Der in den 1930er-Jahren errichtete Flugplatz der Messerschmitt-Werke in Obertraubling war mehrfach Ziel von Bombenangriffen. Auf dem Gelände befand sich zudem ein Außenlager des KZ Flossenbürg. Am 27.04.1945 wurde der Flugplatz von US-Truppen besetzt. Seit 1946 zogen Flüchtlinge in die nun leerstehenden Bauten. 1955 zählte man 1.954 Einwohner in der neugegründeten Stadt Neutraubling, 1968 bereits 6.066. Es entstanden geplante Siedlungsgebiete und Gewerbeareale.
Neugründung
Neutraubling ist einer der nach dem Krieg gegründeten Flüchtlingsorte. Zuvor befand sich hier seit den 1930er Jahren ein Flugplatz, ab 1940 betrieben von den Messerschmittwerken. Auf dem durch Luftangriffe zerstörten Werksgelände entstand durch Ansiedlung von Flüchtlingen bis 1951 die Gemeinde Neutraubling.
Angriffe
• offenbar Spionageverbindungen zu England, daher Abstimmung der Angriffe auf Fertigstellungstermine der Messerschmittwerke
• 22. Februar 1944: erster Luftangriff hinterlässt wenig Schäden
• 25. Februar 1944: US-Luftangriff
- 220 US-Bomber
• 21. Juli 1944: erneuter Luftangriff
- Brand- und Phosphorbomben
- Brände tagelang nicht unter Kontrolle gebracht
• 20. Januar, 16. Februar und 11. April 1945: weitere Bombenangriffe
• ab März 1945: Tieffliegerangriffe
Tote und Verletzte
• durch Luftangriff am 25. Februar 1944: über 90 Tote
Schäden
• durch Luftangriff am 25. Februar 1944: über 70% der Anlagen und Produktionsstätten zerstört
Kriegsende
• 27. April 1945: US-Armee besetzt kampflos weitgehend zerstörtes und teilweise bereits zuvor verlassenes Gelände
Ausgangslage
Einwohnerzahlen:1961: 3.994
1968: 6.066
• einige aus dem Krieg kommende Männer lassen sich unerlaubter Weise auf dem Gelände nieder (leben zunächst in Klosterruinen, dann in ehemaligen Baracken)
• 23. Dezember 1945: Freigabe des Geländes durch die US-Armee und Übergabe in den Betreuungsbereich des Flüchtlingskommissars
• 1946: Zuzug der ersten Flüchtlinge
• Bevölkerungszusammensetzung am 01. April 1951:
- Sudetendeutsche: 61,6%
- Schlesier: 14,7%
- Westdeutsche: 7%
• Bevölkerungszusammensetzung am 01. April 1961:
- Sudetendeutsche: 25,98%
- Schlesier: 11%
- Westdeutsche: 35,21%
• frühe Gründung von Landsmannschaften am Ort:
- 1951: Sudetendeutsche und Schlesische Landsmannschaft
- 1958: Egerländer Gmoi
- 1960: Donauschwäbische Landsmannschaft
Wiederaufbau
Pläne und Ideen:• 1947/1948: Gründung der Notgemeinschaft (1949 umbenannt in Aufbaugemeinschaft) mit den Zielen:
- Ansiedlung von Industrie, Gewerbe und Handel
- Vermittlung von Facharbeitern
- Wohnraumbeschaffung
- Aufbau der Infrastruktur
• 1950er: Planung von Neubauten mit staatlicher Förderung:
- Westen: große Wohnblöcke
- Norden: Ein- und Zweifamilienhäuser
- Süden: gewerbliche und landwirtschaftliche Nutzung
• erste Nachkriegsjahre:
- Trümmerbeseitigung
- provisorisches Herrichten der Unterkünfte
• 1950er Jahre:
- Beginn des systematischen Aufbaus
- mit staatlichen Fördermitteln vorhandene Gebäude rasch bewohnbar
- neu entstandene Wohngebiete u.a.: Junghanssiedlung (1949 - 1953), Prüllersiedlung (1955 – 1956), Frankensiedlung (1955 – 1956)
- 1953: Einweihung des 1. Bauabschnitts der neuen Schule (weitere Bauabschnitte bis 1956 und 1960)
• Kirche:
- 16. Oktober 1955: Einweihung der seit 1953 gebauten katholischen Kirche St. Michael
- 02. September 1956: Einweihung der seit 1955 gebauten Luther-Kirche
- 1955 – 1957: evangelisch-lutherisches Gemeindezentrum von Architekt Adolf Abel
• weiterführende Schulen:
- 1966: Realschule
- 1972: Gymnasium
• 01. April 1951: nach Zugehörigkeit zur Gemeinde Barbing nun Erhebung zur selbstständigen Gemeinde Neutraubling
• 13. Juni 1986: Erhebung Neutraublings zur Stadt
Literatur
FENDL, Elisabeth: Aufbaugeschichten. Eine Biographie der Vertriebenengemeinde Neutraubling, Marburg 2006.
FRANK, Edith / VILSMEIER, Cäcilie: Dokumentation der Ausstellung über die Anfangsjahre Neutraublings 1945 – 1961, [Neutraubling 1996].
MÜLLER, Ernst / BRÜNDL, Hans / SCHRÖTER, Axel: Neutraubling und die Aufbaugemeinschaft, in: Josef Fendl (Red.): Neutraubling. Junge Stadt im alten Donaugau. Hrsg. von der Stadt Neutraubling, [Neutraubling] 1989, S. 102 – 105.
NERDINGER, Winfried (Hrsg.): Architektur der Wunderkinder. Aufbruch und Verdrängung in Bayern 1945-1960, Salzburg / München 2005, S. 127 f.
SCHMIDT, Werner: 37 Jahre Neutraubling, in: Josef Fendl (Red.): Neutraubling. Junge Stadt im alten Donaugau. Hrsg. von der Stadt Neutraubling, [Neutraubling] 1989, S. 91 – 101.
VILSMEIER, Gabriele: Der Flugplatz Obertraubling, in: Josef Fendl (Red.): Neutraubling. Junge Stadt im alten Donaugau. Hrsg. von der Stadt Neutraubling, [Neutraubling] 1989, S. 51 – 64.
WAENGLER, Ferdinand: Vertriebenengemeinde Neutraubling, in: Josef Fendl (Red.): Neutraubling. Junge Stadt im alten Donaugau. Hrsg. von der Stadt Neutraubling, [Neutraubling] 1989, S. 65 – 70.
DANK
Für weitere Auskünfte danken wir dem BAYERISCHEN LANDESAMT FÜR STATISTIK und Datenverarbeitung.