Zeitzeugen berichten

Prof. Dr. Heinrich List 1978-1983 Präsident des Bundesfinanzhofs

Signatur
zz-1454.01
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Referenzjahr
1934

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Dr. Heinrich List über seine Abiturfeier im Jahre 1934.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Dr. Heinrich List, aufgenommen am 08.03.2012 in München, über seine Jugend in den 1920er- und 30er-Jahren, die Veränderungen nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933, den Alltag im „Dritten Reich“ und seine juristische Laufbahn nach 1945.

Biogramm

Heinrich List wurde 1915 in Mittermühle bei Freyung geboren und besuchte bis 1934 das Wilhelmsgymnasium in München. Anschließend studierte er Jura an der Universität München. Nach seinem Kriegseinsatz schloss Dr. List seine juristische Ausbildung ab und arbeitete in der Zollverwaltung. Seine richterliche Tätigkeit begann 1955 mit einer Abordnung an den Bundesfinanzhof. Im Jahre 1959 wurde er Richter am Finanzgericht München. 1961 erfolgte seine Ernennung zum Finanzgerichtsdirektor. Zum Richter am Bundesfinanzhof wurde Dr. List 1962 gewählt. Entsprechend seiner früheren Tätigkeit wurde er hier zunächst im Zollsenat tätig. 1972 wurde er zum Senatspräsidenten ernannt und übernahm den Vorsitz des III. Senats des Bundesfinanzhofs. Es folgten die Ernennungen zum Vizepräsidenten (1974) und zum Präsidenten (1978) des Bundesfinanzhofs. 1983 trat er in den Ruhestand. Neben seiner richterlichen Tätigkeit profilierte sich List auch als Steuerrechtswissenschaftler. Von 1964 bis 1987 lehrte er Steuerrecht an der Universität Erlangen. 2018 verstarb Heinrich List in München.

GND: 140972838

Inhalte

Geboren 1915 in der Mittermühle bei Freyung – Eltern hatten landwirtschaftlichen Betrieb – Besuch des Gymnasiums in München – kaum Nationalsozialisten an der Schule – Umgang mit den jüdischen Mitschülern ganz normal – dann zunehmend Einfluss der Nationalsozialisten auf den Schulalltag, Hitlergruß, etc. – „Machtergreifung“ Hitlers kam überraschend und wurde kritisch aufgenommen – 1933/34 verließen die jüdischen Schüler die Schule und wanderten nach Amerika aus – Lehrer waren eher konservativ und hatten Schwierigkeiten mit dem Nationalsozialismus – nach dem Abitur durften nicht alle Abiturienten studieren, um Soldaten für Wehrmacht zu gewinnen – Abiturfeier nach dem Vorbild der Studentenverbindungen – die Abiturienten, die studieren durften, mussten erst den freiwilligen Arbeitsdienst leisten – Arbeitsdienst bei einer Schuhfabrik in Mering – Teilnahme am NSDAP-Reichsparteitag 1934 in Nürnberg, mit Marsch im Stechschritt – große Begeisterung für den Parteitag und die Rede Adolf Hitlers – ab 1935 Jurastudium in München – Eintritt in die süddeutsche Studentenverbindung „Alemannia“ statt NS-Studentenbund – verschiedene Professoren an der Universität eher konservativ als nationalsozialistisch eingestellt – Mitglied beim TSV 1860 München – nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mussten die aktiven Sportler sonntags antreten und Marschübungen auf dem Oberwiesenfeld absolvieren – pauschale Aufnahme in die SA – Teilnahme an Festzügen – große Verwüstungen nach der „Reichskristallnacht“ (Reichspogromnacht) 1938 – Konzentrationslager Dachau als ständige Drohung – 1937 Einziehung zum Wehrdienst zur Funkkompanie der Nachrichtenabteilung – 1940 Kriegseinsatz im Westen in Belgien und in Frankreich – Eroberungen, bis 1944 der Rückzug vor den Amerikanern in den Schwarzwald erfolgte – Entlassung zum Kriegsende in Baden-Württemberg – ab 1946 Referendarzeit am Amtsgericht in Grafenau – Arbeit am Landgericht in Augsburg – Assessor-Examen 1949 – lernte seine Frau beim Vorstellungsgespräch im Bayerischen Finanzministerium kennen – Vorsteher im Hauptzollamt Bad Reichenhall – gerichtlicher Hilfsarbeiter beim Bundesfinanzhof – 1962-1972 Richter am Finanzgericht und später am Bundesfinanzhof – 1978 Ernennung zum Präsidenten des Bundesfinanzhofs – gleichzeitig auch Lehrtätigkeiten – ab 1962 Lehrbeauftragter an der Universität Erlangen – ab 1969 Dozent an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie München und Augsburg – 1996 Treffen mit ehemaligen jüdischen Mitschülern – Veränderung der Einwohnerschaft Bayerns durch Zuzug – große Veränderungen in der Sprache, auch durch Zuwanderer – Vermischung von Bräuchen – durch massives Wachstum Veränderung der Stadt München – Militarisierung des Sportvereins durch den Nationalsozialismus – unterschiedlich großer Einfluss des Nationalsozialismus auf die Menschen – ungenügende und geschönte Informationen – Angst vor freier Meinungsäußerung – Vater 1933 Parteimitglied und Bürgermeister – zahlte keine Beiträge – keine Mitgliedschaft im NS-Studentenbund – Aufarbeitung der Nazi-Justiz – offener Widerstand war gefährlich, KZ-Haft als permanente Bedrohung.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugen-Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
08.03.2012
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.