Zeitzeugen berichten

Herma Hirschmann Heimatvertriebene, Angestellte

Signatur
zz-1526.03
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Referenzjahr
2013

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Herma Hirschmann über ihre Integration in Bayern, ihre Identität und Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und Vertriebenen, die zum Teil noch Jahrzehnte nach deren Ankunft in Bayern vorhanden waren.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Thematisches Zeitzeugen-Interview mit Herma Hirschmann, aufgenommen am 13.11.2013 in Sinzing, über die Flucht 1946 aus Daßnitz/Egerland nach Bayern, das schlechte Ansehen als Flüchtling, ihre berufliche Entwicklung, das Verhältnis zur früheren Heimat und ihr Bild von Bayern.

Biogramm

Herma Hirschmann wurde 1943 in Daßnitz im Egerland geboren. Zusammen mit ihren Eltern wurde sie 1946 vertrieben und kam in einem niederbayerischen Bauernhof in der Nähe von Eggenfelden unter. Der Bauer war Alkoholiker und bedrohte die Familie. Nach einem tätlichen Angriff auf die Mutter zog die Familie zu einem anderen Bauernhof um. 1957 kam die Familie schließlich in Regen/Dorf unter. Herma Hirschmann arbeitete später als Verkäuferin und Lohnrechnerin in Regensburg und gründete mit ihrem Mann eine Familie. Später arbeitete sie als Sekretärin beim Bürgermeister in Sinzing. 2010 besuchte sie den Ort, wo sie mit ihrer Familie auf einem Bauernhof zuerst Unterkunft gefunden hatte. Ein Nachbar übergab ihr dabei eine 1946 von ihrem Vater mit den Namen der Familienmitglieder beschriftete und auf diesem Bauernhof versteckte Gardinenstange. Aus Angst vor der Gewalttätigkeit des Bauern wollte er so die Existenz seiner Familie vor Ort dokumentieren, falls ihr etwas zugestoßen wäre.

Inhalte

Geboren 1943 in Daßnitz im Egerland – Kriegseinsatz und anschließende Internierung des Vaters – Aussiedlungsbefehl 1946 – Transport in Viehwaggons bis nach Niederbayern – Verteilung der Flüchtlinge durch den Flüchtlingskommissar auf die Bauernhöfe – Weigerung des ersten Bauern, sie aufzunehmen – Unterkunft auf einem heruntergekommenen Bauernhof – "Zimmer" in desaströsem Zustand – Mithilfe der Eltern bei der Feldarbeit – Bauer war Alkoholiker – Gewalttätigkeit des Bauern – Militärpolizei musste eingreifen nach Verletzung der Mutter – Umzug auf einen anderen Bauernhof – gute Unterkunft – Bauer war sehr geizig – Verbot eines eigenen Christbaumes für die Flüchtlingsfamilie aus seinem Waldbestand – Essensgeschenke der Bäuerin – gefühlter Klassenunterschied zwischen Bauern und Flüchtlingen – Hänseleien anderer Kinder – Vater erledigte Reparaturen für die Bauern – gut angesehene Stellung im Dorf – Arbeit des Vaters als Bahnwärter in Wurzelhofen – Umzug – bessere Wohnverhältnisse – erneuter Umzug nach Regen – Doppelhaushälfte zusammen mit Großeltern bewohnt – Anbau von Obst und Gemüse – eigener Berufswunsch Kindergärtnerin war unerfüllbar – Verkäuferin in einem Musikgeschäft geworden – bösartige Chefin – Wechsel der Arbeitsstelle in ein anderes Musikgeschäft – Freundschaften zu jungen Männern aus Bauernfamilien wurden unterbunden durch die Eltern – schlechtes Ansehen der Flüchtlinge – Heirat 1964 – mehrere Stellen als Verkäuferin, dann als Lohnrechnerin – nach der Geburt der ersten zwei Kinder Büroarbeit in der Schreinerwerkstatt des Mannes – Scheidung 1975 – Bürojob in einem Parteibüro – zweite Ehe – Rente - Hausarbeit – Niederbayern als eigentliche Heimat – keine Erinnerungen mehr an die Heimat der Eltern – kaum Kontakt zu Verwandten, Familie durch die Vertreibung zerstreut – inzwischen volle Integration in Bayern –auch heute noch Begegnung mit Vorurteilen – herabsetzende Bezeichnungen – heimliche Rückkehr des Vaters nach Daßnitz unmittelbar nach der Flucht um sein Fahrrad zu holen – Angst vor betrunkenem Bauer auf erstem Bauernhof – Bild von Bayern als Heimat.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugen-Interview
Dauer:
1:00 h
Aufnahmedatum:
13.11.2013
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.