Biografien
Menschen aus Bayern

Angelo von Wassermann Bankier

geb. 20.05.1834, Wallerstein
gest. 06.05.1914, Berlin

Wirkungsort: Bamberg

Der Kaufmann Angelo Wassermann gründete 1880 in Bamberg das Bankhaus "A. E. Wassermann", das rasch einen stetigen Aufschwung nahm. Es spielte bei der Industrialisierung des nordöstlichen Oberfrankens eine maßgebliche Rolle. Daneben förderte es deutsche Exportinteressen in Griechenland und dem Osmanischen Reich. Das Bankhaus Wassermann öffnete Filialen in Berlin, Brüssel und Wien. 1884 gewährte die Bank der Kgl.-Bayerischen Hofkasse eine Anleihe von zehn Millionen Goldmark. Daher folgte 1909 die Ernennung zum Königlichen Hofbankier; 1910 wurden Angelo Wassermann und seine Nachkommen in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Angelo von Wassermann ist der Vater des Industriellen Max von Wassermann und des Bakteriologen August von Wassermann.

Angelo Wassermann war der ältere Sohn von Samuel ben Amschel Wassermann (1810-1884) und der gebürtigen Bambergerin Caroline geb. Eger (1809-1891). Angelos Großvater Amschel ben Elkan hatte in Wallerstein als fürstlicher Salzfaktor des Hauses Oettingen-Wallerstein ein Handelshaus gegründet. Erst 1849 konnte sich das Ehepaar Wassermann in Bamberg niederlassen. Die Firma wurde nach Bamberg verlegt, wo es zunächst weiterhin ein Handelshaus blieb. Daneben betrieben die Wassermanns bereits Finanzgeschäfte, welche Ende der 1850er Jahre anfingen zu überwiegen. Unter der Leitung von Samuels Söhnen Angelo und Emil (1842-1911) erfuhr das Geschäft einen großen Aufschwung. Das Haus Wassermann erfreute sich schon früh eines großen staatlichen Vertrauens: Als 1866 im Deutschen Bruderkrieg der Einmarsch preußischer Truppen zu befürchten war, verwahrte "A.E. Wassermann" die Bestände der Kgl.-Bayerischen Staatsbank.

Angelo Wassermann heiratete die Augsburgerin Dora geb. Bauer (1841-1912), gemeinsam hatten sie die Söhne Max (1863-1934) und Eugen (1870-1925), die später im Familiengeschäft arbeiteten sowie den späteren berühmten Biochemiker August Paul v. Wassermann (1866-1925). Im Jahr 1877 ließ Angelo Wassermann durch den Architekten Caspar Dennefeld eine Stadtvilla im Maximiliansstil in der Hainstraße 19, nahe der Neuen Synagoge erbauen und stattete sie anschließend mit Antiquitäten aus. Er kaufte seine Schätze in ganz Europa ein. Auch Erbstücke und Geschenke seiner Familie befanden sich unter den Habseligkeiten. Einige der Objekte können in der Abteilung „Jüdisches in Bamberg“ besichtigt werden. Sie stehen zum einen für den Kunstraub im Nationalsozialismus und zum anderen sind sie auch Erinnerung an die Sammlung des Angelo von Wassermann. Für eine Restitution laufen die Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft.

Im Jahr 1880 wurde das "Bankhaus A. E. Wassermann" gegründet, das bald über Bamberg hinaus Bedeutung erreichen sollte. Es machte sich auch um die Industrie in Oberfranken verdient, indem es die erforderlichen Kapitalien für bestehende Firmen bzw. neu gegründete Industrieunternehmen beschaffte (so z.B. an der 'Vogtländischen Baumwollspinnerei Hof AG), oder sich selbst beteiligte. So trug das Haus aktiv zur Förderung der Textil- und Korbwarenindustrien und des Hopfenhandels in Bamberg und Oberfranken bei. Als Inhaber bedeutender Aktienanteile und Mitglied diverser Aufsichtsräte war das Bankhaus Wassermann an renommierten Fabriken in Bayern und ganz Deutschland beteiligt. Darüber hinaus trat das Haus als Förderer der Belang der deutschen Industrie im Osmanischen Reich auf, zum Beispiel durch Beteiligungen an Kraftwerken in Saloniki und Smyrna, sowie am bau der Eisenbahnen in Anatolien. 1884 nahm die königliche Hofkasse das Haus mit einer Anleihe von zehn Millionen Goldmark in Anspruch (Schlösserbau König Ludwigs II.). 1909 erhielten deshalb Angelo und Emil Wassermann vom Prinzregenten Luitpold den Titel eines Königlichen Hofbankiers. Angelo wurde 1910 in den erblichen Freiherrenstand erhoben, seine Familie führte nun ein "von" im Namen. Bereits 1903 konnte die Firma das prächtige Anwesen des Marschalk von Ostheim in der Sophienstraße 1 erwerben (heute Will-Lessing-Straße 1 nahe dem neuen Gemeindezentrum der IKG Bamberg).

Mit dem anhaltenden Erfolg wurden Filialen in Berlin, sowie Vertretungen in Brüssel und Wien gegründet und von Familienmitgliedern geleitet. Nach dem Ableben von Emil und Angelo Wassermann ging die Leitung des Bamberger Stammhauses an Emils Söhne Albert (1872-1942) und Julius (1873-1939) über. Als die bayerische Regierung 1918 vor der Münchner Räterepublik nach Bayern fliehen musste, wurde der Staatsschatz wie bereits 1866 dem Bankhaus Wassermann anvertraut. Angelo von Wassermann verstarb 1914 und ruht auf dem Jüdischen Friedhof in Bamberg.


(Patrick Charell)

Bilder

Literatur

  • Herbert Loebl: Juden in Bamberg. Die Jahrzehnte vor dem Holocaust. Bamberg 1999, S. 308-313.
  • Diana-Elisabeth Fitz: Vom Salzfaktor zum Bankier. Familie Wassermann: Spiegelbild eines emanzipatorischen Einbürgerungsprozesses. Nördlingen 1992.
  • Gernot Römer: Schwäbische Juden. Leben und Leistungen aus zwei Jahrhunderten in Selbstzeugnissen, Berichten und Bildern. Augsburg 1990, S. 2.

GND: 1080271805