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Maximilian I. Joseph

 

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Die innere Politik 1825–1848

Bayerischer Kreis- und Stadtgerichtsdirektor und -assessor (um 1840) Erinnerungsblatt zur königlichen Proklamation vom 6. März 1848
Feierliche Auffahrt von König Ludwig I. zur Eröffnung der Ständeversammlung vor dem Landständehaus in München (1827) Geschichtskonventionstaler auf den Regierungsantritt König Ludwigs I. von Bayern am 13. Oktober 1825
Geschichtskonventionstaler auf die Einweihung der Verfassungssäule bei Gaibach (1828) Geschichtskonventionstaler auf die Stiftung des Ludwigs-Ordens (1827)
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Ludwig I. war bereits als Kronprinz lange und intensiv auf die Übernahme der Herrschaft vorbereitet worden. Bei seinem Regierungsantritt im Oktober 1825 ruhten viele Hoffnungen auf dem neuen König und seinen Reformzielen.

Ludwig ordnete auf dem Landtag von 1827/28 die Aufhebung der Pressezensur für innenpolitische Themen an. Auch die Verwaltung wurde stark vereinfacht. Eine vom König persönlich geleitete Staatsschuldenkommission suchte nach Abhilfe gegen den drohenden Staatsbankrott. Von Beginn an verfolgte der König eine strenge Sparpolitik, die er bis zum Ende seiner Regierung beibehielt. Auch das Steuerrecht wurde reformiert. Um 1831 gelang die Wende in der Haushaltspolitik, die Staatsschulden wurden seitdem schrittweise verringert.

Vormärz und Revolutionsangst

Die Ära Ludwigs I. (1825–1848) fällt in die Zeit des „Vormärz“, der langen Phase zwischen dem Wiener Kongress von 1814/15 und der Märzrevolution von 1848. In diesen Jahrzehnten forderte das Bürgertum in Deutschland mehr Mitbestimmung, Freiheitsrechte und ein gewähltes nationales Parlament.

Bayern gehörte zwar zu den fortschrittlichen Staaten, seine Verfassung von 1818 gewährte viele Rechte und die „Ständeversammlung“ (seit 1848: „Landtag“) bot Ansätze zur Demokratisierung der Gesellschaft. Dennoch ging auch hier die Angst vor Revolution um, beim König wie bei seinen Staatsbeamten. Das Königreich hatte zudem Rücksicht auf die Lage in den übrigen Staaten des Deutschen Bundes zu nehmen.

Das Jahr 1832

Im Frühjahr 1832 erreichten die Demonstrationen gegen die bestehende Ordnung einen Höhepunkt.  Am 27. Mai fanden überall im Königreich Volksfeste zum Jahrestag der bayerischen Verfassung von 1818 statt, so etwa in Regensburg, in Städten Frankens, Schwabens und der Pfalz.

Im unterfränkischen Gaibach bei Volkach gab es ebenfalls eine Konstitutionsfeier. Die Festgemeinde versammelte sich dort um das Monument des Grafen Franz Erwein von Schönborn-Wiesentheid (1776–1840), die Gaibacher Konstitutionssäule. Das Denkmal, von Leo von Klenze (1784–1864) erbaut, war 1828 fertiggestellt worden. Ludwig hatte 1821 als Kronprinz an der Grundsteinlegung teilgenommen.

Auf der Feier von 1832 gehörte der Würzburger Bürgermeister Wilhelm Joseph Behr (1775–1851) zu den Hauptrednern. Behrs Appell an den König, die Verfassungsrechte zu erweitern und seine Kritik am monarchischen Prinzip führten zu seiner Verurteilung. Von 1832 bis 1848 verbüßte Behr eine Haft in der Veste Oberhaus in Passau.

In der Pfalz herrschte schon seit längerem Empörung über die rechtlichen Zustände unter der Krone Bayern. Liberale Aktivisten fürchteten den Verlust der freiheitlichen Institutionen, die der Pfalz aus der Franzosenzeit erhalten geblieben waren.

Der Publizist und Verleger Johann Georg August Wirth (1798–1848) wurde 1832 angesichts seiner regierungskritischen Schriften wegen Hochverrats angeklagt, ein Schwurgericht in Zweibrücken sprach ihn im April 1832 jedoch frei. Das gab den Pfälzer Liberalen und Demokraten Anlass zu einer öffentlichen Demonstration. Der Landkommissar von Homburg, Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789–1845), rief für den 27. Mai zu einem Zug auf das Schloss Hambach bei Neustadt a.d. Weinstraße auf.

Viele tausend Anhänger der Freiheitsbewegung schlossen sich dem Aufruf an. Auf der Kundgebung wurde ein deutscher Nationalstaat gefordert, ebenso die Gründung eines europäischen Völkerbundes. Daneben war von einer künftigen Republik die Rede. Trotz seines friedlichen Verlaufs wurden auf dem „Hambacher Fest“ somit auch revolutionäre und antimonarchische Parolen laut.

Ludwig I. reagierte mit Zwangsmaßnahmen. Die Pressefreiheit wurde wieder zurückgenommen, die Ständeversammlung in ihren Mitbestimmungsrechten eingeschränkt. Bayern schloss sich nun der harten Linie des Fürsten Metternich (1773–1859) an, der im Deutschen Bund vorschlug, die Freiheitsrechte in den Verfassungen der deutschen Staaten zurückzunehmen. König Ludwig entsandte den Fürsten Wrede (1767–1838) mit Truppen in die Pfalz. Die Wortführer des Hambacher Fests flohen entweder nach Frankreich oder gerieten in Haft. Seitdem hielt Ludwig an einem strengen Vorgehen gegenüber jeder Art von Opposition fest.

Ludwigs Integrationspolitik

Die Regierung Ludwigs I. von Bayern war eine Umbruchszeit. Es gab noch kein ausgereiftes Verständnis von einer konstitutionellen Monarchie, dem Wechselspiel zwischen Königtum und Verfassungsstaat. Daher fällt auch die Bilanz von Ludwigs Innenpolitik uneinheitlich aus.

Im Vordergrund stehen die Maßnahmen und Erfolge bei der Integration des neuen Bayern. Ludwig ließ viele Klöster und Stifte restituieren. Damit wies er Kirche und Religion wieder einen Platz im öffentlichen Leben zu und übte Wiedergutmachung angesichts des Flurschadens, den die Säkularisation von 1802/03 hinterlassen hatte.

Er förderte den deutschen Nationalgedanken wie auch die regionalen Identitäten innerhalb des neuen Bayern. Ludwigs Bau- und Denkmalpolitik schuf Bezugspunkte für ein nationales Gedächtnis und Einheitsbewusstsein. Ein von ihm überlieferter Ausspruch: „Wir wollen Teutsche sein und Bayern bleiben!“ bringt es auf den Punkt.

Die Neueinteilung und Umbenennung der Kreise Bayerns 1837/38 nach Stämmen (Ober- und Niederbayern, Pfalz, Franken, Schwaben) betonte die Eigenwertigkeit aller Landesteile. Bereits 1835 waren eine neue königliche Titulatur und ein neues Staatswappen eingeführt worden, das alle historischen Stämme des neuen Königreichs abbildete. Auch das historische Vereinswesen, von Ludwig initiiert, sollte die Vielfalt der Regionen erforschen und bewahren.

Der König berief viele Spitzenbeamte aus Franken, Schwaben und der Pfalz und formte eine neue Führungsschicht, indem er u.a. hohe Beamte und Vertreter des Wirtschaftsbürgertums in den Adelsstand erhob.

Der Herrschafts- und Regierungsstil Ludwigs I. 

Diese Entscheidungen traf der König allerdings alleine, statt im Austausch mit den politischen Kräften des Landes. Das entsprach seinem Staats- und Herrschaftsverständnis, dem Vorrang des „monarchischen Prinzips“, wonach die Staatsgewalt vom Landesherrn ausgehe, nicht vom Volk, und der König maximalen Gestaltungsspielraum für seine Politik behalten müsse.

Ludwig I. beachtete die Verfassung, an der er als Kronprinz mitgewirkt hatte. Er wollte sich jedoch nicht von ihr einschränken lassen. Daher hielt er Distanz zu den beiden Kammern des Landtags, ebenso wie zu seinen Ministern. Unter Ludwig I. taten sich Männer wie Armansperg, Schenk, Oettingen-Wallerstein und vor allem Abel hervor. Der König betrachtete diese Minister allerdings nur als Gehilfen seiner Politik, nicht als selbständige Köpfe.

Um in manchen Bereichen freie Hand zu behalten, setzte er 1834 eine permanente Zivilliste durch, einen festen Posten im Staatshaushalt, über dessen Mittel er frei verfügen konnte.

Ludwigs Regierungsstil, die „Personalisierung“ des Königtums, machte ihn lange Zeit populär, auf Dauer jedoch angreifbar. In der Spätphase seiner Regierung verlor der König oft das Augenmaß für die politischen Folgen seines Handelns. Für Ludwig „dessen höchste Lust es war, zu herrschen“ (Max Spindler), wurde die Behauptung seines Willens wichtiger als der Dienst am Gemeinwohl.

Seine einseitige Hinwendung zum Katholizismus, den er als Bollwerk gegen die liberalen Ideen ansah, verstieß gegen den überkonfessionellen Anspruch des Königtums. Der „Kniebeugeerlass“ von 1838 geriet zum Skandal für die protestantischen Eliten in Bayern.

Die Vorgänge um Lola Montez

1846–1848 entwickelte sich die Affäre um die Tänzerin Lola Montez, die Mätresse und Vertraute des Königs, zur Staatskrise. Die Vorgänge fügten dem Königtum Ludwigs irreparablen Schaden zu. Sie zeigen zumal, wie gering der innenpolitische Spielraum des Königtums im 19. Jahrhundert war. Im Verlauf der Krise um Lola Montez büßte der Monarch seine Autorität gegenüber Adel und Öffentlichkeit, Ministern und Ständeversammlung ein. Ludwig zog es schließlich vor, abzudanken, anstatt seinen Regierungsstil und seine Rolle als Herrscher zu ändern. 

Ludwig wollte Lola Montez unter allen Umständen in die adelige Gesellschaft einführen. Sie stieß jedoch durchweg auf Ablehnung. Sie galt als zügellos und verkündete lauthals, wie sehr ihr der König dienstbar sei. Keine Gemeinde in Bayern war bereit, ihr das Heimatrecht (Indigenat) zu verleihen, das Voraussetzung war, damit der König sie adeln konnte. Ludwig konnte ihr das Heimatrecht aber auch per Dekret verleihen. Dazu musste freilich der Staatsrat zustimmen, insbesondere der Innenminister, Karl von Abel. Der weigerte sich, und wurde daraufhin vom König entlassen.

Ludwig ernannte nun den Rechtsgelehrten Georg Ludwig von Maurer zum Innenminister. Die neue Regierung wurde als „Ministerium der Morgenröte“ bezeichnet, wegen ihrer Aufgeschlossenheit für liberale Reformen. Maurer machte den Weg frei für eine Erhebung der Montez in den Adelsstand. Als Gräfin Landsfeld wurde sie jedoch ebenso gemieden wie vor ihrer Nobilitierung. 

Der König entließ daraufhin auch Maurer, der sich geweigert hatte, mit der Gräfin Landsfeld gesellschaftlich zu verkehren. Als neuer Leiter des Innenministeriums kehrte im Dezember 1847 Ludwig Fürst zu Oettingen-Wallerstein auf die politische Bühne zurück – auch er liberalen Ideen aufgeschlossen, ganz anders als der König, der damit bewies, wie beliebig er inzwischen sein politisches Personal auswählte.

Der König ignorierte alle Bedenken und ging gegen seine Kritiker mit übertriebener Härte vor. Seit Frühjahr 1847 häuften sich die Proteste von Bürgern und Studenten in München gegen die Gräfin Landsfeld. Ludwig bezog die Demonstrationen auf seine Person, wodurch die Affäre weiter eskalierte. Im Februar 1848 ließ er die Universität in München schließen, ein übereilter Schritt, der sogleich wieder zurückgenommen wurde. Auf Druck der Öffentlichkeit und der königlichen Familie wurde Lola Montez des Landes verwiesen. 

Die Märzereignisse von 1848 und Ludwigs Abdankung

Die persönliche Verbitterung Ludwigs wirkte noch nach, als sich in München die Märzunruhen abspielten. Sie waren Teil der damaligen Revolution, die alle deutschen Staaten erfasste. In Bayern verliefen die Unruhen allerdings so gut wie unblutig. Seit Ausgang der Affäre um Lola Montez brachen die Kundgebungen in München nicht mehr ab.

König Ludwig wurde am 3. März mit öffentlichen Aufrufen konfrontiert, umgehend weitere Reformen und Freiheiten zuzulassen. Während es dem Prinzen Carl gelang, einen bewaffneten Aufstand in München abzuwenden, versprach der König in der sogenannten „Märzproklamation“ vom 6. März weitreichende Reformen auf dem kommenden Landtag. Lola Montez kehrte unterdessen nach München zurück, mit Wissen des Königs. Ludwig wurde gezwungen, sie abermals auszuweisen.

Am 11. März entließ Ludwig seinen Innenminister Oettingen-Wallerstein, der die Proteste der Bürger in München unterstützt hatte, womöglich auch, um sie vor Gewaltausbrüchen zu bewahren. Auch die Märzproklamation Ludwigs trug die Handschrift Oettingen-Wallersteins. Obgleich keine akute Notwendigkeit zum Rücktritt bestand, fühlte sich der König nicht mehr als Herr des Geschehens. Die Märzproklamation und ihr Versprechen weitreichender Reformen waren ihm aufgezwungen worden.

Erneut machte Ludwig I. die Lage von Staat und Gesellschaft zu einer Frage seiner eigenen Person. Weil er die jüngsten Entwicklungen als Folge seiner Verfehlungen gegen sein Amt ansah – und dabei die Revolution in Frankreich, Italien und anderen Teilen Deutschlands und ihre Wirkung auf Bayern ausblendete –, wählte er den freiwilligen Rücktritt. Dies sollte noch einmal seine Souveränität demonstrieren. Am 19. März überließ er seinem Sohn Maximilian den Thron.