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Prinzregent Luitpold

 

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Die Innenpolitik unter Prinzregent Luitpold

Erinnerungskarte an die Bayerische Jubiläums-Landesausstellung 1906 in Nürnberg Eröffnung des Landtags bzw. feierliche Auffahrt des Prinzen im Februar 1912
Eröffnung des Landtags bzw. feierliche Auffahrt des Prinzen im Februar 1912 Postkarte zur Bayerischen Jubiläums-Landesausstellung 1906 in Nürnberg, 1
Postkarte zur Bayerischen Jubiläums-Landesausstellung 1906 in Nürnberg, 2 Postkarte zur Erinnerung an das Jubiläum „1806 - 1906“
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Prinzregent Luitpold ein unpolitischer Regent
Auch nach Beginn seiner Regentschaft im Jahr 1886 blieb der Prinzregent im Grunde ein unpolitischer Mensch, wenngleich er den Regierungsaufgaben, mit deutlichem Schwerpunkt auf die Repräsentation, nachkam. Dennoch wurde ihm die Rolle als Verfechter einer bayerischen Sonderstellung innerhalb des Deutschen Kaiserreichs zugeschrieben. Diese Sicht wird Prinzregent Luitpold allerdings kaum gerecht. Er akzeptierte die zunehmende Integration Bayerns in Reich durchaus und widersetzte sich nur bei Fragen der Zentralisierung im militärischen Bereich – wenn auch meist erfolglos. Seine enge Bindung zum Haus Habsburg und seine militärische Haltung, die ihn auf eine Stufe mit den preußisch-deutschen Kaisern Wilhelm I. und Wilhelm II. zu stellen schien, ließen die Illusion eines für Bayern und gegen das Reich kämpfenden Regenten in der bayerischen Öffentlichkeit weiter bestehen. Seine Ausstrahlung als betagter, weiser, gutmütiger, großbürgerlich-bescheidener Herrscher machte ihn zum Gegenbild des jungen, geltungsbedürftigen Preußenkaisers Wilhelm II.
 
 
Die Innenpolitik unter Prinzregent Luitpold 1886-1890
Stilisierte man den Prinzregenten außenpolitisch zum Verfechter der bayerischen Eigenständigkeit, so schrieb man ihm innenpolitisch eine neutrale und ausgleichende Haltung in politischen Belangen zu. Dies entsprach ebenfalls nicht der Realität. Der Prinzregent stützte nach 1886 das regierende liberale Ministerium um Minister Johann von Lutz (1826-1890). Diesem hatte er vor der Entmündigung seines Vorgängers Ludwigs II. seine Unterstützung zugesagt.
 
So stützte Luitpold, obwohl selbst streng katholisch, auch die antikatholische Haltung Lutz’ und die harte Position der bayerischen Regierung gegen die Kirche und den politischen Katholizismus. Und das, obgleich sowohl im Landtag als auch im ganzen Land Liberale und Verfechter des Kulturkampfes klar in der Minderheit waren. Hier machte sich auch die kritische Haltung der katholischen Volksbewegung gegenüber Luitpolds Herrschaftsantritt und der Entmachtung Ludwigs II. bemerkbar: So sah Luitpold vor allem in den Liberalen seine Verbündeten. Der Prinzregent billigte daher eine gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtete Politik, ja er förderte diese sogar, auch weil sie für den Erhalt des Staatskirchentums, wie es im Religionsedikt von 1818 festgeschrieben war, zu bürgen schien.
 
Angelastet wurde diese Politik aber nicht Prinzregent Luitpold, sondern lediglich Minister Lutz und dessen Kollegen. Nach außen gab sich Luitpold  als fromm-katholischer Herrscher z.B. bei der Fronleichnamsprozession in München. Die katholische Bevölkerung war beruhigt, der Regent zeigte sich als praktizierender Katholik. Die Liberalen aber waren ebenfalls besänftigt, denn Luitpold unterstützte ihre Politik, beließ das Ministerium im Amt.
 
 
Die Innenpolitik unter Prinzregent Luitpold 1890-1912 – Wahlrechtsreformen und Parlamentarisierung
1890 starb Lutz, es folgten die liberalen Ministerien unter Friedrich Krafft Freiherr (ab 1901 Graf) von Crailsheim (1841-1926) bis 1903 und dann bis 1912 unter Clemens Freiherr (ab 1911 Graf) von Podewils-Dürnitz (1850-1922), die das Amt des Vorsitzenden des Ministerrats bekleideten.
Die Stimmanteile der Liberalen schrumpften bei den Landtagswahlen dieser Zeit zunehmend. Im Landtag stellten die Liberalen hinter dem Zentrum, das von den liberalen Stimmverlusten profitierte, nur die zweitstärkste Fraktion. Außerdem entstanden neue Parteien wie der Bayerische Bauernbund und die Sozialdemokraten. Dies verschärfte den Druck des Parlaments auf die Regierung weiter und führte zu zunehmenden Spannungen, die einen Höhepunkt gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreichten, als das Zentrum die antikatholische Haltung der Liberalen nicht mehr mittragen wollte. 
Schließlich kam es zu einem Misstrauensvotum des Zentrums gegen Crailsheim. Zur gleichen Zeit wurden vom Landtag 100.000 Reichsmark nicht bewilligt, die der Prinzregent für den Ankauf von Kunstwerken geplant hatte. Dieser parlamentarische Aufstand erregte im ganzen Reich Aufsehen. Kaiser Wilhelm II. bot Luitpold in der „Swinemünder Depesche“ an, ihm die nichtbewilligte Summe zu überweisen und echauffierte sich über die „schnöde Undankbarkeit“ der bayerischen Abgeordneten. Luitpold lehnte das Angebot zwar ab, wegen der Einmischung aus Preußen aber wurde die Empörung von Zentrumsseite aus immer lauter. Crailsheim trat zurück und wurde durch Graf von Podewils, dem bisherigen Kultusminister, ersetzt.
 
Mit der Wahlreform von 1881 wurde erstmals die geheime Wahl, also die Stimmabgabe ohne Unterschrift auf dem Stimmzettel und mit Einwurf in eine Wahlurne, eingeführt. Es wurden Wählerlisten angelegt, um eine willkürliche Zulassung zur Wahl durch die Wahlausschüsse zu verhindern. Außerdem wurde die Wahlkreiseinteilung verändert und auf den Bevölkerungsstand von 1875 zurückgeführt, was allerdings Manipulationsmöglichkeiten nicht ausschloss. 
Das indirekte Wahlrecht über Wahlmänner und die von der Regierung zugunsten der Liberalen eingeteilten Wahlkreise benachteiligten aber weiterhin besonders die Sozialdemokraten.
So war seit Mitte der 1890er-Jahre eine Wahlreformbewegung entstanden, die eine allgemeine, gleiche, direkte Verhältniswahl forderte. Die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit besaß das Bündnis jedoch bis 1905 nicht. Erst nach der Landtagswahl 1905 brachte das Zentrum einen leicht geänderten Entwurf von 1903 ein, der nun ein relatives Mehrheitswahlrecht vorsah. Durch die eindeutigen Mehrheitsverhältnisse im Landtag – allein das Zentrum errang 102 der 157 Abgeordnetensitze – konnte das neue Wahlgesetz im April 1906 einstimmig beschlossen werden und in Kraft treten. Die Wahlkreiseinteilung wurde nun, auf den Bevölkerungsstand von 1900 zurückgeführt, erstmals gesetzlich festgelegt. Statt der absoluten, wurden die relative Mehrheitswahl und das direkte Wahlverfahren, ohne die zwischengeschalteten Wahlmänner, eingeführt. Weitere Punkte des Landtagswahlrechts wurden an das Reichstagswahlrecht angeglichen, wobei die Zensusbestimmung, also die von der Zahlung einer direkten Steuer abhängige Wahlberechtigung, bestehen blieb.   
 
Auch nach der Landtagswahl von 1907 arbeiteten Liberale, Sozialdemokraten und Bayerischer Bauernbund verstärkt zusammen, da sie sich weiterhin vom Mehrheitswahlrecht benachteiligt fühlten und die Einführung des Verhältniswahlrechts, also eine weitere Wahlrechtsreform forderten. Die absolute Mehrheit des Zentrums konnte der neue „Großblock“ bei der Landtagswahl vom Februar 1912 dennoch nicht brechen.
 
Das Bündnis der Liberalen mit den Sozialdemokraten löste bei katholisch-konservativen Kreisen, vor allem auch bei Kronprinz Ludwig, Unbehagen aus. So drängte dieser seinen Vater zu einem Regierungswechsel, der am 9. Februar 1912 erfolgte, als Dr. Georg Friedrich Freiherr (ab 1914 Graf) von Hertling (1843-1919) zum Vorsitzenden des Ministerrats ernannt wurde.
Damit war erstmals ein Politiker der Bayerischen Zentrumspartei und somit ein Vertreter der Mehrheitsfraktion im Landtag Regierungschef. Prinzregent Luitpold hatte somit, kurz vor Ende seiner eigenen Regentschaft, die Ära der liberalen Ministerien in Bayern beendet.
 
 
Prinzregent Luitpold und die Geheimkanzlei
Wie schon unter König Ludwig II., ist auch in der Regentschaftszeit Luitpolds in Bayern ein Erstarken von Regierung, Ministerien und Kabinetten bei einem gleichzeitigen Zurückdrängen des Parlaments und des Königtums zu beobachten. Neben dem Ministerium bildete sich die Geheimkanzlei als das Machtzentrum im Königreich heraus. Diese war 1886 anstelle des aufgelösten Kabinettssekretariats geschaffen worden. Die Chefs der Geheimkanzlei, die zu den wichtigsten politischen Beratern des Prinzregenten wurden, waren Ignaz Freiherr Freyschlag von Freyenstein (1886-1891), Friedrich Freiherr von Zoller (1892-1900) und Peter (Freiherr von) Wiedenmann (1900-1912).
Luitpold hielt mit ihnen auch aus mangelndem politischen Führungswillen und fehlender Entscheidungsstärke in allen politischen Fragen Rücksprache. Pflichtbewusst arbeitete er täglich gewissenhaft alle ihn betreffenden Vorgänge ab. Die Geheimkanzleichefs wurden so zu den einflussreichsten Männern in Bayern und die Geheimkanzlei entwickelte sich mehr und mehr zu einer Nebenregierung im Königreich.
 
 
Luitpold und die Politik
Man kann festhalten, dass die Machtfülle der Monarchie ab- und diejenige der Regierung insgesamt zunahm. Der Prinzregent erfüllte mehr und mehr reine Repräsentationsaufgaben – was Luitpold als unpolitischem Menschen wohl entgegenkam. So wurden die Planungen zu den Feierlichkeiten anlässlich der 100-Jahrfeier des Königreichs Bayern 1906, denen Berlin nicht wohlwollend gegenüberstand, von der Regierung nicht unterstützt, ohne dass Luitpold dagegen protestierte. In Entscheidungsprozesse, die über die reine Parteipolitik hinausgingen, griff er kaum ein. Anlässe hierfür hätte es durchaus gegeben: außenpolitisch beispielsweise die viel kritisierte imperiale Politik der Reichsregierung, innenpolitisch die Stellung Bayerns im Reich und vor allem die immer wieder diskutierte und dringend notwendige Reform der bayerischen Verfassung.