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Ludwig II.

 

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Karikatur auf die Klostersäkularisation in Bayern

um 1803

Federzeichnung, um 1803

Im Mittelpunkt dieser Karikatur steht ein Denkmal mit dem Adler als Symbol des Alten Reichs. Der bayerische Löwe verdrängt den Adler und stellt an die Stelle des Reichswappens die bayerischen Rauten. Neben dem Denkmal stehen ein bayerischer Soldat und ein staatlicher Kommissär, die die Ablieferung der Klostervermögen beaufsichtigen. Von allen Seiten schaffen Angehörige der verschiedenen Orden Truhen, Geldsäcke und Kirchengerät heran. Die Abgabe von Werkzeugen, wie Harke, Spaten und Anglergerät könnte auf den Verlust von Fischerei- und Landrechten hinweisen.

Die Karikatur ist eine Anspielung auf den Reichsdeputationshauptschluss von 1803. In diesem Beschluss des Regensburger Reichstags wurde die Aufhebung von geistlichen Herrschaften, die bisher unter dem Schutz des Reichsrechts gestanden hatten, gebilligt. Die Gebiete fielen samt Vermögen an weltliche Staaten, die aufgrund des Friedens von Lunéville (1801) Besitz auf dem linken Rheinufer an Frankreich verloren hatten. Bayern, als einer der begünstigten Staaten konnte sich 1803 19 Herrschaften einverleiben:

- Sechs Hochstifte: Augsburg, Bamberg, Freising und Würzburg (ganz) sowie Eichstätt und Passau (teilweise)- 13 Reichsabteien/Fürststifte: Ebrach, Elchingen, Irsee, Kaisheim, Kempten, Ottobeuren, Roggenburg, Söflingen (Ulm), St. Ulrich und Afra in Augsburg, Ursberg, Waldsassen, Wengen (Ulm) und Wettenhausen

Dadurch gewann Bayern vor allem umfangreiche Gebiete in Schwaben und Franken. Auch innerhalb des alten bayerischen Herrschaftsgebiets wurden 1803 die landständischen Klöster säkularisiert. Bereits ein Jahr zuvor waren die nicht landständischen Klöster (ca. 90 Klöster der Bettelorden), die direkt der landesherrlichen Verfügungsgewalt unterstanden, aufgehoben worden. Montgelas, der leitende Minister von Kurfürst Max IV. Joseph, hatte dies bereits 1796 in einer Denkschrift gefordert.

Die erhofften hohen Gewinne für den bayerischen Staat blieben aus, da den Angehörigen der aufgehobenen Klöster (ca. 4.500 Mönche und Nonnen) Pensionen in Höhe von etwa einer Million Gulden gezahlt werden mussten. Ferner konnten bei Versteigerungen für säkularisiertes Klostergut aufgrund des Überangebots keine hohen Preise erzielt werden. Mittelfristig stiegen aber die Einnahmen des bayerischen Staats stark an, da die grundherrlichen Abgaben der ehemaligen Klosterhintersassen nun an das Finanzministerium in München abgeführt wurden. Diese machten 25% der bayerischen Staatseinkünfte aus.

Bayern war bezüglich der skizzierten Maßnahmen kein Einzelfall. Zwischen 1782 und 1787 hob Kaiser Joseph II. in der Donaumonarchie fast 800 Klöster auf. Auch in den geistlichen Fürstentümern wurden in den 1780er Jahren erste Säkularisationsmaßnahmen, meist zugunsten von Universitäten und Schulen durchgeführt. Eine Totalsäkularisation wie in Bayern, d.h. die Aufhebung aller Klöster eines Landes, fanden jedoch erstmals in Frankreich im Zuge der Französischen Revolution statt.

Klöster galten den Aufklärern als rückständige Relikte des Mittelalters, als Hort des Aberglaubens. Aber auch andere Motive kamen bei der Säkularisation zum tragen. Während des Zweiten Koalitionskriegs (1798/99-1801/02) betrugen die bayerischen Staatseinnahmen nur 60% der Ausgaben. Neben diesen finanziellen Erwägungen bestand zudem der Wunsch ein geschlossenes Territorium, über das der Staat die volle Verfügungsgewalt haben sollte, zu schaffen. Die bayerischen Klöster hatten die Grundherrschaft über 56% der Bauernhöfe des Landes innegehabt. Dieser Boden fiel nun an den bayerischen Staat. Auch der umfangreiche ehemalige klösterliche Waldbesitz - er macht heute etwa ein Drittel der bayerischen Staatsforsten aus - warf beträchtliche Gewinne für die Staatskasse ab.

Die Folgen der Säkularisation, der auf dem Gebiet des heutigen Bayern 74 Stifte und 93 Ordensniederlassungen zum Opfer fielen, müssen differenziert gesehen werden. Auf dem Land kam es zu einer "geistigen Verödung" (Andreas Kraus), da alle aufgehobenen Klöster Schulen unterhalten hatten. Dort waren begabte Bauernkinder auch für den Besuch der Gymnasien, der den Aufstieg in die Beamtenschaft oder im Kirchendienst nach sich ziehen konnte, vorbereitet worden. Ferner schlug auf kulturellem Gebiete zu Buche, dass nicht alle wertvollen Bücher aus den klösterlichen Bibliotheken in staatliche Archive überführt wurden, sondern teils zu Schleuderpreisen versteigert wurden. Auch verschwanden mit der Aufhebung der Klöster in ganz Bayern Stätten von Musik und Kultur. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war Forschung und Wissenschaft in großem Stil nur noch in der Hauptstadt München möglich. Das katholische Bildungsdefizit des 19. und 20. Jahrhunderts hat hier seine Wurzeln (Hans-Michael Körner).

Durch die Zerstörung einer jahrhundertealten Klosterlandschaft verloren die Beschäftigten der Klöster (Diener, Handwerker, Verwaltungspersonal) und zahlreiche Handwerker und Baumeister, die auf Kirchenbauten spezialisiert waren, ihren Lebensunterhalt.

Auf politischem Gebiet konnte Montgelas durch die Säkularisation einen modernen, durchorganisierten und zentralistischen Staat errichten, in dem die Partikulargewalten der Klöster ausgeschaltet waren.

Kirmeier, Josef/Treml, Manfred (Hg.): Glanz und Ende der alten Klöster. Säkularisation im bayerischen Oberland 1803, München 1991.

Kraus, Andreas: Geschichte Bayerns, München 3. Auflage 2004.

Körner, Hans-Michael: Geschichte des Königreichs Bayern, München 2006.

Künstler, Ersteller / Fotograf: unbekannt
Lageort: Nürnberg, Stadtgeschichtliche Museen
Copyright: Nürnberg, Stadtgeschichtliche Museen