Atlas zum Wiederaufbau

Waldsassen

1943 wurde in Waldsassen ein Reservelazarett eingerichtet. Dennoch fielen im Februar und April 1945 Bomben auf den Ort. Da eine Einheit der Waffen-SS in der Umgebung heftigen Widerstand gegen das Vorrücken der US-Truppen leistete, settzen die Amerikaner die tadt unter Artilleriefeuer. Am 21.04.1945 marschierten die US-Truppen ein. Die Zahl der verfügbaren Privatquartiere war durch den Zustrom von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen bald ausgeschöpft, sodass drei Lager mit Massenunterkünften errichtet wurden. 1950 zählte man 2.115 Heimatvertriebene unter den 7.808 Einwohnern.

Neugründung

• März 1943:

- Einrichtung eines Reservelazaretts in der sogenannten „Schemm-Schule“, dem heutigen Grundschul-Gebäude am Lämmeracker

- Anbringung eines großen, weithin sichtbaren roten Kreuzes auf weißem Grund auf dem Dach der Grundschule zum Schutz vor Fliegerangriffen

Angriffe

• Februar - April 1945:

- häufiger Fliegeralarm in Waldsassen

- mehrfache Luftangriffe v.a. in den Nachbarorten

• 17. April 1945: US-Tieffliegerangriffe auf Waldsassen

• 20. April 1945: US-Tieffliegerangriffe auf Waldsassen

• 21. April 1945: US-Artilleriebeschuss

Tote und Verletzte

• durch Tieffliegerangriffe vom 17. April 1945:

- 4 Tote

- zahlreiche Verwundete

• durch Tieffliegerangriffe vom 20. April 1945: zahlreiche Verwundete

• durch Artilleriebeschuss und Kampfhandlungen vom 21. April 1945: mindestens 2 Tote

• 08. Mai 1945: 1 totes Kind in Rosall durch Explosion einer gefundenen Panzerfaust beim Spielen

• 16. Juni 1945: 1 totes Kind durch Explosion von gefundener scharfer Munition beim Spielen in der Schirndinger Straße in Waldsassen

Schäden

• durch Artilleriebeschuss und Kampfhandlungen vom 21. April 1945:

- Brände an verschiedenen Stellen des Stadtgebiets, u.a. in einem großen Teil der Porzellanfabrik Waldsassen Bareuther & Co. AG, in der Mitterteicher Straße 1 und 3, bei den Anwesen Karolinenstraße 10, 12, 66 und 68 sowie beim Anwesen Luitpoldstraße 14

- Schäden am Rathaus durch Artilleriebeschuss

- Schäden an zahlreichen weiteren Häusern durch Artilleriebeschuss

- schwere Schäden an der seit 1713 auf dem Johannisplatz stehende, steinerne Figur des hl. Johannes-Nepomuk durch die Kampfhandlungen

- Bruch zahlreicher Fensterscheiben

Kriegsende

• erste Apriltage 1945: Errichtung mehrerer Panzersperrin im Stiftland durch den Volkssturm

• 15. April 1945:

- Erklärung Waldsassens zur offenen Stadt, die den anrückenden Streitkräften freien Durchzug gewähren sollte, durch Bürgermeister August Franz

- Auflösung des Volkssturms

• seit 15. April 1945: Einnistung einer Einheit der Waffen-SS in der Umgebung von Waldsassen, die - unabhängig von der deutschen Wehrmacht - vor allem am 20. April im Gebiet um Konnersreuth heftigen Widerstand leistete

• ab 17. April 1945: Öffnung des Zugangs zur Gruft der Pfarrkriche durch den katholischen Stadtpfarrer Josef Wiesnet, als Zufluchtsraum bei Fliegeralarm

• 21. April 1945:

- Artilleriebeschuss durch die US-Armee

- vereinzelter Widerstand

- kampfloser Einmarsch des 1. Bataillon des 358. Infanterieregiments des US-Armee in Waldsassen

- Übergabe der Stadt durch Bürgermeister August Franz an die Besatzungsmacht

• Ende April und Anfang Mai 1945: vereinzelte Kampfhandlungen der US-Armee mit Teilen der Waffen-SS im Raum Waldsassen/Tirschenreuth

Ausgangslage

Einwohnerzahlen:
1939: 5.352
1946: 7.665
1955: 8.044
1961: 7.639
1968: 7.619
Flüchtlinge und Heimatvertriebene:

• Sommer 1943:

- Aufnahme der ersten Evakuierten aus Hamburg in Waldsassen

- Unterbringung der Evakuierten in Räumen des Klosters Waldsassen

• bis Februar 1945: Ausschöpfung aller erreichbaren Privatquartiere durch die zunehmende Zahl von Evakuierten und Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten Osten

• bis April/Mai 1945:

- andauernder Zustrom von Evakuierten und Flüchtlingen, v.a. aus Schlesien, der Slowakei, Mähren und dem benachbarten Böhmen

- dadurch Verschärfung der Unterbringungs-Situation

- Unterbrungung der Menschen in Notunterkünften, z.B. in Scheunen, Wirtshaus- oder Turnsälen, Schulgebäuden und Baracken

• nach Kriegsende 1945: Auflösung des Kriegsgefangenenlagers im kath. Jugendheim von Waldsassen (seit 1944) und Heimkehr der Gefangenen, v.a. Polen und Franzosen

• bis August 1945: Entstehung der 3 großen Flüchtlingslager in Waldsassen:

- das Lager „Turnhalle“, betrieben von der Caritasstelle Waldsassen, in der städtischen Turnhalle an der Egerer Straße mit ca. 560 Menschen

- das Lager „Schützenstraße“, im ehemaligen RAD-Heim, Schützenstraße 1 mit ca. 170 Menschen

- das Lager im kath. „Jugendheim“ mit ca. 70 Frauen, Kindern und Kleinkindern

• Winter 1945/1946:

- Auflösung des Lagers „Turnhalle“, da es nicht ausreichend beheizt werden konnte

- Entstehung des Heims „Lämmeracker“ im früheren HJ-Heim in der Schulstraße, mit ca. 95 Flüchtlinge

• ab Mai 1946: Nutzung der Turnhalle (des ehemaligen Lagers „Turnhalle“) als Durchgangslager mit 70 - 100 Personen

• Juli 1946: Einrichtung eines weiteren Flüchtlingslagers, des Lagers „Hotel Lamm“, durch die Caritasstelle Waldsassen mit ca. 70 Personen

• Februar - Oktober 1946:

- Ankunft von 584 Transporten mit rund 570.600 Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland in Wiesau

- in Wiesau Verpflegung und Weiterleitung der Menschen in die bayerischen und hessischen Zielorte

- Niederlassung zahlreicher Heimatvertriebener im Stiftland um Wladsassen

• 13. September 1950: 2.115 Heimatvertriebene (7.808 Einwohner insgesamt)

Wiederaufbau

Umsetzung:

• nach Kriegsende 1945:

- Abbau des Torsos der stark zerstörten steinernen Figur des hl. Johannes-Nepomukauf dem Johannisplatz (von 1713)

- Reparatur der gebrochenen Fensterscheiben nach dem Artilleriebeschuss vom 21. April 1945 wegen der schwierigen Versorgung oft nur mit gelbem Glas, das in verschiedenen Fenstern noch lange zu sehen war

• Mitte Mai 1945:

- Verlegung des Lazarettes von der Schemm-Schule in den Klostergasthof

- Einzug der US-Armee in die frühere Schemm-Schule am Lämmeracker

- 20. Mai 1945: erste Sitzungs des Stadtrats nach Kriegsende

• 1945 – 1948: vorübergehende Eingemeindung der benachbarten Ortschaften Kondrau, Netzstahl, Wolfsbühl, Glasmühle und Glaswies sowie Mitterhof und Naßgütl zur Stadt Waldsassen

• Juli 1945: Gründung der Caritas-Suchdienst-Stelle Waldsassen durch den kath. Stadtpfarrer Josef Wiesnet, um für die sozialen Aufgaben v.a. hinsichtlich des Flüchtlingszustroms eine organisatorische Basis zu schaffen

• 1946 – 1948: Gewinnung von 1.082 neuen Wohnräumen durch Selbsthilfemaßnahmen der Bevölkerung des Kreisgebietes

• ab 1948:

- Vergabe zahlreicher Bauparzellen im Bereich der Schützenstraße im Wege des Erbbaurechts an bauwillige Bürger, auch durch das Entgegenkommen von Stadtpfarrer Josef Wiesnet als Inhaber der kath. Pfarrpfründestiftung Waldsassen

- Bau von zahlreichen Eigenheimen in den vergebene Bauparzellen

Literatur

STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1952. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1952, S. 494.

STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1955. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1955, S. 19.

STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1969. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1969, S. 20.

TREML, Robert: Waldsassen in Krieg und Frieden - Kriegsende und Nachkriegszeit 1945. Typoskript, o.O. o.J.

DANK:

Für weitere Auskünfte danken wir dem HEIMAT- und ARCHIVPFLEGER von Waldsassen.

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