Atlas zum Wiederaufbau

Bad Kissingen

Am 05.04.1945 wurde vor allem der Bahnhof bombardiert. Die Stadt, die schon seit 1940 Evakuierten aufgenommen hatte, wurde den US-Truppen kampflos übergeben. Zusätzlich strömten nun Flüchtlinge nach Bad Kissingen. Durch Bereitstellung von Notunterkünften und Zwangseinquartierungen versuchte man der Lage Herr zu werden. 1950 waren 4.060 von 14.641 Einwohnern Heimatvertriebene. Es wurden Wohnungsbauprogramme aufgelegt. Der Kurbetrieb wurde wieder aufgenommen.

Angriffe

• 05. April 1945: Tieffliegerangriff:
 - Zielgebiet: Bahnhof Bad Kissingen
 - Jagdbomber mit Bordwaffenbeschuss und mehreren kleinen Bomben

Tote und Verletzte

• keine Toten durch Angriffe
• Selbstmorde mehrerer Parteifunktionäre

Schäden

• durch Tieffliegerangriff vom 05. April 1945: geringfügige Schäden:
 - auf dem Bahnhofsgelände
 - im Bereich des Schlachthofes

Kriegsende

• 25. - 29. März 1945:
 - Auslösung des Alarmzustandes durch den militärischen Abschnittskommandeur
 - Erklärung der Stadt zum Kampfgebiet
• Errichtung von Panzersperren durch den Volkssturm
• Anbringung zunächst scharfer Fliegerbomben, dann von Sprengladungen auf der Ludwigsbrücke
• 04. April 1945: Einstellung sämtlicher Verteidigungsvorbereitungen zur Erwirkung des Status als Lazarettstadt bei den Alliierten (ca. 3.000 Verwundete in der Stadt, vorwiegend in Kuranstalten bzw. in 14 Lazaretten untergebracht)
• Kennzeichnung der Stadt mit Rot-Kreuz-Flaggen
• Rückzug der letzten kampfbereiten Verbände nach Osten unter kampfloser Durchquerung des Stadtgebiets
• in der Nacht vom 06. zum 07. April bzw. in den Morgenstunden des 07. April 1945: Sprengung der Munitionsanstalt Rottershausen und der Ludwigsbrücke über die Saale durch deutsche Einheiten
• 07. April 1945: kampflose Übergabe der Stadt an US-Truppen

Ausgangslage

Einwohnerzahlen:
1939: 9.887
1946: 15.006
1954: 13.124
1955: 13.071
1961: 12.865
1968: 12.715
Flüchtlinge und Heimatvertriebene:

• seit 1940: Aufnahme von Evakuierten aus besonders luftkrieggefährdeten Gebieten wie dem Westwall, Schweinfurt und Würzburg
• seit den ersten Monaten des Jahres 1945: Ankunft der ersten Flüchtlinge aus dem Osten
• provisorische Unterbringung:
 - Privateinquartierungen
 - Lager
 - Behelfsunterkünfte
 - im Regentenbau
 - in anderen großen Sälen und Hallen
• Ende 1945: 3.000 Evakuierte im Landkreis Bad Kissingen
• im Hauptvertreibungsjahr 1946: monatliche Zuweisungen von 300 - 400 Heimatvertriebenen in den Landkreis Bad Kissingen
• bis 29. Oktober 1946: 9.191 aufgenommene Flüchtlinge im Landkreis Bad Kissingen (16,4% der Gesamtbevölkerung)
• Ende des Jahres 1946: in der Stadt Bad Kissingen 8.795 von 13.151 Bewohnern sogenannte ursprüngliche oder „Alteinwohner“, der Rest Flüchtlinge und Evakuierte
• 13. September 1950: 4.060 Heimatvertriebene (14.641 Einwohner insgesamt)

Wiederaufbau

Pläne und Ideen:

• 1950: Initiierung von speziellen Wohnungsbauprogrammen zur Beseitigung des Zwangssystems der Wohnraumbewirtschaftung durch die 1945 geschaffenen Flüchtlingsverwaltungen und Wohnungsämter
• Entscheidung, anstelle von Schwerindustrie lediglich kleine „rauchlose“ Industrie anzusiedeln, um den Ruf der Kurstadt nicht unwiderruflich zu gefährden
• ab 1953: Anlage eines Straßenrings um Bad Kissingen mit dem Ziel der Verkehrsberuhigung unter Rücksichtnahme auf den Kurbetrieb in der Stadt

Umsetzung:

• zwischen Sommer 1945 und November 1946: Wiederaufbau der Ludwigsbrücke
• bis 1949: Gründung von 17 Flüchtlingsbetrieben in Form von kleinen und mittleren Handels-, Handwerks- und Industriebetrieben mit insgesamt 180 Beschäftigten
• 1946 und 1957: Etablierung und Eröffnung der Alois-Lang-Schule
• 1947: Wiederaufbau der dreiklassigen Mittelschule des Instituts der Englischen Fräulein und Eröffnung der Volkshochschule
• 1950: Beginn des Sozialen Wohnungsbaus und Gründung der Gemeinnützigen Siedler- und Wohnungsbaugenossenschaft Bad Kissingen durch Eigeninitiative der Heimatvertriebenen
• durch Bautätigkeit der Baugenossenschaften können zu Beginn der 1950er Jahre bereits 3 große Flüchtlingslager wieder aufgelöst werden
• zwischen 1945 und 1958: Errichtung von rund 1.000 neuen Wohnungseinheiten sowie von zusätzlich 200 für amerikanische Familien erstellten Wohnungseinheiten neben einer eigenen amerikanischen Grundschule
• 1956 - 1958: Bau eines neuen Gymnasiumsgebäudes
• 1956 - 1962: Eröffnung, Ausbau und Erweiterung der Knabenmittelschule (Realschule)
• Ausbau des Straßenrings um Bad Kissingen:
 - 1953/1954: Südbrücke
 - 1956/1961: Westring
 - 1960/1967: Ostring bis Kapellenstraße
 - 1969/1973: Nordring mir Nordbrücke

Literatur

AHNERT, Thomas: 1200 Jahre Bad Kissingen. 801-2001: Facetten einer Stadtgeschichte, Bad Kissingen 2001, S. 148 - 185.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1952. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1952, S. 498.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1955. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1955, S. 18.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1969. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1969, S. 19.

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