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Maximilian II.

 

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Bevölkerung, Wirtschaft und Technik in der Zeit Ludwigs I.

Aktie der Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft zu Nürnberg (1835) Alte Saline in Bad Reichenhall (seit 1837/51)
Augsburger Kammgarn-Spinnerei (Mitte 19. Jahrhundert) Auswanderungsgesuch der Rebekka Strauss, Mutter des Levi Strauss, zur Auswanderung in die USA (1847)
Auswanderungsgesuch der Rebekka Strauss, Mutter des Levi Strauss, zur Auswanderung in die USA (1847) Banknote der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank: einhundert Gulden (1839)
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Um 1825 lebten im Königreich Bayern etwa 3,7 Millionen Einwohner. Während die Bevölkerung ständig wuchs, verschlechterte sich die Versorgungslage besonders in den ländlichen Gegenden. Regierung und Landtag reagierten, indem sie 1834 das Recht zur Eheschließung und Niederlassung, das 1822 noch wesentlich erleichtert worden war, abermals verschärften.

Etwa zeitgleich nahm die Auswanderung nach Nordamerika zu. Die Mehrzahl der Emigranten stammte aus der Pfalz und aus Franken. Erst die Industrialisierung Bayerns seit Mitte des 19. Jahrhunderts sorgte für neue Beschäftigung.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Europa mehrmals von der Cholera heimgesucht. 1830 und 1836/37 erfasste sie das Königreich Bayern. 1846/47 gab es nach Missernten in ganz Deutschland eine letzte große Hungerkrise.

Landwirtschaft im Vormärz

Wirtschaft und Gesellschaft Bayerns blieben noch das ganze 19. Jahrhundert von der Landwirtschaft geprägt. Um 1840 hatte die bäuerliche Bevölkerung noch einen Anteil von über 65 Prozent. Die Konstitution von 1808 hatte die bäuerliche Leibeigenschaft beseitigt; 1798 war sie bereits in der Rheinpfalz abgeschafft worden. Die Reformgesetze der 1820er Jahre hoben zugunsten der Bauern Flurzwang, Gesindezwang, Gemeineigentum und Gebundenheit der Güter auf und führten eine gleichmäßige Grundsteuer ein.

Dagegen blieben bis 1848 noch die Abgabelasten der Bauern an ihre Grundherren bestehen, bis 1852 auch die Abgaben für die Nutzung der Forsten. Die Landwirtschaft stand noch vor der Technisierung durch Dampfmaschinen, die in der zweiten Jahrhunderthälfte in Bayern Einzug hielt.

Die frühe Industrie in Bayern

Die Industrie beschränkte sich auf die Zentren Augsburg und Nürnberg, Oberfranken und die Rheinpfalz. Um 1820 gab es im rechtsrheinischen Bayern lediglich 50 Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten. Der bayerische Staat besaß die Salinen in Reichenhall und Traunstein, in Berchtesgaden sowie im unterfränkischen Bad Kissingen. Seit 1810 wurde auch in Rosenheim Salz gewonnen. Zu Staatsbetrieben zählten auch die ersten Hochöfen des Landes in der Oberpfalz. Die Kohlebergwerke in der Rheinpfalz und in Oberfranken blieben teils in staatlicher Hand, teils wurden sie von Privatleuten übernommen.

Seine wichtigsten Einnahmen erhielt der Staat aus der Grundsteuer, die überwiegend von der Landwirtschaft getragen wurde. Die Gewerbesteuer machte damals kaum ein Zehntel des direkten Steueraufkommens aus. Die bedeutendste indirekte Steuer war der Aufschlag auf Malz, der den Bierkonsum betraf. Die Bierproduktion erwirtschaftete damals den größten Umsatz. Ähnlich bedeutend war der Getreidehandel, der sich vor allem innerhalb Bayerns abspielte und für den ein dichtes Netz an Schrannen entstand. Der Zollverein mit Württemberg 1828 sowie seit 1834 der Deutsche Zollverein mit den meisten deutschen Staaten außer Österreich erschlossen immer größere Märkte.

Staatliche Hilfen und Kontrollen

Ludwig I. hegte große Vorbehalte gegen die Industrialisierung des Landes. Er fürchtete die Risiken einer Proletarisierung – Armut und Arbeitslosigkeit würden eine neue Revolution heraufbeschwören. Der Schwerpunkt von Ludwigs Wirtschaftspolitik lag daher auf Sicherungs- und Schutzmaßnahmen für die heimische Ökonomie. Dazu zählte die 1828 gegründete Ludwigs-Stiftung zur Unterstützung von Gewerbetreibenden. 1836 wurde die „Königliche Gewerbe-Beförderungs-Anstalt“ ins Leben gerufen. Sie gewährte Investitionshilfen für Handwerker und prämierte herausragende Erfindungen.

1842 erging eine königliche Verordnung zur Bildung von Handelskammern in jedem Kreis. Diese Gremien unterstanden dem Ministerium des Innern, bevor 1848 ein eigenes Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten geschaffen wurde. Die Mitglieder der Kammern wurden vom Köng ernannt, berieten die Krone in Fragen der Wirtschaft und des Verkehrs und konnten mit der Durchführung von hoheitlichen Maßnahmen betraut werden. Die Handelskammern deckten zunächst alle Bereiche des Handels, des Handwerks und der Industrie ab. Erst 1848 entstanden eigene Gewerbekammern.

Königin Therese widmete sich ihrerseits der Volkswohlfahrt und Armenfürsorge. Bereits 1827 stiftete sie den „königlichen Theresien-Orden“, der unverheirateten Frauen ein Auskommen sicherte. 1834 übernahm sie die Schirmherrschaft über den „Frauenverein für Kleinkinderbewahranstalten“. 1840 wurde die Arbeit von Kindern unter neun Jahren in Fabriken gesetzlich untersagt.

Zu den großen Vorhaben des Liberalismus zählte die Abschaffung des Zunftzwangs und die Durchsetzung der Gewerbefreiheit. In der Rheinpfalz bestand schon seit 1816 allgemeine Gewerbefreiheit, die unter französischer Herrschaft eingeführt worden war. 1825 wurde in Bayern ein Gewerbegesetz verabschiedet. Zulassung und Ausbildung unterlagen seither der staatlichen Aufsicht, für die Organisation im einzelnen sorgten Gewerbevereine. Manche Gewerbe blieben dagegen innungs- und konzessionsfrei. 1834, angesichts einer Verschlechterung der Wirtschaftslage, band die Bayerische Gewerbeordnung die Vergabe von Konzessionen wieder an strengere Auflagen.

Industrie- und Landwirtschaftsfeste

In der Zeit Ludwigs I. wurden regionale und landesweite Ausstellungen für Handwerk, Landwirtschaft und Industrie üblich. Das Münchner Oktoberfest zum Gedenken an die Hochzeit Ludwigs und Thereses von 1810 hatte sich bereits in den Folgejahren als bayerisches Zentral-Landwirtschaftsfest etabliert.

Die Verbindung von Königsbesuch, Festumzug, Volksfest und wirtschaftlicher Leistungsschau machte seit Ludwigs Regierungsantritt im ganzen Land Schule. Seit dem Besuch des Königspaars im Oktober 1826 in Nürnberg wurde dort alljährlich das „große Nationalfest“ abgehalten, das sich zu einem „wahren Kunst-, Industrie- und Landwirthschaftsfeste“ entwickelte. 1830 bot der Besuch von Ludwig und Therese in Regensburg Gelegenheit zu mehrtägigen Feiern und Festakten. 1833 fand das erste „Theresien-Volksfest“ in Bamberg statt.  Dem Beispiel Nürnbergs folgte die Stadt Ansbach 1838 mit Einführung eines eigenen „Theresienfestes“.

Private Unternehmen

Zur selben Zeit begann der Aufstieg vieler namhafter Unternehmen in Bayern. 1836 gründete der aus Böhmen stammende Franz Steigerwald mit der Glashütte „Theresienthal“ eine erste Kristallglasfabrik, die sich bald internationales Renommee erwarb. Im selben Jahr nahm die „Augsburger Kammgarn-Spinnerei“ (AKS) als Bayerns erste Textilfabrik moderner Prägung den Betrieb auf. Im Jahr darauf begann die „Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei“ in Augsburg (SWA) ihre Produktion. 1837 wurde ebenfalls die Maschinenfabrik Klett in Nürnberg gegründet. Josef Anton von Maffei eröffnete zur selben Zeit das Hammerwerk in München zum Bau von stationären Dampfaggregaten und Lokomotiven. Damit traten große, moderne Fabriken an die Stelle der herkömmlichen Manufakturen.

Handelspolitik und Infrastrukturmaßnahmen

Ludwigs wirtschaftspolitische Projekte muten teils utopisch an, so der Plan einer Handelskompagnie für Süd- und Mittelamerika sowie einer festen Handelsverbindung zwischen Bayern und Griechenland. Weitsicht bewies seine Regierung, indem sie den Deutschen Zollverein von 1834 mitinitiierte und durch die Münzverträge im Deutschen Bund seit 1838 die spätere Währungsunion des Deutschen Reichs vorbereitete. Seit den 1830er Jahren wurden immer mehr bayerische Handelsvertretungen (Konsulate) im Deutschen Bund, in Europa und Übersee eingerichtet.

Nach 1834 ließ der König das durch einen Brand zerstörte Salzbergwerk in Reichenhall wieder aufbauen. Mit der neuen „Alten Saline“ ging die Soleleitung nach Berchtesgaden von 1816 wieder in Betrieb, eine technologische Meisterleistung der damaligen Zeit.

Der Bau einer Wasserstraße „von der Donau zum Maine“ war Ludwigs eigene Idee. Von 1836 bis 1845 entstand der Ludwig-Donau-Mainkanal, fast ausschließlich mit staatlichen Mitteln gebaut. Dagegen versagte der König der Entwicklung des Eisenbahnbaus anfangs seine Unterstützung. Die erste reguläre Verkehrsstrecke zwischen Nürnberg und Fürth, 1835 in Betrieb genommen, war noch von privaten Aktionären finanziert worden. Danach erst setzte die Regierung den Bau des Streckennetzes fort. 1843 begann der Bau der „Ludwig-Süd-Nord-Bahn“ als erster Staatsbahnstrecke.

Damals übernahm der bayerische Staat auch den Ausbau der Rheinschanze nahe Mannheim zum späteren Industrieort Ludwigshafen.

Technik und Erfindungen

Die Zeit des Vormärz in Bayern brachte viele technische Erfindungen hervor. Joseph von Baader hatte schon 1825 eine Versuchseisenbahn im Park von Schloss Nymphenburg betrieben. Carl August Steinheil und Franz Kobell stellten 1839 die ersten Fotografien im Negativverfahren her. Steinheil entwickelte auch ein Gerät zur exakten Messung der Stammwürze für Bier. 1844 wurde in München ein Feuermelder auf dem Turm von St. Peter installiert.

Franz Hanfstaengl gelang die massenhafte Reproduktion von Lithografien. In den Jahren 1844 bis 1849 goss Ferdinand von Miller die „Bavaria“ für die Ruhmeshalle über der Münchner Theresienwiese, nach Entwürfen Ludwig von Schwanthalers – ein Triumph der damaligen Gusstechnik, der die erste Monumentalplastik der Moderne hervorbrachte.