörte. Im Jahr 1906 ernannte der Präsident ihn zum ersten jüdischen Mitglied eines US-amerikanischen Kabinetts. Er tat es mit den Worten: "Ich habe eine sehr hohe Meinung von Ihrer Urteilskraft und Ihren Fähigkeiten. Und ich möchte es auch aus persönlichen Gründen. Aber auch noch aus einem anderen Grund: ich will Russland und einigen anderen Ländern zeigen, was wir in diesem Land von Juden halten". Am 17. Dezember übernahm Straus das Außen- und Handelsministerium.

Nach Amtsantritt von Präsident William Howard Taft (1857-1930) wurde Straus 1909 ein drittes Mal an den Bosporus geschickt, dieses Mal als offizieller Botschafter. In den Wahlen für das Gouverneursamt von New York 1912 verlor er zwar, bekam jedoch mehr Stimmen als Expräsident Theodor Roosevelt. Lange Reisen nach Nordafrika und Europa füllten die Jahre 1913 und 1914 aus.

Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung wurde Oscar Salomon Straus ein Berater der US-Regierung, um in den Friedenverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg auch den bereits angestrebten Völkerbund zu realisieren. Durch Straus' diplomatischen Geschick wurde der Völkerbund als eine Art Verpflichtung in den Friedensvertrag von Versailles aufgenommen; der Eintritt der USa scheiterte an einigen republikanischen Senatoren. Während seiner Zeit in Paris kam Straus auch mit projüdischen und zionistischen Gruppierungen zusammen. Während einer dieser Zusammenkünfte in seinem Privatquartier wurde das Pogrom von Pinsk (5. April 1919) bekannt, und Straus war der erste, der einen energischen Protest bei der polnischen Regierung verlangte. Im Juni 1919 kehrte Oscar Salomon Straus in die USA zurück und versuchte vergeblich, die Regierung zum Eintritt in den Völkerbund zu bewegen.

Die letzten Lebensjahre waren von Krankheit und einer schweren Operation überschattet. Straus schränkte seine öffentliche Arbeit mehr und mehr ein. Den 75. Geburtstag – seinen letzten – konnte er jedoch noch im Kreise von Familie und Freunden feiern. Er ruht wie viele andere ausgewanderte bayerische Jüdinnen und Juden auf dem Beth El Cemetery im New Yorker Statdteil Ridgewood.

Drei Jahre nach dem Tod von Oscar Salomon Straus entschieden beide Kammern des Kongresses einstimmig, dass ihm zu Ehren ein Denkmal errichtet werden sollte. Es dauerte jedoch noch bis zum 26. Oktober 1947, dann enthüllte Präsident Harry S. Truman (1884-1972) den "Oscar S. Straus Memorial Fountain" in Washington, D.C. In seinem Geburtsort Otternberg wurde der "Oscar Salomon Straus Platz" nach ihm benannt.


Aus: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd.2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 183-188.


(Henry Marx | bearb. Patrick Charell)

Bilder

Literatur

  • Henry Marx: Oscar Salomon Straus (1850-191), amerikanischer Diplomat und Politiker. In: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd.2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 183-188.

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