Biografien
Menschen aus Bayern

David Morgenstern Jurist, Landtagsabgeordneter und Fabrikbesitzer

geboren: 07.03.1814, Büchenbach b. Erlangen
gestorben: 02.11.1882, Fürth

Wirkungsort: München | Fürth

Nach einem Jurastudium mit Promotion in Würzburg und Erlangen begann David Morgenstern seine Laufbahn in Fürth. Im Zuge der revolutionären Ereignisse 1848 beteiligte sich Dr. Morgenstern an der Gründung des demokratischen Volksvereins in Nürnberg und Fürth. 1849-55 war er der erste jüdische Abgeordneter in der Bayerischen Abgeordnetenkammer, wo er sich vor allem in staatsbürgerrechtlichen und wirtschaftspolitischen Debatten hervortat. Aus finanziellen Gründen musste sich Dr. David Morgenstern 1855 aus dem Ehrenamt zurückziehen und trat in das Nürnberger Bankhaus Cohn ein. 1858 übernahm er den Anteils seines Bruders Joseph Morgenstern an einer Zinnfolienfabrik in Forchheim und wandelte sie 1861 unter dem Namen 'David Morgenstern' in eine OHG mit Sitz in Fürth um. 1863 beteiligte er sich an der Gründung der Bayerischen Fortschrittspartei sowie des Fürther Schleswig-Holstein-Vereins. Morgenstern war der Großvater des SPD-Politikers Max Süßheim (1876-1933) und des Orientalisten Prof. Karl Süßheim (1878-1947). In seinem Geburtsort wurde eine Straße nach Dr. David Morgenstern benannt.

David Morgenstern wurde als Sohn des Kaufmanns Pfeifer Morgenstern und dessen Frau Fanny geb. Kohn in Büchenbach geboren, heute einem Stadtteil von Erlangen. Über seine Familie und seine frühe Kindheit ist wenig überliefert. Seit 1820 besuchte Morgenstern wohl die Schule in Büchenbach und lebte 1826 in Fürth, um dort eine Ausbildung zum Kaufmann zu absolvieren. Drei Jahre später entschied sich Morgenstern, sich auf den Besuch des Gymnasiums in Erlangen vorzubereiten, das er seit dem Herbst 1830 besuchte.

Nach dem Abitur nahm Morgenstern das Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg auf. 1834 trat er der liberal eingestellten Erlanger Burschenschaft "Germania", dem späteren "Corps Bavaria" bei. Bereits während seiner Tätigkeit als Rechtspraktikant in der Bamberger Kanzlei des linksliberalen Anwalts Nikolaus Titus hatte Morgenstern 1846 für die jüdischen Gemeinden des mittelfränkischen Kreises eine Petition an die bayerische Ständeversammlung verfasst, die die Gewährung der vollen bürgerlichen Rechte für die Juden einforderte. 1846 wurde der Jurist mit "Summa cum laude" zum Doktor der Rechte promoviert. 

Bei den Wahlen im Dezember 1848 wurde David Morgenstern als erster Jude in die Zweite Kammer des Bayerischen Landtags gewählt. Nach seiner Vereidigung am 4. Februar 1849 vertrat er dort bis 1855 den Wahlkreis Fürth (13. Landtag) bzw. Nürnberg (14.-16. Landtag) und konzentrierte sich dabei auf Fragen des Wahlrechts, des Staatshaushalts und der Justizgesetzgebung. 

Laut einer von Morgensterns Enkel Max Süßheim 1899 publizierten Broschüre sei der Jurist bei 154 Sitzungen der 2. Kammer anwesend gewesen, habe an 155 Abstimmungen teilgenommen und 30 Anträge eingereicht. Er setzte sich nachdrücklich für die Judenemanzipation ein und erreichte am 19. Januar 1855 mit seiner Rede, dass ein Gesetzesentwurf der damaligen bayerischen Staatsregierung abgelehnt wurde, der den bayerischen Juden das passive Wahlrecht entzogen hätte. Morgenstern engagierte sich aber auch für eine Verbesserung der Situation der Volksschullehrer.

Nachdem der 1849 von Morgenstern gegründete, demokratisch orientierte und vor allem das Bildungsbürgertum ansprechende "Fürther Volksverein" ein Jahr später verboten wurde, sorgte der Jurist 15 Jahre später für dessen Wiedergründung. Als Vertreter des "Fürther Volksvereins" nahm Morgenstern auch 1869 am "Allgemeinen Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterkongress" in Eisenach, dem Gründungsparteitag der "Sozialdemokratischen Partei Deutschlands" teil und lernte dort August Bebel und Wilhelm Liebknecht kennen. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Morgenstern 1863 maßgeblich an der Gründung der liberal ausgerichteten "Bayerischen Fortschrittspartei" mitgewirkt.

1855 beendete Morgenstern seine ehrenamtliche Tätigkeit als Landtagsabgeordneter, da er aus der Ehe mit der aus Bamberg stammenden Regina geb. Adlerstein zahlreiche Kinder zu ernähren hatte – schließlich gingen insgesamt 15 Kinder aus der Verbindung hervor. Nachdem die Regierung ihm aufgrund seiner "politischen Radikalität" die Zulassung als Rechtsanwalt verweigert hatte, trat Morgenstern eine Stelle als Justiziar im Nürnberger Bankhaus Meyer Kohn an. 

Am 30. April 1858 übernahm er die Hälfte einer von seinem Bruder Josef Pfeifer 1854 gegründeten Spiegelglas- und Zinnfolienfabrik in Forchheim, die Stanniol für die Belegung von Spiegeln herstellte, und wurde drei Jahre später zum Alleininhaber des Unternehmens. In der Folgezeit unternahm Morgenstern den Umbau und eine deutliche Vergrößerung der Produktionsanalgen in Forchheim, ließ drei neue Hämmern und ein Folienwalzwerk installieren. Die Produktion wurde ausgeweitet, zum Beispiel auf die Fertigung von Staniol. Außerdem ließ er eine gesonderte Dampfmaschine aufstellen, da die Wasserkraft der Wiesent nicht mehr ausreichte. Die Fabrik blieb bis zur "Arisierung" 1938 im Familienbesitz und nahm einen weiteren Aufschwung. Heute ist der Standort der Unternehmenssitz von Loparex Germany. Von 1869 bis 1881 saß Morgenstern als Gemeindebevollmächtigter im Fürther Stadtrat. Nach seinem Tod 1882 lobten die Trauerredner das Engagement des Juristen für die Demokratie. 1944 beseitigten die Nationalsozialisten Morgensterns Grab auf dem alten Jüdischen Friedhof, um dort einen Löschwasserteich anzulegen.  


(Stefan W. Römmelt)

Literatur

  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. I: Politiker. Teilband 4: M–Q. Winter. Heidelberg 2000, S. 135–136.
  • Falk Wiesemann: Morgenstern, David. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 18. Berlin 1997, S. 108.
  • Ilse Sponsel: David Morgenstern (1814-1882), der erste jüdische Landtagsabgeordnete in Bayern. In: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd. 2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 129-134.