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Maximilian II.

 

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Die „Pfalzfrage“

Allegorie auf den Vertrag von Ried vom 8. Oktober 1813 Vertrag von Ried, 8. Oktober 1813, französisch-russischer Text (Transkription), Seite 01
Vertrag von Ried, 8. Oktober 1813, französisch-russischer Text (Transkription), Seite 02 Vertrag von Ried, 8. Oktober 1813, französisch-russischer Text (Transkription), Seite 03
Vertrag von Ried, 8. Oktober 1813, französisch-russischer Text (Transkription), Seite 04 Vertrag von Ried, 8. Oktober 1813, französisch-russischer Text (Transkription), Seite 05
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Die „Pfalzfrage“ war einer der Streitpunkte, die auch nach der territorialen Neuordnung Deutschlands nach dem Wiener Kongress von 1814/15 bestehen blieben. Noch König Ludwig I. hat versucht, eine Änderung des Status quo herbeizuführen.

Mit dem Zusammenbruch des napoleonischen Empire gelangten Gebiete links des Rheins wieder an deutsche Herrscher. So verhielt es sich auch mit der Rheinpfalz, die bis dahin Teil Frankreichs gewesen war und nun an das Königreich Bayern ging. Bayern hatte sich 1813 von Napoleon als Bündnispartner abgewandt und der Koalition europäischer Mächte gegen Frankreich angeschlossen, darunter auch das benachbarte Österreich. In einer Reihe von Abkommen (Vertrag von Ried vom 8. Oktober 1813, Pariser Konvention vom 3. Juni 1814, Eventualvertrag vom 23. April 1815, Münchner Vertrag vom 14. April 1816) verglichen sich Bayern und Österreich über eine neue Grenzziehung.

Bayern trat Tirol und Vorarlberg, das Inn- und das Hausruckviertel sowie Salzburg an Österreich ab. Im Gegenzug wurde es mit Gebieten links des Rheins entschädigt. Das Ergebnis war die bayerische Rheinpfalz, die anfangs umständlich als „bayerische Lande am Rhein“ oder „Überrhein“ bezeichnet wurde, ehe sie 1817 den Namen „Rheinkreis“ erhielt und seit 1838 als Kreis „Pfalz“ firmierte. Wie auf der Karte zu sehen, stimmte das Gebiet nur annähernd mit den Territorien überein, die die Wittelsbacher bis zum Frieden von Lunéville 1801 am mittleren Rhein besessen hatten. Die Rheinpfalz bildete jedoch eine Exklave, sie blieb vom übrigen Staatsgebiet Bayerns getrennt.

Von bayerischer Seite war schon früh versucht worden, eine Landverbindung zwischen Bayern und Pfalz herzustellen. Bayern berief sich auf die Zusage Österreichs im Vertrag von Ried, es werde auch künftig ein zusammenhängendes Staatsgebiet behalten (Grundsatz der „Kontiguität“). Überdies hatte Österreich in einem Abkommen vom 23. April 1815 (mit Billigung der übrigen Großmächte England, Frankreich, Russland und Preußen) Bayern das Recht auf die Erbfolge in der badischen Pfalz zugesagt. Bayern besaß Erbansprüche gegenüber Baden, Königin Karoline, die zweite Gemahlin Max Josephs, war eine badische Prinzessin. Der Erbfall schien nicht abwegig, denn im Haus Zähringen würde auf die Großherzöge Karl (reg. 1811–1818) und Ludwig (reg. 1818–1830) nur deren nächster Verwandter Leopold folgen. Dieser entstammte einer unstandesgemäßen Ehe Großherzog Karl Friedrichs mit Karoline von Geyersberg (späterer Gräfin Hochberg), sein Erbrecht war daher zweifelhaft. Der Vertrag vom April 1815 hielt Bayern allerdings dazu an, sich mit Baden, Württemberg und Hessen zu einigen. Keiner dieser Staaten willigte in das Abkommen ein.

Inzwischen hatte Bayern Tirol, das Inn- und Hausruckviertel sowie Salzburg an Österreich abgetreten und im Gegenzug die Pfälzer Gebiete links des Rheins erhalten. Sie hatten bis dahin unter österreichischer Verwaltung gestanden. Der Münchner Staatsvertrag vom 14. April 1816 sah vor, dass eine Militärstraße für bayerische Truppen durch das nördliche Baden zwischen Würzburg und Frankenthal geschaffen werden sollte. Überdies sollte der Main- und Tauberkreis von Baden an Bayern übergehen. Ein vollständiger Gebietszusammenhang zwischen Bayern und Pfalz wäre dadurch jedoch nicht zustande gekommen. Mit dem Münchner Vertrag von 1816 verzichtete Bayern damit sinngemäß auf den Grundsatz der „Kontiguität“ seines Staatsgebiets. Weil Baden die Gebiete an Main und Tauber nicht abtrat und der Einrichtung einer Militärstraße nicht nachkam, erhielt Bayern von Österreich eine jährliche Zahlung von 100 000 Gulden als Entschädigung. Diese Regelung galt bis auf weiteres.

Auf dem Papier bestanden seit 1816 folgende Verpflichtungen Badens gegenüber Bayern: Abtretung der badischen Pfalz beim Aussterben der Zähringer in direkter männlicher Linie; Abtretung des Amtes Wertheim; Einrichten einer Militärstraße zwischen Würzburg und Frankenthal; Abtretung des Main- und Tauberkreises. Der Münchner Staatsvertrag war jedoch ganz ohne Zutun Badens ausgehandelt worden. Er stand zudem auf tönernen Füßen, solange ihn die europäischen Großmächte nicht unisono anerkannten. Russland und England lehnten die Ansprüche Bayerns ab. Auf Russland konnte Baden dabei dank seiner Verschwägerung mit dem Zaren bauen. Der Territorialausgleich zwischen Bayern und Österreich hatte einen Streit zwischen Bayern und Baden losgetreten, den die europäischen Mächte zu schlichten hatten.

Auf dem Kongress in Aachen im Herbst 1818 suchte die Staatengemeinschaft nach einer Lösung. Der Kongress beschloss am 18. November, die für Baden nachteiligen Bestimmungen des Münchner Vertrages zu annullieren. Nach Frankfurt am Main wurde eine Kommission einberufen, um eine neue Regelung auszuarbeiten. Das Ergebnis der Kommission wurde von den betroffenen deutschen Staaten im Frankfurter Territorialrezess vom 20. Juli 1819 angenommen. Dieser Abschied fasste noch einmal alle Gebietsveränderungen zusammen, die seit dem Zweiten Pariser Frieden von 1815 stattgefunden hatten. Dabei wurde auch das Nachfolgerecht Leopolds in Baden anerkannt. Bayern machte damit keine weiteren Ansprüche auf die badische Pfalz geltend und verzichtete ebenso auf den Main- und Tauberkreis. Die vorläufige Entschädigung Österreichs an Bayern, 100 000 Gulden pro Jahr, wurde in eine dauerhafte Zahlung umgewandelt. Gleichzeitig richtete Bayern ein Protestschreiben an die Großmächte, wonach es dem Frankfurter Rezess zwar Folge leiste, ihn aber rechtlich nicht anerkenne.

König Max I. Joseph und seine Regierung haben nach 1819 nichts mehr unternommen, den Grenzverlauf zwischen Bayern und Baden anzutasten. Dagegen griff Ludwig I. die Problematik erneut auf. Sein Ziel blieb die Herstellung einer Landbrücke zwischen Bayern und seiner Pfälzer Heimat. Ludwig hätte nichts lieber gesehen, als Heidelberg und Mannheim, die alten Kurpfälzer Residenzen der Wittelsbacher, mit dem Königreich zu vereinen. Er hielt dies für legitim angesichts der Besitzstände seines Herrscherhauses vor der Neuordnung durch Napoleon sowie der vertraglichen Zusicherungen an Bayern.

Konkret machte Ludwig geltend, Bayern müsse für die Grafschaft Sponheim entschädigt werden. Die Grafschaft war im 18. Jahrhundert zwischen Kurpfalz, Pfalz-Zweibrücken und Baden geteilt worden, ehe sie an das revolutionäre Frankreich gefallen war. Auf dem Wiener Kongress wurde Sponheim dem Königreich Preußen zugeschlagen, das zwar Baden dafür entschädigte, Bayern jedoch keinen Ausgleich gewährte. Ludwig berief sich auf die fehlende Entschädigung. Die Beziehungen zwischen München und Karlsruhe blieben angespannt.

König Ludwig mögen sowohl dynastisch-rechtliche Ansprüche als auch persönliche Motive bewogen haben, die rechtsrheinische Pfalz für Bayern zu gewinnen. Für dieses Vorhaben hielt er sich wahlweise an Österreich oder Preußen als Verbündete oder Vermittler. Neben dem Engagement in Griechenland war die „Pfalzfrage“ für Ludwig einer der Hauptpunkte seiner äußeren Politik.

Ludwigs Ambitionen auf die rechtsrheinischen Pfälzer Gebiete mochten bereits zu ihrer Zeit kurios anmuten, wie eine Episode aus der Spätzeit des Absolutismus, als Fürsten die Teilung oder den Tausch ganzer Länder vornahmen und willkürlich über Gebiete und ihre Einwohner zu verfügen gedachten. Gleichwohl wusste Ludwig die Ansprüche politisch erfolgreich einzusetzen, wenn auch nicht im Sinne einer Erweiterung des bayerischen Staatsgebiets. Baden willigte um 1829/30 ein, einem Zollverein beizutreten, nachdem Bayern seine Forderungen bezüglich einer Entschädigung für Sponheim verminderte. Am 10. Juli 1831 wurde auf Vermittlung Preußens ein bayerisch-badischer Vertrag geschlossen, der nur noch geringfügige Grenzkorrekturen vorsah. Die badische Ständekammer wollte den Vertrag jedoch nur ratifizieren, wenn Bayern seinerseits von den Sponheimer Erbverträgen zurücktrat. König Ludwig lehnte ab, weshalb die Einigung Bayerns mit Baden doch nicht gelang.

Nominell blieb die „Pfalzfrage“ daher offen, wiewohl keiner der Nachfolger Ludwigs I. das Problem wieder aufgriff. Da es keine abschließende Regelung gab, wurden auch die Zahlungen Österreichs an Bayern gemäß dem Frankfurter Rezess von 1819 weitergeführt. Die Regierung in Wien hat sich noch bis 1918 daran gehalten und Jahr für Jahr 100 000 Gulden nach München überwiesen.

Beleg:

G. M. Kletke, Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern […]. Von 1806 bis incl. 1858 system. und chronologisch zusammengestellt, Regensburg 1860; Adam Sahrmann, Pfalz oder Salzburg? Geschichte des territorialen Ausgleichs zwischen Bayern und Österreich von 1813 bis 1819 (Historische Bibliothek, 47), München / Wien 1921; Sylvia Krauß, Die politischen Beziehungen zwischen Bayern und Frankreich 1814/15–1840 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 87), München 1987, S. 190–231; Martin Mattheis, Die Entstehung der Pfalz als Entschädigung für Bayern auf dem linken Rheinufer, in: Pfälzer Heimat 48 (1997), S. 97–110; Andreas Kraus, Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825–1848), in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. IV: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Tl. 1: Staat und Politik, begr. von Max Spindler, neu hrsg. von Alois Schmid, 2. Aufl. München 2003, S. 126–234, hier S. 182 f.; Hans-Michael Körner, Geschichte des Königreichs Bayern, München 2006, S. 86–89

Künstler, Ersteller / Fotograf: Stephan Steigenberger (Grafik), Grundkarte: Server IEG-Maps, Mainz (www.ieg-maps.uni-mainz.de)
Lageort: Augsburg, Haus der Bayerischen Geschichte
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg