Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
liebe Herren Minister,
Königliche Hoheit, lieber Herzog Franz,
liebe Frau Bürgermeisterin,
hohe Geistlichkeit,
verehrte Festgäste,
was für ein schöner Tag! Wir sind fertig geworden mit unserem Museum, so gut wie jedenfalls, wir haben es genau ausgerechnet zu 97,75 Prozent. Wir sind froh und fast schon entspannt. Und müd sind wir auch. Aber auch ein bisserl stolz. Vor rund 50 Jahren wurde das Haus der Bayerischen Geschichte als kleine Arbeitsgruppe gegründet - mit der Zielsetzung, ein Museum aufzubauen. Heute geht es sich aus.
Viele Menschen haben an unserem Projekt Anteil. Über 300 Bauleute waren tätig, über 300 Schenker haben uns ihre Schätze verehrt. 300 haben Leihgaben zur Verfügung gestellt und noch einmal 300 Zeitzeugen durften wir befragen. Viele von ihnen sind heute unsere Gäste. Eineinhalbtausend sind gekommen. Herzlich willkommen!
Die am weitesten Gereisten sind unsere Freunde aus Amerika. Besonders begrüsse ich die Familien Dottheim und Brooks: Welcome to our guests from the United States, we are so glad to see you today in Regensburg, Thank you for coming!
Ebenso herzlich begrüße ich unsere europäischen Nachbarn aus Tschechien, Österreich, Italien und Frankreich:
Habe die Ehre, benvenuti, soyez les bienvenus, Sirzdetschnje was witam!
Und selbstverständlich die Kollegenschaft aus der ganzen Bundesrepublik. Ich danke Ihnen allen herzlich für Ihr Kommen und Ihre Unterstützung!
Wir eröffnen heute eines der modernsten Museen in Europa. Nicht einmal vier Jahre haben wir daran gebaut. Trotz aller Unglücksfälle – Brand, Cyberangriff, umgeworfene Glastransporte – in nicht einmal einem halben Jahr haben wir die Ausstellung aufgebaut. Das ist großartig, meine Damen und Herren, herzlichen Dank an alle, die mitgewirkt haben.
Ist der Freistaat museumsreif?
Wir zeigen in unserem Museum, wie Bayern Freistaat wurde und was ihn besonders macht. Oder machte. Wenn aber Bayern ein Museum gewidmet wird, ist dann der Freistaat museumsreif? Eine alte These der Museumswissenschaften lautet, dass die Musealisierung immer am Ende einer Entwicklung steht.
Ist es jetzt soweit? Finis Bavariae, das Ende Bayerns, oft schon prophezeit. Die Straßen scheinen gepflastert von Sterbenden: der Dialekt, die Denkmäler, die Bienen, ja sogar die Wirtshäuser. Die CSU bald nur noch ein Regionalverband der CDU? Der FC Bayern zweitklassig in Europa? Die Bayern überhaupt vom Aussterben bedroht?
Ein Haus der Geschichte mit Geschichte
Sicher ist, dass Museumsgründungen Umbrüche markieren. Das zeigt allein schon die Geschichte unseres Hauses. Sensationell früh brachte es Wilhelm Hoegner 1961 in die Debatte, weil er nach den Katastrophen der NS-Zeit, Weltkrieg, Vertreibung und Flucht bayerische Traditionen wieder stärker in den Fokus rücken wollte. 1972 gründete Alfons Goppel die erwähnte Arbeitsgruppe. 1976 und 1980 folgten unter Leitung Hubert Glasers die legendären Ausstellungen „Max Emanuel“ und „Wittelsbach und Bayern“.
Es waren die ersten historischen Ausstellungen in der Bundesrepublik überhaupt. „Preußen – Versuch einer Bilanz“ datiert erst von 1981 und fand keine Fortsetzung. In Bayern ermöglichte Franz Josef Strauß, dass sich die Bayerischen Landesausstellungen unter Regie Claus Grimms zu einer Institution moderner Bildungsarbeit entwickelten.
Was fehlte, war das feste Haus. Mit der Staatskanzlei hätte es am Münchner Hofgarten verwirklicht werden sollen, aber historische Überreste verhinderten das Haus der Geschichte.
Jetzt steht unser Museum in Regensburg. Natürlich heißt es Haus der Bayerischen Geschichte, wie seit jeher gewollt, es kommt aus alter bayerischer Tradition, und ist doch hochmodern.
Das verdankt es Ministerpräsident a.D. Horst Seehofer, der nicht nur die Initiative zum neuen Museum setzte, sondern sich persönlich engagierte, um krisenhafte Situationen zu bewältigen. Ich bin heute dankbar für sein Vertrauen und die gemeinsame Zeit und freue mich auf seinen Besuch.
Meine Damen und Herren, in der Verbindung der Bayerischen Landesausstellungen, die fortgeführt werden, mit fester musealer Präsentation hier in Regensburg, dazu die Bavariathek als moderne digitale Vermittlungseinheit, entsteht eine Institution, die in Europa ihresgleichen sucht.
Wir zeigen Bayern und zwar nicht in Trauerarbeit, sondern in der Überzeugung, dass aus jedem Umbruch Neues erwächst, das Altes mit in die Zukunft führt. Für diese Neugestaltung schaffen wir in Regensburg ein Angebot von Bezugspunkten. Wir bieten unseren Museumsgästen ein Forum, um selber zu Sinnproduzenten zu werden.
Unser Haus stachelt die Imagination an und schult die Kombinatorik. Es macht neugierig und beflügelt die Phantasie. Wir bebildern nicht einfach bayerische Geschichte. Wir schaffen und inszenieren Bilder. Wenn wir inszenieren, interpretieren wir Geschichte. Wer wenn nicht wir – das Haus der Bayerischen Geschichte.
Wie geht das?
Wir setzten auf Flexibilität und Wandel. Unser Museumsbau passt sich schnell vielen Szenarien an, von großen Ausstellungen bis zu kleinen Gesprächsrunden. Wir lernen Kindern und Jugendlichen, wie man Geschichte macht, kritisch im Netz recherchiert, durch Zeitzeugen überprüft und selbst mediale Anwendungen daraus baut. Wir zeigen, wie wichtig Traditionen sind, Demokratie und Subsidiarität.
Wir freuen uns über unsere Besucherinnen und Besucher aus welcher Schicht sie auch kommen und haben ihre Anliegen fest im Auge. Heute hat man manchmal das Gefühl, etwa im Gespräch mit dem einen oder anderen Feuilletonisten, sich dafür entschuldigen zu müssen. Für uns ist es Pflicht und mit Verlaub: es ist auch demokratisch.
Natürlich treten wir auch dem Wirtshaussterben entgegen. Wir sind ein Museum ohne Shop und Café, dafür mit Wirtshaus und Laden. Wir pflegen „ironische Museographie“, im Besten bayerischen Sinn hinterkünftig und hintersinnig.
Am Anfang steht wie ein Denkmal die Kolossalfigur des bayerischsten aller Löwen. Anders als an seiner bisherigen Wirkungsstätte gibt er Blicke in sein Innenleben frei. Der Blick hinter die Kulissen ist für uns Methode.
Bei uns muss der Löwe auch nicht brüllen, sondern darf ein Ständchen summen. Seit Tagen drücken sich die Regensburger und ihre Gäste an die Scheiben unseres Foyers, um ihn in Aktion zu sehen.
So fallen Schwellenängste. Gleiches gilt für das Panorama, in dem Christoph Süß die Geschichte davor erzählt. Fünf Episoden, die in Regensburg spielen, aber in die Welt führen; ein meisterhaftes Geschichtsschauspiel eines herausragenden bayerischen Künstlers.
Vom eintrittsfreien Foyer führt eine Installation aus Rolltreppe und begleitendem Zitat in Neonschrift in die Dauerausstellung. Lassen Sie sich nicht in die Irre führen. Vorurteile werden hier gnadenlos entlarvt. Das Geschichtstheater beginnt. Das moderne Bayern entsteht im Krieg.
Was ist typisch bayerisch? Wir sind überzeugt: im weitesten Sinn kulturelle Phänomene. Deswegen verfolgen wir anders als alle anderen Geschichtshäuser zwei Führungslinien: die Generationen und die Kulturkabinette.
Besonders mit Bayern verbunden wird das Theater, das Theatralische, die große Geste. Deshalb bringen wir in der Chronologie Geschichten auf die Bühne. Wir inszenieren darauf Bilder. Für jede Generation seit 1800 drei bis vier.
Was ist besonders bayerisch? Bayern war lange vor Preußen und Österreich geprägt von Verfassungen aus französisch-revolutionärer Tradition, vom König anstelle des Krönungsaktes beschworen, um die Stämme zu einen; eine politische Geste, die in Europa ihresgleichen suchte; in unserer Interpretation erinnernswert für die Zukunft.
Was ist besonders bayerisch? Vielleicht der große Auftritt auf der Weltbühne, Chicago 1893, als erstmals die Gebäude einer Weltausstellung beleuchtet wurden, durch die riesigen Strahler der Firma Schuckert in Nürnberg. Dazu tritt das Schlierseer Bauerntheater, das wenig später das Lincoln Theatre mit fast 10.000 Plätzen eine Woche lang füllte; Heimatrausch für Ausgewanderte.
Die erste Kombi von Laptop und Lederhose? Schon König Maximilian II. hat in seinem Regierungsprogramm das Ziel beschrieben, Fortschritt und Tradition in Einklang zu bringen. Die Lehre daraus: Dass der Visionär nicht zum Arzt, sondern auf die politische Bühne gehört. Immer wieder haben die Bayern eigene politische Konzepte formuliert. Und sie herausragend vermarktet. Heute wäre es wieder Zeit.
Und weil wir vorher bei „Finis Bavariae“ waren – am nächsten kam man dem Ende in der NS-Zeit. Hitler war in München groß geworden und in Dachau stand einer der Ausgangspunkte für den Völkermord. Dafür wollten wir keine Bühne bauen, wir haben sie inwendig umgekehrt für die persönliche Begegnung, aber so positioniert, dass man kaum daran vorbeikommt.
Ansonsten ermöglichen wir als überzeugte Demokraten den freien Rundgang. Der Besucher kann wählen, welche Bühne und welches Kulturkabinett er näher betrachten will. Vertiefungsebenen für die Themen, die unsere Gäste besonders interessieren, stehen auf den Bühnenseiten und schließlich im Mediaführer bereit. Er bietet visuelle Zugänge und erschließt den BR-Fundus, der vom BR als unserem Kulturpartner großzügig zugänglich gemacht wurde.
Bei dieser Gelegenheit danke ich ganz herzlich auch unseren weiteren Medienpartnern, der Mittelbayerischen und TVA Augsburg. Beide haben uns fair behandelt, Frau Sperb war eine unermüdliche Fürsprecherin für unser Projekt auch in schweren Zeiten.
Herzlichen Dank an meine Heimatzeitungen Augsburger Allgemeine und Passauer Neue Presse.
Die Süddeutsche Zeitung hat sich zu der Behauptung verstiegen, dass ich mich fürchterlich aufregen werde, wenn irgendjemand schreibt, dass in meinem Museum Bayerntümelei stecke. – Natürlich werde ich mich darüber furchtbar aufregen. Aber im Ernst: vielen Dank für die persönlichen Artikel und die Erhebung zum „Historicus Bavariae“.
Wir bieten also verschiedene Vertiefungsebenen. Seien Sie also auf der Hut, meine Damen und Herren, der Vorwurf, dass dieses oder jenes Thema fehle, könnte leicht entkräftet werden. Vergessen Sie auch nicht, dass das Haus der Bayerischen Geschichte inoffizieller Weltmeister im Proporz ist. Die Verteilung der Themen auf die jeweiligen Bezirke ist von unserem Proporz-Rechenzentrum mathematisch ausgezirkelt worden.
Als sensationelle Leistung darf ich heute verkünden, dass der Wunsch vieler Landtagsabgeordneter ihre Wahlkreise zu präsentieren, nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen wird. Jede bayerische Gemeinde ist im Museum vertreten! Überzeugen Sie sich davon im Kulturkabinett „Heimat im Kleinformat“.
Nichtsdestoweniger werden Sie, liebe Festgäste, schon heute um die Gewichtung der Themen streiten. Aber wenn Sie das tun, und Sie werden es, dann haben wir schon gewonnen. - Weil wir dann unsere Geschichten wieder in die Welt gebracht haben werden. Und darum geht es schließlich.
Fast 40 Bühnen und acht Kulturkabinette haben wir für Sie gebaut. Tausend Exponate stellen wir aus, über die Hälfte aus unseren eigenen Sammlungen. Das Haus der Bayerischen Geschichte ist heute ein richtiges Museum, das nicht nur vermittelt, sondern auch sammelt. Das ist, als gelernter Museumsmann, mein größter Stolz. Ich freue mich mit meinen Lehrmeistern und Chefs, Egon Greipl und Peter Wanscher habe ich schon gesehen, darauf anzustoßen.
Dank
Mein größtes Anliegen ist es heute, zu danken. Unser Saal und selbst noch unser Foyer sind heute voll von unseren Mitarbeitern und Unterstützern. Einige möchte ich stellvertretend für sie alle auf die Bühne bitten.
Ich beginne mit meinem Museumsteam. Dass dieses Projekt in so kurzer Zeit gelang, geht auf seine Professionalität zurück. Das beginnt bei der Verwaltung. Intime Kenntnis der Regularien in Verbindung mit Praxisnähe samt Kostendisziplin sind unsere Stärken.
Ob wir ein Projekt wie dieses Museum heute noch realisieren könnten, ist allerdings zweifelhaft. Die Bürokratie ist in den letzten Monaten mächtig aufgewachsen. Gefühlt kommen auf jeden Arbeiter drei Bremser. Und wenn das Vergaberecht 200prozentig ausgelegt wird, dann ist der Preis alles und die Qualität nichts. So darf es nicht weiter gehen.
Bei uns im HdBG ist Verwaltung die Basis, dazu kommen wissenschaftliche Präzision bei Recherche und Restaurierung sowie Kreativität bei Präsentation und Vermittlung:
Ich bitte vom HdBG auf die Bühne
- Christina Schmitt, Chefrestauratorin und technische Leiterin, die ihre Baustellen in fränkischer Ruhe souverän dirigiert hat,
- Natascha Zödi-Schmidt, zuständig für die kreative Öffentlichkeitsarbeit,
- Dr. Rainhard Riepertinger, Museums- und Ausstellungsexperte und mein Stellvertreter,
- Clemens Menter, Verwaltungschef im HdBG,
- Marc Spohr, Ausstellungsleiter und NS-Experte im Museum,
- und Dr. Andreas Kuhn, zuständig für Pädagogik und Bavariathek.
- Als Erinnerung an den heutigen Tag erhalten sie in guter alter bayerischer Tradition einen eigens für unser Museum entwickelten und nur für sie gedeckelten Krug.
- Das HdBG-Team wird jetzt begrüßen die Kolleginnen und Kollegen vom Bau. Wir sind dankbar und stolz, heute ein Museum zu eröffnen, das seine Modernität konsequent nach außen trägt.
Begrüßen Sie bitte mit mir
- Anna-Maria Lanzinger, Projektleiterin im Staatlichen Bauamt,
- Karl Stock, den Leiter eben dieses Bauamtes,
- Bauleiter Walter Aidenberger aus der heimlichen Hauptstadt Niederbayerns Hengersberg,
- Heinz Schwartze, Malermeister aus Schwandorf, der tatsächlich das ganze Museum gestrichten hat,
- und last but not least unseren Architekten Stefan Traxler aus Frankfurt.
- Für die Ausstellung, war eine ganz eigene Truppe engagiert am Werk – um einen besonders renommierten Museumsarchitekten. Ich begrüße
- von HG Merz Frau Anne Binder,
- den Projektleiter Stefan Motz, der aus Ingolstadt stammt,
- dann den Meister persönlich Hans Günter Merz,
- von Jangled Nerves, zuständig für die Medien in der Ausstellung, Ingo Zirngibl, einen gebürtigen Regensburger,
- und last but not least Ernst Bielefeld für den zentralen Bereich der Exponatmontage
Meine Damen und Herren, unser Museum konnte nur in Zusammenarbeit mit der Stadt Regensburg entstehen. Stellvertretend begrüßen Sie bitte mit mir
- Klemens Unger, den Kulturreferenten der Stadt Regensburg,
- und Dieter Daminger, den Wirtschafts- und Finanzreferenten, die angeblich Unmögliches dann doch noch möglich machten.
Unser Museum firmiert außerdem als Bürgermuseum. Viele Exponate und ihre Geschichten verdanken wir Privatpersonen. Unverzichtbar sind natürlich die vielen Museumskolleginnen und die Wissenschaftler, die das Haus der Bayerischen Geschichte oft seit Jahrzehnten begleiten. Begrüßen Sie mit mir:
- Professor Florian Hufnagl, den früheren Chef des Designmuseums und unser Berater beim Sammlungsaufbau,
- Klaus Wolfermann, Olympiasieger 1972 in München,
- Martin Hofbauer, der das Lanz-Lokomobil fürs Museum hergerichtet hat,
- Detlef Fröde, unser Goggomobil-Experte,
- Albert Meilhaus, Leihgeber für eine unserer größten Kostbarkeiten,
- und nicht zuletzt Dr. Gabriele Weishäupl, die berühmte Wiesnchefin.
Meine Damen und Herren, hier steht das Haus der Bayerischen Geschichte. Danke an alle auf der Bühne, im Saal, im Foyer und vor den Bildschirmen, die mitgeholfen haben. Wir übergeben unser Museum heute den Bayerinnen und Bayern und ihren Gästen auf viele Jahre! Bitte Applaus für diese herausragende Truppe.