Prof. Dr. August von Wassermann entstammte einer jüdischen Bankiersfamilie. Sein Vater Angelo von Wassermann wurde 1910 in den erblichen Adelsstand erhoben. Nach einem Studium der Medizin in Erlangen, Wien, München promovierte er 1888 in Straßburg. Im Jahr 1890 wurde er Assistent am Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, wo er ab 1906 die Abteilung für Experimentelle Therapie und Biochemie leitete. Seine akademische Karriere gipfelte 1911 in einer Honorarprofessur. 1913 übernahm er das neuerrichtete Institut für Experimentelle Therapie in Berlin-Dahlem. August von Wassermann ist der Entdecker der nach ihm benannten Blutreaktion bei Syphilis und errang entscheidende Verdienste um den Aufbau der modernen Immunologie.
August Wassermann wurde als Sohn der gebürtigen Bambergerin Dora geb. Bauer (1841-1912) und dem Bankier Angelo Wassermann (1835-1914, 1910 zum erblichen Freiherrn geadelt) geboren. Er wuchs in einem sehr wohlhabenden, großbürgerlichen Haushalt auf. Vater Angelo betätigte sich als Kunstsammler und ermöglichte ihm eine umfassende Bildung. Inwiefern der jüdische Glaube überhaupt eine Rolle im Alltag der Familie spielte, ist nicht bekannt. Nach Absolvierung des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums in Bamberg begann August Wassermann ein Medizinstudium in Erlangen, ging dann nach München, Wien und Straßburg, wo er 1888 promovierte. Anschließend zog es ihn nach Berlin, wo er bei Prof. Robert Koch (1843-1910) im Institut für Infektionskrankheiten arbeiten wollte, das aber damals keine geeignete Planstelle frei hatte. Die erste Station seines Berufslebens wurde somit die mit dem Institut verbundene Berliner Charité, wo Wassermann als Volontär eintrat. Erst nach zehn Jahren [sic!] erhielt er eine bezahlte Assistentenstelle am Koch'schen Institut. Wegen seiner hervorragenden Leistungen wurde er bereits 1902 zum Abteilungsleiter ernannt, später wurde er auch Oberarzt an der Charité.
Am 3. Dezember 1895 hatte August Paul von Wassermann Alice von Taussig (1874–1943) geheiratet, Tochter von Theodor von Taussig und Schwester der Malerin Helene von Taussig (1879–1942), die sich als Erwachsene hatte katholisch taufen lassen. Alice von Wassermann wurde – wie auch ihre Schwestern Clara von Hatvany-Deutsch und Helene von Taussig – Opfer des Holocaust. Der Sohn von August und Alice, Robert von Wassermann (1897–1943), floh nach Belgien. Mitte/Ende der 1930er-Jahre war die schwerkranke Alice zu ihrem Sohn Robert nach Brüssel emigriert, dessen Frau nichtjüdischer Herkunft war. Robert wurde jedoch 1940 ins Internierungslager Saint-Cyprien und 1943 ins Sammellager Mechelen (Malines) deportiert und dort ermordet.
Schon in den 1890er Jahren gelang ihm die Entwicklung eines Impfstoffs zur Verhütung der Schweinepest. Durch diese und weitere Forschungsprojekte gilt Wassermann als Vorreiter der Serologie (Wissenschaft der Antigen-Antikörper-Reaktionen). Eine von ihm entdeckte Methode der Blutuntersuchung hatte für die sich etablierende kriminalistische Forensik größte Tragweite. Als Wassermann aber nicht die Reaktion zur Früherkennung von Tuberkulose gelang, wandte er sich der Syphilis zu. Zusammen mit Dr. Carl Bruck veröffentlichte Wassermann seine Ergebnisse unter dem Titel "Experimentelle Studien über die Wirkung von Tuberkelbacillen-Präparaten auf den tuberculösen Organismus" in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" vom 22. März 1906. Aus fortführenden Arbeiten, an denen Dr. Albert Neisser mitwirkte, folgte dann die bekannte Serodiagnostik der Syphilis, die bis heute weltweit und in allen Sprachen als "Wassermannsche Reaktion" oder "Wassermann-Test" bekannt ist.
Im Jahr 1909 wurde Angelo Wassermann als königlich-bayerischer Hofbankier mit seiner Familie in den erblichen Freiherrenstand erhoben, weshalb auch seine Kinder von nun an das "von" im Namen führten. 1913 berief die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft als neuen Direktor des "Instituts für Experimentelle Chemotherapie" August von Wassermann nach Berlin-Dahlem. Während des Ersten Weltkriegs diente er zunächst als Hygieniker im ostpreußischen Hauptquartier des Feldmarschalls von Hindenburg, dann übernahm er die Leitung des "obersten hygienischen Dienstes" im Kriegsministerium. In dieser Position organisierte von Wassermann unter anderem die Schutzimpfungen im Heer, wodurch er zahllose Menschenleben rettete. Nach dem Krieg widmete er sich wieder der Erforschung von Tuberkulose, Syphilis und der Chemotherapie gegen Krebserkrankungen. Vor allem weil letztere noch in den Kinderschuhen steckte, wäre ein Durchbruch die Krönung seines wissenschaftlichen Lebenswerks gewesen. Allerdings starb er mit nur 60 Jahren in Berlin. August von Wassermann wollte sich einäschern lassen. Er ruht auf dem Urnenfriedhof in der Gerichtstraße.
Seit 1898 Titular-Professor, wurde August Freiherr von Wassermann 1907 mit dem Titel eines Geheimrats ausgezeichnet. Sein früher Tod erschütterte die nationale und internationale Fachwelt, zahlreiche Nachrufe erschienen weltweit in entsprechenden Medien. Erst später wurde bekannt, dass er mehrfach, wenn auch erfolglos, für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zu seinen Ehren in Bamberg nahe der Gartenstadt die "Wassermannstraße" und in Berlin-Dahlem der "August-von-Wassermann-Platz" benannt.
(nach Herbert Loebl)
Literatur
- Herbert Loebl: Juden in Bamberg. Die Jahrzehnte vor dem Holocaust. Bamberg 1999, S. 332f.
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