Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Günter Wetzel über die ersten Schritte zum Bau des Fluchtballons, Informationen aus Büchern und eigene Berechnungen.
Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Günter Wetzel, aufgenommen am 25.06.2011 in Betzenstein, über die Lebenssituation in der DDR, die Ballon-Flucht in den Westen 1979 und die Zeit nach der Wende 1989/90.
Biogramm
Günter Wetzel wurde 1955 in der Nähe von Pößneck (Thüringen) geboren und arbeitete in den 1970er-Jahren in der DDR in einem Forstbetrieb und später als Kraftfahrer. 1973 lernten Günter und Petra Wetzel das Ehepaar Peter und Doris Strelzyk kennen, das ebenfalls in Pößneck wohnte. Die eingeschränkte Meinungsfreiheit sowie die fehlenden Reisemöglichkeiten ließ bei beiden Ehepaaren die Idee entstehen, aus der DDR zu flüchten. Durch Zufall stießen sie in einer West-Zeitschrift auf die Möglichkeit, einen Heißluftballon zu bauen. Nach mehreren Versuchen, von denen einer kurz vor der Grenze auf östlicher Seite dramatisch scheiterte, gelang es schließlich, die Konstruktion des Ballons technisch so weiter zu entwickeln, dass in der Nacht auf den 16. September 1979 beide Familien mit ihren Kindern über die innerdeutsche Grenze fliehen konnten und der Ballon in der Nähe von Naila landete. Die Flucht wurde journalistisch weltweit ausgewertet, eine amerikanische Produktionsfirma produzierte den Film „Night Crossing“ („Mit dem Wind nach Westen“), der auf der Berlinale 1981 gezeigt wurde. 2018 folgte der Film "Ballon" von Michael "Bully" Herbig.
Günter Wetzel hat sich nach seiner Flucht zum Kfz-Mechaniker umschulen lassen und arbeitete zunächst für ein Autohaus im Raum Hof, dann als Ausbilder an der Kfz-Meisterschule der IHK Oberfranken und später als Technischer Gebietsleiter, Trainer für Kfz-Technik und Qualitätsberater für verschiedene Autofirmen.
Inhalte
Geboren 1955 in Grobegenreuth, in der Nähe von Pößneck – Kindheit und Schule – Umzug nach Oberoppurg – Erleben des geteilten Deutschlands als Jugendlicher – sozialistische Prägung – Freie Deutsche Jugend (FDJ) – Berufswunsch und Arbeit als Bauarbeiter und Forstarbeiter ab 1974 – Kraftfahrer in Pößneck 1976 – Heirat 1974 – Wirtschaft in Pößneck – Alltag in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) – Warenangebot – Reisebeschränkungen – Westfernsehen, Bayerischer Rundfunk (BR) – Besucher aus dem Westen – gut bürgerliches Leben - Verweigerung der Mitgliedschaft in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) – Keine Reisen ins sozialistische Ausland – Rückzug ins Privatleben – erste Gedanken an Flucht – Kontakt zu Peter Strelzyk – Zeitschrift über Ballonfahrertreffen in Albuquerque in Mexiko – erste Materialbeschaffung – Recherche über Bücher – Erinnerungen an die Mauer – Karl Eduard von Schnitzler ("Der schwarze Kanal") – Kennenlernen der Familie Strelzyk – Arbeit als Elektroinstallateur – beide Familien wollten in den Westen flüchten – Konstruktion des ersten Ballons ab März 1978 – misslungene Versuche an verschiedenen Orten – Rückschläge und Resignation nach einem halben Jahr – schwierige Materialbeschaffung – Arbeitsteilung – Erfahrung sammeln durch Ausprobieren – notwendige Berechnungen, gebaute Messgeräte, spezielles Gebläse – Idee eines Ultraleichtflugzeugs – Gescheiterter Fluchtversucht der Familie Strelzyk im Juni 1979 – Entscheidung zu einem neuen gemeinsamen Versuch – Finanzierung, Urlaub – Kauf von Stoffbahnen in der ganzen DDR – psychologische Situation und Angst – Probleme beim Fluchtversuch der Strelzyks – Artikel über gescheiterte Ballonflucht mit Suchaufruf der Volkspolizei der DDR erschien in der Volkswacht 1979 – Nachbarschaft und Spitzel der Staatssicherheit (Stasi) – Konstruktion der Gondel – Statik – Beteiligung der Kinder – Intentionen der Ehefrau – vorsichtiges Vorgehen, Anspannung – Durchdenken möglicher Szenarien – drohende Einberufung zur Volksarmee – Wetterbericht vom 15.09.1979 – letzte Vorbereitungen und Flickarbeiten – Startplatz Berner Höhe – Vorbereitungen zum Start – Vorrat an Gasflaschen – Beladung der Gondel – Ballon begann zu brennen – Aufsteigen bis auf 2.000 Meter Höhe – Navigation – leere Gasflaschen – Absturz gebremst durch Fallschirmwirkung des Ballons – Ungewissheit über den Ort der Landung – Erkundung Richtung Süden – Fendt-Traktor als erstes sicheres Zeichen für den Westen – Begegnung mit zwei bayerischen Polizisten – Aufnahme beim Roten Kreuz – Nacht in der Polizeistation in Naila – Exklusivvertrag mit dem Stern – Auftritt bei Hans Rosenthals „Dalli-Dalli“ – Eindrücke vom Westen – Beziehung zu den Journalisten – Begegnung mit Ministerpräsident Franz Josef Strauß – erste finanzielle Hilfen – Arbeit ab 01.01.1980 in einem Autohaus in Naila – Ausbildung und Karriere – Vergleich zwischen dem Osten und Westen Deutschlands – Hollywood-Film „Mit dem Wind nach Westen“ über die eigene Flucht – Bedrohung der zurückgebliebenen Verwandtschaft und von Bekannten – nach der Wende 1989/90 Einsicht in die Stasi-Akten – Versuche zu einer Rückkehr bewegt zu werden – Nachahmer – Erlebnis der Flucht durch die Ehefrau – Erinnerung an die Wende – Besuch der DDR mit Visum und Zwangsumtausch – gute soziale Kontakte in Hof – Bild von Bayern durch Bayerischen Rundfunk geprägt – Klischees von Bayern – Länge der Flugstrecke – Informationen über den Westen durchs Fernsehen und Besucher aus dem Westen Deutschlands – Bild der Bundesrepublik in den DDR-Medien – Angst vor Arbeitslosigkeit – keine Sehnsucht nach einer Rückkehr in die alte Heimat.
Daten
Interview: Georg Schmidbauer M.A.
Kamera: Georg Schmidbauer M.A.