Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Adolf Höhn über die Polizeiaktion am 19.05.1978 gegen die unterfränkische "Rebellengemeinde" Ermershausen, die sich gegen die Zwangseingemeindung nach Maroldsweisach wehrte.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Adolf Höhn, geführt am 03.11.2010 in Ermershausen, über Kindheit und Jugend in Ermershausen, die Übernahme der elterlichen Gastwirtschaft, die Wahl in den Gemeinderat und zum Bürgermeister, die Bedeutung der Lage Ermershausens an der innerdeutschen Grenze sowie den Widerstand gegen die Zwangseingemeindung nach Maroldsweisach im Rahmen der Gemeindegebietsreform 1978.
Biogramm
Adolf Höhn wurde 1932 in Ermershausen geboren. Nach dem Tod der Eltern übernahm er die Gastwirtschaft der Familie im Ort. 1966 wurde er in den Gemeinderat gewählt und bekleidete von 1972 bis 2002 das Amt des Bürgermeisters. Im Zuge der Gemeindegebietsreform 1978 wurde Ermershausen in die Gemeinde Maroldsweisach eingegliedert, was zu erheblichem Widerstand der Ermershausener Bürger führte. Am 19. Mai 1978 wurden das Rathaus polizeilich geräumt und Gemeindeakten beschlagnahmt. 16 Jahre später hatte der mit legalen Mitteln fortgesetzte Widerstand Erfolg: 1994 wurde Ermershausen wieder selbstständig. Adolf Höhn starb 2013 in Ermershausen.
Inhalte
1932 geboren in Ermershausen – sechs Geschwister – Volksschule – 1946 nach dem 7. Jahrgang Einstieg ins Berufsleben – Lehre als Metzger – Eltern beide krank: Mitarbeit in der elterlichen Wirtschaft samt Metzgerei bereits mit 12 Jahren – nach dem frühen Tod der Eltern alleinige Führung des Familienbetriebs – 1954 Heirat – zwei Kinder – Versorgung der jüngeren Geschwister – keine große Abwanderung im Dorf – Lage an der innerdeutschen Grenze – Hauptverkehrsstraße B 279 durch den Ort – 1966 Wahl in den Gemeinderat – Wahl zum Bürgermeister – Prämisse: Sicherung von Arbeitsplätzen – Strukturwandel in der Landwirtschaft: Aufgabe der kleinen Betriebe – NATO-Manöver – besonderer Zusammenhalt der Ermershausener Einwohner – Waldbesitz – 1973 Zonenrandförderungsgesetz: wichtige finanzielle Zuschüsse für die Betriebe – wenig Fremdenverkehr – Gemeindegebietsreform – 1973 Eingemeindung von Dippach und Birkenfeld: Erfüllung der Kriterien zur Erhaltung der Selbstständigkeit – Verhandlung mit der Stadt Hof zur Aufnahme in eine Verwaltungsgemeinschaft – 1978 Beschluss zur Eingemeindung von Ermershausen in die Gemeinde Maroldsweisach durch die Staatsregierung – Widerspruch und Klage beim Verwaltungs- und Verfassungsgericht – Verhinderung der Räumung des Rathauses durch empörte Bürger – „Überfall“ am 19.5.1978: Räumung des Rathauses unter hohem Polizeiaufgebot mitten in der Nacht – Straßensperre durch die Freiwillige Feuerwehr: Anzeige wegen Landfriedensbruchs – Petitionen und Schriften – Aktion Demokratische Gemeindegebietsreform – CSU – Baron von Rotenhan – Abstimmung zur Unabhängigkeit – Verhältnis zu Maroldsweisach: Repressalien – passiver Widerstand der Bürger Ermershausens: Weigerung zur Zahlung von Steuern, Wasser und Gemeindegebühren – „Rebellendorf im oberen Hassgau“ – Plakataktionen – Fördergemeinschaft: Rundbriefe, Versammlungen – Kontakt zu Edmund Stoiber: 1993 Gesetzentwurf zur Ausgliederung von Ermershausen – 1994 Ende der Zwangseingemeindung – Freiheitsglocke – jährliche Aktionen am 19. Mai – Meinung zu Maroldsweisach – „Überfall“ am 19. Mai 1978 – persönliche Eindrücke der Polizeiaktion – Versuch der Auswanderung einiger Bürger in die DDR als Reaktion auf die Polizeiaktion – Hoffnung auf eine gerichtliche Klärung – wirtschaftliche Schädigung von Ermershausen durch die Eingemeindung – Landesbischof Dietzfelbinger: Verurteilung der Eingemeindung – kein Gedanke an Aufgabe – Offenheit für Verhandlungen von Beginn an – aktuelles Verhältnis zu Maroldsweisach – Opfer der Bürger: Bußgelder, Prozesse, Belastungen, freiwillige Arbeit – während der Eingemeindung keine Investitionen in das Dorf – Franz Josef Strauß – kein Kontakt mehr zu den Verwandten durch die innerdeutsche Grenze, später kleiner Grenzverkehr – persönliches Erleben des Mauerfalls und der Wende 1989/90 – Hitlerjugend (HJ) – persönliche Eindrücke des Kriegsendes 1945 – Amerikaner – Zwangsaussiedlung im Grenzbereich – wirtschaftliche Folgen durch die Grenze – Position des Bürgermeisters in der Gemeinschaft – Doppelfunktion: Bürgermeister und Vorsitzender der Bürgergemeinschaft – Eigenfinanzierung des Baus von Turnhalle, Gemeindehaus und Tennisplatz – keine Zuschüsse von Maroldsweisach – keine Freundschaft mit Maroldsweisach mehr möglich – Unterstützung durch Horgau, Unterammergau, Riedbach – Vereinsleben – Meinung zur Politik – Werner Döhner – Horst Seehofer – Fazit: mehr Einbeziehung der Bürger in die Politik der Staatsregierung – kein schlechtes Verhältnis zu Maroldsweisach in der jüngeren Generation – keine Revolte in anderen eingemeindeten Dörfern: Ermershausen als Sonderfall.
Daten
Interview: Georg Schmidbauer M.A.
Kamera: Georg Schmidbauer M.A.