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Maximilian I. Joseph

 

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„Eröffnung der Iten Stände Versammlung des Königreichs Baiern den IVten Februar MDCCCXIX“ (1819)

nach 4. Februar 1819

Lorenz Quaglio (1793–1869), Domenico Quaglio (1786–1837), 1819

Lithografie

Die in der Verfassung von 1818 festgelegte Ständeversammlung tagte erstmals am 4. Februar 1819. Versammlungsort war der ehemalige Redoutensaal des neu umgebauten Ständehauses in der Prannergasse 19–20 (heute zerstört) in München. Dargestellt ist die Zeremonie, in der der bayerische König Max I. Joseph seinem Sohn, Kronprinz Ludwig, den Eid auf die Verfassung abnimmt. Der Eid wird auf einem großen Podest geleistet, das von einem Baldachin mit Krone und Königsmonogramm überwölbt ist. Teilnehmer und Zeugen dieses Vorgangs sind die Reichsräte (sitzend in der Bildmitte), die Abgeordneten des Volkes (stehend an den Längsseiten) und zahlreiche Neugierige auf den Besuchertribünen.

Der Kern der Verfassung von 1818 war die „Ständeversammlung“. Sie beruhte auf dem Zweikammersystem nach dem Vorbild des englischen Parlaments, das aus dem „House of Lords“ und dem „House of Commons“ besteht. Die „Kammer der Reichsräte“ war als konservative Stütze der monarchischen Regierung gegen die gewählten Abgeordneten gedacht. Sie setzte sich zusammen aus den volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, den obersten Kronbeamten, den beiden Erzbischöfen und dem Präsidenten des lutherischen Generalkonsistoriums, den Häuptern der ehemals reichsständischen fürstlichen und gräflichen Familien (die auf diese Weise für den Verlust ihrer reichsunmittelbaren Stellung entschädigt wurden) sowie weiteren vom König lebenslänglich oder erblich ernannten Personen, darunter einem Bischof.

Die „Kammer der Abgeordneten“ war in ihrer Zusammensetzung „ständisch“ geprägt: ein Achtel der Sitze war adligen Grundbesitzern mit gutsherrlicher Gerichtsbarkeit vorbehalten, ein weiteres Achtel den Geistlichen beider Konfessionen, ein Viertel den Vertretern der Städte und Märkte und die restliche Hälfte den Vertretern der „übrigen Landeigentümer“. Dazu kam noch je ein Vertreter der drei Universitäten. Im Vergleich dazu wiesen die früheren Landstände eine strikte Aufteilung in drei Gruppen auf, die jedoch alle über die „niederen“ Herrschafts- bzw. Gerichtsbarkeitsrechte verfügten: die der adligen Gutsbesitzer, der kirchlichen Korporationen („Prälatenbank“) und der Städte und Märkte. Diese privilegierten Stände verstanden sich als Vertretung der „Landschaft“, d. h. eines Landesteils (z. B. Oberbayern), und nahmen ihre eigenen Interessen wahr. Die neu konzipierte Ständeversammlung dagegen vertrat ganz Bayern; ihre Mitglieder waren Repräsentanten des (ständisch gegliederten) Volkes: Sie hatten in ihrem Eid zu schwören, dass sie „nur des ganzen Landes allgemeines Wohl und Beste ohne Rücksicht auf besondere Stände oder Klassen [...] nach ihrer inneren Überzeugung“ vertraten.

Die Abgeordneten wurden nach einem indirekten Wahlrecht über Wahlmänner und zudem öffentlich gewählt. Wählen durfte nur, wer über ein bestimmtes Mindestmaß an Grundbesitz oder Gewerbevermögen verfügte („Zensuswahlrecht“) oder Mitglied einer Korporation (z. B. einer Universität) war. Der Wahlzensus führte dazu, dass in der Gruppe der „übrigen Landeigentümer“ (ohne gutsherrliche Gerichtsbarkeit) im Januar 1818 von 671 000 Familien nur 7181 Männer das Wahlrecht hatten.

Die Verfassung räumte dem Parlament (unter der Bedingung, dass beide gleichberechtigte Kammern zu einem gemeinsamen Votum kamen) zwei wesentliche Rechte ein: das Recht der Steuerbewilligung, insbesondere das letzte Wort bei der Aufnahme neuer Staatsschulden, und eine entscheidende Mitwirkung an der Gesetzgebung. Ohne Zustimmung des Parlaments konnte kein Gesetz zustande kommen. Umgekehrt bedurfte ein Gesetz zur Gültigkeit auch der Unterschrift, also der Zustimmung, des Königs. Dazu kamen das Petitions- und das Beschwerderecht; das erstere war ein Ersatz für das noch fehlende Recht zur Gesetzesinitiative. Ansonsten genossen die Abgeordneten Immunität und erhielten Diäten.

Das Parlament hatte jedoch – wie in der konstitutionellen Monarchie üblich – nicht das Recht, sich in die Ausübung der Regierungsgewalt seitens des Königs bzw. der von ihm ernannten Regierung („Exekutive“) einzumischen. Das Parlament besaß lediglich ein Recht auf Ministeranklage wegen Verfassungsbruchs. Dagegen verfügte der König über das Recht, das Parlament einzuberufen bzw. zu vertagen oder es gänzlich aufzulösen.

Künstler, Ersteller / Fotograf: Lorenz und Domenico Quaglio (Maler)
Lageort: München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. III GHA, Wittelsbacher Bildersammlung, König Max I. Joseph IV 2 / 49
Copyright: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München