Themen > Ludwig II. > Von Prinzregent Ludwig zu König Ludwig III.

Ludwig II.

 

Trennlinie 01

Von Prinzregent Ludwig zu König Ludwig III.

Album zur 800-Jahrfeier der Burg Wittelsbach am 28. Mai 1914 Eröffnung des Landtags bzw. feierliche Auffahrt des Prinzen im Februar 1912
Eröffnung des Landtags bzw. feierliche Auffahrt des Prinzen im Februar 1912 Feierlichkeiten zur Inthronisation Ludwigs III.
Gesetz über die Regentschaft (Zusatz zu § 21 der Bayerischen Verfassung) vom 4. November 1913 König Ludwig III. in Pfarrkirchen, 1
weitere zeigen >

Ludwigs politisches Engagement

Im Gegensatz zu seinem Vater Luitpold war Prinz Ludwig politisch stark engagiert. Höfische Konventionen, die ihn dabei behinderten, legte er ab. Nach Erreichen der Volljährigkeit war er ab Juni 1863 Mitglied der Kammer der Reichsräte. In dieser Funktion wirkte er 49 Jahre lang in zahlreichen Ausschüssen mit; sein Wort besaß Gewicht.

1871 trat Prinz Ludwig als Kandidat bei der ersten Wahl zum Deutschen Reichstag im Wahlkreis München II für die katholisch-konservative Patriotenpartei (später Zentrum) an – jedoch erfolglos. Er galt auch politisch als Förderer der Zentrumspartei, als Verfechter der Landtags- und Wählerrechte sowie als Vertreter einer strikt bundesstaatlichen Auslegung der Reichsverfassung. So war er sehr auf bayerische Selbstbestimmung bedacht. 

 

Ludwig, Preußen und das Reich

Als bayerischer Reichsrat sprach sich Ludwig am 30. Dezember 1870 für die Annahme der Versailler Bundesverträge durch das Königreich Bayern aus – und damit für die Gründung eines Deutschen Reichs kleindeutscher Prägung, obwohl er, mit einer Habsburgerin verheiratet, der großdeutschen Idee zugeneigt war. Allerdings brachte er in einer viel beachteten Rede ebenso seine Bedenken gegen die wenig föderal geprägte preußische Haltung in den Kriegen von 1863 und 1866 zum Ausdruck – in letzterem war er selbst durch eine preußische Kugel verwundet worden. Ferner sah Ludwig die Bereitschaft Bayerns, sich in den Dienst der nationalen Sache zu stellen und seine Eigenstaatlichkeit aufzugeben, zu wenig anerkannt. Vor allem wegen der wirtschaftlichen und politischen Vorteile, die er in der Schaffung eines mächtigen neuen Gemeinwesens sah, befürwortete Ludwig aber eine Annahme der Verträge. Seine in dieser Rede geäußerte Befürchtung, es werde kein echter deutscher Bundesstaat, sondern eine preußische Hegemonialstellung entstehen, verdeutlicht allerdings auch die kritische Haltung Ludwigs gegenüber Preußen und dem von ihm geprägten Reich, die sein Handeln zumindest bis Kriegsbeginn 1914 dominieren sollte.

Beispielgebend für seine Forderung nach einer Eigenstaatlichkeit der Länder ist der sogenannte Moskauer Vorfall von 1896: Ludwig war als Mitglied der deutschen Prinzendelegation bei der Krönung von Zar Nikolaus II. zugegen. Als der in Moskau ansässige deutsche Wohltätigkeitsverein Prinz Heinrich von Preußen und die deutschen Fürsten als dessen „Gefolge“ begrüßte, verwahrte sich Ludwig strikt gegen diese Formulierung und wies darauf hin, dass diese „nicht Vasallen, sondern Verbündete des deutschen Kaisers“ seien. Eskalieren ließ Ludwig den Konflikt aber nicht: Im Nachklang dieses Affronts kam es zu diplomatischen Gesprächen zwischen Berlin und München, Ludwig verfasste ein Entschuldigungstelegramm und reiste später nach Kiel, um dem Kaiser einen Besuch abzustatten. Das Pochen auf die bayerische Eigenstaatlichkeit, bei gleichzeitiger Vermeidung von dauerhaften Konflikten, kennzeichnete Ludwigs Haltung gegenüber Preußen und dem Reich. Die Betonung des föderativen Charakters des Deutschen Reichs bei gleichzeitiger Scheu vor einer offenen Auseinandersetzung mit Berlin, lag auch darin begründet, dass er als Verfechter des monarchistischen Prinzips nicht riskieren wollte, durch Kritik an Berlin den Kaiser in Misskredit zu bringen. Mit Kaiser Wilhelm II. (1959-1941) selbst verband König Ludwig III. dennoch zeitlebens ein kühles, von gegenseitigem Unverständnis gekennzeichnetes Verhältnis.

 

Ludwig, Sohn des Prinzregenten – der bessere deutsche Kaiser?

Nachdem Ludwigs Vater Luitpold 1886 die Regentschaft in Bayern übernommen hatte, kam seinem Sohn die Position eines Thronfolgers zu – auch wenn der eigentliche König Otto I., der Bruder Ludwigs II., blieb. Ludwig konnte sich nun auf eine künftige Regierung vorbereiten. Bereits in den ersten Jahren der Prinzregentenzeit brachte diese Rolle repräsentative Aufgaben auch für Ludwig mit sich. Er nahm Paraden und Manöver ab, absolvierte Staatsbesuche und Empfänge, so 1896 die Krönungsfeierlichkeiten des Zaren in Moskau. Um die Jahrhundertwende nahmen die Aufgaben zu, der Prinz vertrat seinen Vater immer häufiger bei unterschiedlichen Gelegenheiten.

1906 machte sich Prinz Ludwig im Bayerischen Parlament – dem er als Mitglied der Kammer der Reichsräte selbst angehörte – für eine allgemeine Wahlrechtsreform und für die Einführung des relativen Mehrheitswahlrechts in Bayern stark. Diesen Einsatz kommentierte der Führer der Sozialdemokraten August Bebel (1840-1913) den volksnahen Prinzen, der auch die Anliegen und Wünsche von Bauern, Handwerkern, Gewerbetreibenden und Arbeitern ernst nahm und für diese öffentlich eintrat, am 21. Januar 1906 mit folgenden Worten:

„Wenn wir eine Reichsverfassung hätten, nach der der Kaiser vom Volk gewählt würde, und in der die Vorschrift enthalten wäre, der Kaiser muß aus einem der regierenden Fürstenhäuser gewählt werden, – ich gebe ihnen mein Wort, Prinz Ludwig hätte die größte Aussicht, deutscher Kaiser zu werden.“

 

Der Regierungswechsel 1912

Bis Februar 1912 hielt die Sympathie der Sozialdemokraten für Ludwig an. Dann setzte der konservativ-katholisch geprägte Ludwig anstelle des liberalen Clemens Freiherr (ab 1911 Graf) von Podewils-Dürnitz (1850-1922), der seit 1903 im Amt war, Georg Friedrich Freiherr (ab 1914 Graf) von Hertling (1843-1919), den Führer des Zentrums im Bayerischen Landtag, als neuen Vorsitzenden des Ministerrats bei seinem Vater Luitpold durch. Von Hertling bildete ein zentrumsnahes Kabinett, was das Ende der liberalen Beamtentradition in den bayerischen Ministerien bedeutete.

Die nun fehlende Unterstützung vonseiten der Sozialdemokraten führte zu einer verschärften Auseinandersetzung bezüglich der Sozialen Frage, derer Ludwig im Lauf seiner Regierungszeit, mitbedingt durch den Ersten Weltkrieg, nicht mehr Herr wurde.

 

Ludwig – der neue Prinzregent

Am 12.12.1912 starb Prinzregent Luitpold im Alter von 91 Jahren. Noch am selben Tag wurde sein Sohn Ludwig zum neuen Prinzregenten ausgerufen. Er war mit 67 Jahren bei Regierungsantritt zwei Jahre älter, als sein Vater es bei der Amtsübernahme 1886 gewesen war.

 

Probleme nach der Übernahme der Regentschaft

Die liberalen Bevölkerungsschichten, vor allem das Großbürgertum, fanden durch die Positionierung Ludwigs aufseiten des Zentrums keinen Zugang zum neuen Prinzregenten, wie auch die intellektuelle Jugend Ludwig fernstand. Diese stieß sich am mangelnden Interesse Ludwigs für Kunst und Kultur, das die bayerischen Könige und den Prinzregenten ausgezeichnet hatte.

Auch das Auftreten Ludwigs mit ungepflegtem Bart, altmodischer Brille und Hose – so schildern ihn Zeitgenossen – wirkte nicht sehr würdevoll und als Kontrast zu seinem Vater.

  

Ludwigs Weg vom Prinzregenten zum König

Das Ende der Prinzregentenzeit in Bayern läutete die Regierung von Hertling ein, die auf die Mehrheit der Zentrumsfraktion im Landtag bauen konnte. Sie forcierte nach dem Regentenwechsel von 1912 die Umwandlung der Regentschaft Ludwigs in ein Königtum. König Otto I., der wegen seiner Geisteskrankheit nicht regierungsfähig war, war formal seit dem Tod seines Bruders Ludwigs II. 1886 amtierender bayerischer König. Die bayerische Verfassung sah Einschränkungen der Rechte eines bloßen Regenten vor. Ein wichtiges Argument für die Beendigung der Regentschaft waren die begrenzten finanziellen Mittel, über die „des Königreichs Bayern Verweser“ verfügen konnte. Für zusätzliche Gelder aus der Zivilliste bedurfte es nämlich der Zustimmung des Regentschaftsrats, also des Ministeriums. Weitere Vermögensinstitute des Königlichen Hauses standen formal sogar unter der Kontrolle von König Otto.

Auch Ludwig wollte die verfassungsrechtlichen Einschränkungen beenden, die eine Regentschaft im Vergleich zu einer Königsherrschaft mit sich brachte. Dieses Vorhaben zog langwierige Debatten im bayerischen Parlament nach sich, da für eine Absetzung des Königs das monarchische Prinzip, an dem Ludwigs Vater Luitpold noch unbedingt festgehalten hatte, geopfert werden musste. Finanzielle Gründe und die ohne handlungsfähigen König gefährdete bundesstaatliche Repräsentationspräsenz führten schließlich zur Ausarbeitung eines Verfassungszusatzes, um den Prozess der Umwandlung der Prinzregentenherrschaft in ein Königtum in die Wege leiten zu können. Grundlage für die Absetzung Ottos und die Ausrufung Ludwigs zum neuen König bildete ein Zusatz zu § 21 der bayerischen Verfassung:

„Ist die Reichsverwesung wegen eines körperlich oder geistigen Gebrechens des Königs, das ihn an der Ausübung der Regierung hindert, eingetreten und besteht nach Ablauf von zehn Jahren keine Aussicht, daß der König regierungsfähig wird, so kann der Regent die Regentschaft für beendet und den Thron als erledigt erklären. Der Landtag ist unverzüglich einzuberufen; es sind ihm die Gründe, aus denen sich die dauernde Regierungsunfähigkeit ergibt, zur Zustimmung anzuzeigen.“

(Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern, München 1818, Titel II, § 21, Zusatz von 1913; bzw. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 58 vom 5.11.1913, 757f.)

Der Landtag musste also den Gründen für Absetzung und Neu-Proklamation zustimmen, wohingegen er die Thronfolge an sich nicht zu regeln hatte. Die alleinige Macht, den formellen König für abgesetzt zu erklären und sich selbst als neuen König zu installieren, wurde so dem Regenten überlassen, der das Parlament lediglich im Nachhinein über diesen Schritt informieren musste. Dies sollte das monarchische Prinzip stärken.

Beide Kammern des bayerischen Parlaments, die Kammer der Abgeordneten wie die Kammer der Reichsräte, stimmten dieser Verfassungsänderung am 30. Oktober bzw. am 4. November zu. Dass verfassungsrechtliche Bedenken nach wie vor vorhanden waren, zeigen die Abstimmungsergebnisse: 20 Reichsräte hatten sich entschuldigen lassen und vier verließen den Saal vor der Abstimmung. In der Kammer der Abgeordneten waren neun Mandatsträger nicht anwesend, fünf Parlamentarier enthielten sich, die 27 Abgeordneten der SPD votierten mit Nein, die restlichen 154 mit Ja.

Tags darauf, am 5. November 1913, konnte Ludwig dem Landtag in einer Erklärung die Beendigung der Herrschaft von König Otto I. und damit seine Proklamation zum neuen bayerischen König mitteilen:

„Allerhöchste Erklärung über die Regentschaft

Ludwig, von Gottes Gnaden königlicher Prinz von Bayern, Regent.

Seine Majestät König Otto waren schon bei Anfall der Krone durch schweres Leiden gehindert, die Regierung des Landes zu übernehmen.

Während der nun 27jährigen Regentschaft ist eine Besserung des Leidens nicht eingetreten; es besteht auch keinerlei Aussicht, daß Seine Majestät jemals regierungsfähig werde.

Gemäß Titel II § 21 der Verfassungsurkunde des Königreichs Baiern vom 26. Mai 1818 in der Fassung des Gesetzes vom 4. November 1913 erklären Wir hiemit die Regentschaft für beendet und den Thron als erledigt.

Wir beauftragen Unser Gesamtministerium, dem gegenwärtig versammelten Landtage die Gründe, aus denen sich die dauernde Regierungsunfähigkeit Seiner Majestät des Königs ergibt, zur Zustimmung anzuzeigen.

Gegeben München, den 5. November 1913.

Ludwig, Prinz von Bayern, des Königreichs Bayern Verweser,

Dr. Frhr. v. Hertling, Dr. Frhr. v. Soden-Fraunhofen, v. Thelemann, v. Breunig, v. Seidlein, Dr. v. Knilling, Frhr v. Kreß“

(Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 57 vom 5.11.1913, S. 759f).

An seinen guten Absichten wollte Ludwig indes keinen Zweifel aufkommen lassen und schrieb daher am selben Tag in einer Proklamation:

„Die ernste Sorge um das Wohl des Landes hat Uns zu diesem schweren Entschlusse bestimmt …

Das Bayerische Volk hat von jeher seinem Königshause das mit ihm durch ein geheiligtes Treuverhältnis verbunden ist, hingebende Anhänglichkeit bewiesen. Wir erblicken darin eine sichere Gewähr, dass die Liebe des Volkes, die Wir als ein kostbares Kleinod von Unseren Vorfahren überkommen haben, auch fernerhin Unser Wirken geleiten werde, das auf das Wohl des geliebten Vaterlandes, auf sein Blühen und Gedeihen gerichtet ist.“

(Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 58 vom 5.11.1913, S. 762 f.)

Die Regierung übergab dem Landtag die Gutachten über den Geisteszustand von König Otto I. Die Kammer der Abgeordneten stimmte am 6. November 1913, mit Ausnahme der Sozialdemokraten, den Gründen für die Absetzung Ottos und der Königsproklamation Ludwigs zu, die Kammer der Reichsräte einen Tag darauf. Der Titel als König und die Ehrenrechte Ottos I. wurden allerdings durch seine Absetzung nicht berührt, wie Ludwig in einer „Königlichen Entschließung“ mitteilen ließ. 

Seinen Treueid auf die Verfassung des Königreichs Bayern leistete Ludwig am 8. November 1913 im Thronsaal, dem heutigen Herkulessaal der Residenz. Die Erhöhung der Zivilliste beschloss der Landtag wenige Tage später.

Am 12. November 1913 fanden die Feierlichkeiten zur Thronbesteigung für den neuen König in München statt (eine wirkliche Krönungszeremonie fand in Bayern nicht statt, vgl. hierzu Kroninsignien und Krönung). Einem Hochamt im Münchner Liebfrauendom folgten die Huldigungen der Stadt München vor dem Rathaus und des Königreichs in der Residenz. Im ganzen Königreich Bayern läuteten die Glocken und wurde Salut geschossen, so auch vor dem Münchner Hofgarten, wo 21 Kanonenschüsse abgegeben wurden.