Biografien
Menschen aus Bayern

Mieczysław "Mietek" Pemper Unternehmensberater, Mitverfasser der "Schindler-Liste"

geboren: 24.03.1920, Krakau (Kraków)
gestorben: 07.06.2011, Augsburg

Wirkungsort: Augsburg

Mieczysław Pemper wurde in Krakau geboren und wuchs zweisprachig auf. Freunde und Familie nannten ihn "Mietek", die slawische Koseform seines Vornamens. Er studierte Jura und Volkswirtschaftslehre und brachte sich während der deutschen Besatzungszeit selbst Stenographie bei. Im Krakauer Ghetto wurde er im "Judenrat" eingesetzt. 1943 deportierten ihn die Machthaber in das Konzentrationslager Plaszow, wo er für den Lagerkommandanten Amon Göth als Sekretär arbeitete. Mit dem Geschäftsmann Oskar Schindler verfasste Mieczysław Pemper die berühmte "Schindler-Liste", die rund 1100 jüdischen Zwangsarbeitern das Leben rettete. Nach Kriegsende zog er nach Augsburg, wurde deutscher Staatsbürger, arbeitete als Unternehmensberater und engagierte sich für die jüdisch-deutsche Versöhnung. Pemper wurde mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse und weiteren Auszeichnungen geehrt, seine Erinnerungen bildeten die Grundlage für den US-Spielfilm "Schindlers Liste" (1993).

Mieczysław Pemper wurde in Krakau geboren, seine Eltern waren Regina (Rifka) geb. Weisenberg (1889-1959) und Jakob (Jekel) Pemper (1898-1963). Durch seine Mutter wuchsen er und sein jüngerer Bruder Stefan (1924-1978) zweisprachig mit Polnisch und Deutsch auf. Im Polnischen ist "Mietek" eine Koseform von Mieczysław (slaw. "Schwert des Ruhms"). Sowohl seine Freunde, wie auch seine Freunde bevorzugten diesen kürzeren Rufnamen. Nach dem Abitur studierte Pemper gleichzeitig Jura an der Krakauer Jagiellonen-Universität und Volkswirtschaftslehre an der 1925 gegründeten Wirtschaftsuniversität Krakau. Als die deutsche Wehrmacht in Polen einfiel (und fast gleichzeitig die Sowjetunion von der östlichen Grenze her einrückte, Molotow-Ribbentrop-Pakt 1939), war Mieczysław Pemper erst 19 Jahre alt. Weil nun alle polnischen Juden den Gelben Stern zu tragen hatten, verlies die Familie Pemper so selten wie möglich das Haus. In dieser Zeit lernte Mieczysław eigenständig deutsche Stenographie, ohne zu ahnen dass ihm dies schon bald das Leben retten sollte.

Kurze Zeit später wurde die Familie in das neu eingerichtete Krakauer Ghetto zwangsumgesiedelt. Aufgrund seiner Ausbildung setzten die NS-Machthaber Pemper als Schriftführer im sog. Judenrat der Ghettoverwaltung ein. Pemper fungierte auch als deutsch-polnischer Dolmetscher für die Bewohner des Krakauer Ghettos und tippte heimlich Radiosendungen der BBC ab.


Im März 1943 wurde Mieczysław Pemper in das Konzentrationslager Plaszow (Płaszów) bei Krakau deportiert, wo ihn der berüchtigte Lagerkommandant, SS-Hauptsturmführer Amon Göth (1908-1946), als "Vorzugsjuden" zu seinem persönlichen Sekretär machte. Dadurch erhielt er Einblick in die ansonsten streng geheime Verwaltungs- und Kommandostruktur der NS-Konzentrationslager. In Göths Büro lernte Pemper auch Oskar Schindler (1908-1974) kennen. Zunächst wollte Schindler vom Krieg profitieren und beschloss, in Krakau eine Emaillefabrik zu eröffnen, in der hauptsächlich jüdische Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Je enger Schindler mit der menschenverachtenden Politik der NS-Diktatur in Berührung kam, umso mehr versuchte er die jüdische Belegschaft als "kriegswichtige Arbeiter" wenigsten vor dem Tod zu bewahren. Itzhak Stern (1901-1969), Buchhalter und Pempers engster Freund in Göths Büro, überzeugte Pemper, dass man Schindler trauen könne.

Seinen ersten Brief an Oskar Schindler tippte Pemper im März 1943, ohne vorher zu wissen, dass Schindler bereits Sympathien für seine jüdischen Arbeiter hegte. Durch seine Arbeit im Büro erfuhr Pemper 1944, dass aus Ressourcengründen alle nicht militärischen Fabriken geschlossen werden sollten. Weil dies den sicheren Tod der Zwangsarbeiter bedeutet hätte, alarmierte Mieczysław Pemper sofort Oskar Schindler, der daraufhin seine Produktion auf Panzerabwehrgranaten umstellte. Pemper half bei der Entwicklung der heute berühmten "Schindler-Liste", um so viele jüdische Arbeiter wie möglich zu retten. In Zusammenarbeit mit Schindler und anderen Insassen des Konzentrationslagers Płaszów, darunter Itzhak Stern, stellte er die Liste von über 1.000 jüdischen Häftlingen zusammen, die als "entscheidend für die Kriegsanstrengungen der Nazis" galten. Viele auf der Liste arbeiteten für Schindler, weitere Namen kamen kurz vor dem Transport hinzu. Seine Versetzung rettete letztlich das Leben derer, die auf der Liste standen. Schindler nahm auch Pempers Vater, seine Mutter und seinen Bruder auf die Liste auf. Pempers Mutter Regina blieb jedoch krankheitsbedingt in Auschwitz zurück, überlebte aber bis zur Befreiung durch die Sowjetarmee.

Mieczysław Pemper sagte nach Kriegsende im September 1946 gegen Amon Göth aus, dem in Krakau der Prozess gemacht wurde. Nicht zuletzt aufgrund Pempers umfassender Aussage wurde Göth zum Tode verurteilt und gehängt.

Im Jahr 1958 zog Pemper nach Augsburg und wurde deutscher Staatsbürger. Er arbeitete als Unternehmensberater und engagierte sich für die jüdisch-christlichen Beziehungen und die Versöhnung mit dem Land der Täter. Mit Oskar Schindler blieb er bis zu dessen Tod 1974 in engem Kontakt. Im Jahr 2001 wurde Mieczysław Pemper mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet, 2003 erhielt er die Verdienstmedaille der Stadt Augsburg, die ihn 2007 auch zum Ehrenbürger ernannte. Pemper ruht in einem Ehrengrab auf dem Jüdischen Friedhof an der Haunstetter Straße im Augsburger Stadtteil Hochfeld.



Die Berichte des Zeitzeugen Mieczysław Pemper dienten unter anderem dem US-Amerikanischen Regisseur Steven Spielberg (*1946), selbst jüdischen Glaubens, als Grundlage des dokumentarischen Dramas "Schindlers Liste" (1993), mit dem weltweit über 100 Millionen Kinobesucher von Oskar Schindlers Rettungsaktion erfuhren. Allerdings wurde Pemper aus dramaturgischen Gründen im Film mit Itzhak Stern verschmolzen (gespielt von Ben Kingsley), so dass Pempers Anteil an den Ereignissen weniger bekannt wurde. Erst durch die Aufarbeitung seiner Lebensgeschichte für Spielberg konnte sich Pemper in späteren Jahren dazu überwinden, auch in Schulklassen und bei Vorträgen sein Schicksal zu erzählen. Zusammen mit Viktoria Hertling und Marie Elisabeth Müller veröffentlichte er 2005 seine Erinnerungen in dem Buch "Der rettende Weg. Schindlers Liste – Die wahre Geschichte".


(Patrick Charell)

Literatur

  • Mietek Pemper / Viktoria Hertling / Marie Elisabeth Müller: Der rettende Weg. Schindlers Liste – Die wahre Geschichte. München 2005.

GND: 130452629