Zeitzeugen berichten

Rudolf Freiberger Textilingenieur, Betriebsratsvorsitzender

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zz-1117.01
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Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Rudolf Freiberger über seine Tätigkeit in der Konstruktionsabteilung der Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg (SWA) während der Aufbauphase des Betriebs Anfang der 1960er-Jahre.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Rudolf Freiberger, aufgenommen am 06.07.2005 in Aystetten, im Rahmen des Projekts Textilindustrie, über seine Jugend während des Zweiten Weltkriegs, seine Flucht aus der DDR und seine Arbeit in der Textilindustrie, vor allem bei der Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg (SWA).

Biogramm

1927 in Boyadel in Niederschlesien geboren, ging in Freiberg zur Schule, 1943 zur Flak abkommandiert, während des Zweiten Weltkriegs Lehre in einem Textilbetrieb, 1945 als Offiziersbewerber an die Front, russische Kriegsgefangenschaft, aus der er flüchten konnte, 1946 Studium an der Textilschule in Zittau, Flucht in den Westen 1951, Arbeit in Zell-Schönau als Disponent, 1959 Wechsel zur SWA/Augsburg, erlebte den Aufstieg sowie den Niedergang der Textilindustrie.

GND: 1066945578

Inhalte

Kindheit und Kriegseinsatz, 1927 in Boyadel, Kreis Grünberg, Niederschlesien geboren, Mittelschule in Freistadt, mit 16 als Flakhelfer nach Wedewarden bei Bremerhaven, dort auch Schulunterricht, am Ende der Schulzeit nach Hause entlassen, Lehrstelle bei Deutsche Wolle, Stoffe für Wehrmacht, Polizei, NSDAP, nach 4 Monaten Einberufung zur Wehrmacht, Grundausbildung in Görlitzmois, Offiziersbewerberschule in Weiba, Drill bis Februar 1945, Einsatz im Harz, am 08.05.1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft, an die Russen übergeben, Flucht, zu Fuß in die Heimat, geflüchtete Eltern in Kalau getroffen, bis Boyadel durchgeschlagen, Ausweisung durch die Polen, Flucht, gefangen durch polnische Miliz, acht Wochen Zwangsarbeit, erneut Flucht, Kalau, beengte Verhältnisse  - Textilschule in Zittau/Sachsen, sechs Semester, nach vier Semestern Textilmechaniker, nach sechs Semestern Textilingenieur, gute Berufsaussichten in der jungen DDR, Druck sich politisch zu engagieren, anonymer Großbetrieb, DEA Textil, Berlin, am Telefon verwählt, RIAS im Telefon, ein paar Minuten Nachrichten gehört, nach zwei Stunden Stasi am Hals, Verhör, zum Flugblattverteilen nach Westberlin geschickt, Kollege von Westpolizei geschnappt und inhaftiert, "Held des Friedens", Prämie versoffen, Bemerkungen gegen DDR, am nächsten Tag zum Rapport bestellt, politische Schulungen, Wechsel nach Plauen, grenznah, Erkundung der Situation, Flucht, Grenze bei Hödensleben überschritten, vier Wochen im Auffanglager Uelzen - Berufliche Laufbahn im Westen, Oktober 1951, bei einem Onkel in einem Textil- und Kurzwarengeschäft, 01.01.1953 Zell-Schönau als Disponent, nach zweieinhalb Jahren KBC, Drucker, weiterhin Disponent, Exportgenehmigungen - am 01.01.1959 Disponent für Bettwäsche in Augsburg, Arbeitssituation bei der Mechanischen Baumwollspinnerei (später SWA), vier Abteilungen: Bettwäsche, Kleiderstoffe, Futterstoffe, Rohgewebe, Riesenbetrieb, Behördenstrukturen, später Kleiderstoffabteilung, dann Konstruktions-/Grundsatzabteilung, Festlegung der Gewebekonstruktion, Musterware, erste Anzeichen der Krise, Grundstücke verkauft, Werk Rosenau aufgelöst, Aufkauf durch Baustoffhändler Glöckler, Textilkonzern zusammengekauft, Handwerke Füssen, Erba, Umstellung auf EDV - Konkurs, Neugründung 1984 als SWA, Betriebsrat geworden, Vorsitz, viele Führungswechsel, Personalleiter, Abwärtstrend, verändertes Käuferverhalten, Aufgabe der Spinnerei, Pflichtübergabe des Betriebsgeländes an die Stadt Augsburg, Firma konnte nicht mehr kostendeckend produzieren, Konkurs - Großvater und Vater Schneider, Mutter Textil- und Kurzwarengeschäft, positiver Eindruck von West-Berlin stärkte Wunsch in den Westen zu gehen, 1959 SWA: Werke Proviantbach, Sulzer Weberei, Spinnerei an der Aumühle in der Rosenau, Abteilungen, Produkte, Gewebearten: Leinwand, Atlas, Wechsel von KBC zur SWA von Pius Weber vermittelt, die ersten drei Monate im Wohnheim, Betriebswohnungen im Bärenkeller, Kollektionen, Muster, Messen, Musterentwurf, Druck, Martini, Prinz, erster Konkurs, Neugründung mit Sozialplangeldern, als Betriebsrat Vermittlerfunktion zwischen Gewerkschaft und Betriebsleitung, Aufsichtsrat - Schichtarbeit/Gewerkschaft: drei-Schicht-Betrieb in der Weberei, Arbeitsvorbereitung nur Tagschicht, ausländische Mitarbeiter, hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad, auch bei Einstellungen gewünscht, unterschiedliche Interessenslagen, Maschinenlaufzeiten, abwägen zwischen Firmen- und Mitarbeiterinteressen - Aufsichtsrat, als Betriebsratsvorsitzender Mitglied, betriebswirtschaftliche Fragen, Bestallung der Geschäftsleitung, Vertreter der Banken - Personalleiter, Personalstruktur und Entlassungen, ständig abnehmende Belegschaft, beim Eintritt in die Firma ca. 4.000, in den 1984 nur noch ca. 530, Entlassungen, Vorruheständler, Abfindungen, Gewerkschaft Textil und Bekleidung in die IG Metall eingegliedert, Textilkrise, selbst wegen des Alters vom sozialen Netz aufgefangen, 62 bis 65 arbeitslos, dann Rente - Tätigkeit als Betriebsrat, befriedigende Tätigkeit, Streiks - Betriebsklima, Leute nur am Einkommen interessiert, soziale Einrichtungen im Laufe der Zeit abgebaut.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
06.07.2005
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Dr. Ludwig Eiber

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.