Die bedeutendsten und nachhaltigsten Leistungen Ludwigs I. finden sich auf den Gebieten der Kunstsammlung, Kunstschöpfung und Bautätigkeit. Dies waren typische Felder, in denen ein Fürst sein politisches Programm sinnfällig machen und seinen Herrschaftsanspruch für Gegenwart und Nachwelt demonstrieren konnte. Im 19. Jahrhundert ging es neben der herrscherlichen Repräsentation zumal darum, Kunst und Kultur einer breiten Bevölkerung nahezubringen.
Das „Kunst-Königtum“ Ludwigs I.
Auch Ludwig war als Bauherr und Förderer der Künste in erster Linie Staatsmann. Sein „Kunst-Königtum“ (Heinz Gollwitzer), die Definition seiner Herrschaft durch Bauprojekte, Kultur- und Traditionspflege, sollte die Einheit des neuen Bayern, seine äußere Unabhängigkeit und das monarchische Regierungssystem sichern helfen.
Die Bauten, Denkmäler und Kunstsammlungen dokumentierten Bayerns Platz in der deutschen und europäischen Geschichte. Ganz konkret sollten sie den Bildungsstand der Bevölkerung heben, sie von Revolution und Separatismus abhalten und mit Staat und Dynastie versöhnen. Als „Bildner seines Volkes“ (Frank Büttner) wollte der König mit seiner Kunstpolitik wirken. Ludwigs Leistungen machten Bayern im damaligen Deutschland zur kunst- und kulturpolitischen Führungsmacht. Ludwig ragt dabei auch im historischen Vergleich über alle anderen Herrscher des Hauses Wittelsbach hinaus.
Ludwig führte bei seinem bau- und kunstpolitischen Programm selbst Regie. Ideen und Konzepte waren in seiner Zeit als Kronprinz entstanden, nicht zuletzt während der beiden Reisen nach Italien 1804/05 und 1817/18. Nach dem Regierungsantritt 1825 ließ Ludwig die zahlreichen Bau- und Gestaltungsvorhaben mit großem Sachverstand und ungeheurer Dynamik umsetzen. Alleine in die Großbauten wurden über 11 Millionen Gulden investiert. Das Geld entnahm Ludwig seiner Kabinettskasse, die regelmäßig von der Ständeversammlung bewilligt wurde. 1834 wurde eine permanente Zivilliste geschaffen, die dem König einen festen Betrag aus dem Staatshaushalt zuwies. Unmittelbar vor seiner Abdankung im März 1848 hat Ludwig mit seinem Sohn und Nachfolger Maximilian einen Vertrag ausgehandelt. Darin verpflichtete sich Maximilian, die Kosten für die damals noch nicht fertiggestellten Bauten Ludwigs bis zum Abschluss zu übernehmen. Seine Kunstunternehmungen finanzierte der König aber ebenso aus seinem Privatvermögen. Zwischen 11 und 18 Millionen Gulden soll Ludwig dafür verwendet haben.
Als zentrale Institution für die herrscherlichen Bauten gab es die schon 1804 geschaffene Hofbauintendanz. 1830 wurde sie der neuen Obersten Baubehörde unterstellt, 1834, nach Einführung der Zivilliste, wie alle Hofbehörden aus der Staatsverwaltung wieder ausgegliedert. Seit 1829 existierte auch ein Baukunstausschuss zur Kalkulation der größeren Vorhaben. Der König wählte seine Architekten selbst aus. Neben Leo von Klenze, Leiter der Hofbauintendanz von 1818 bis 1864, kamen vor allem Friedrich von Gärtner, Joseph Daniel Ohlmüller und Georg Friedrich Ziebland zum Zuge.
Die Neugestaltung der Haupt- und Residenzstadt München
Die damals entstandenen Bauten machten München zu einem Schauplatz des Neoklassizismus. Bauliche Vorbilder der griechischen und römischen Antike bestimmten das Ensemble am Königsplatz mit Glyptothek (1816–1830), Staatlicher Antikensammlung (1838–1845) und Propyläen (1848–1862), den Obelisk am Karolinenplatz (1833), die Alte Pinakothek (1826–1836), den Monopteros im Englischen Garten (1832–1837), die Hauptpost (1835–1839), die Neue Staatsgalerie (1838–1848) sowie die Neue Pinakothek (1846–1853).
Die Erweiterungen der Residenz um den Königsbau (1826–1835) sowie um den Festsaalbau am Hofgarten (1832–1842) waren an das Florenz der Renaissance angelehnt. Italienische Einflüsse prägten auch das künftige Bild der Münchner Ludwigstraße, die als Prachtstraße mit Feldherrnhalle (1841–1844), neuer Hof- und Staatsbibliothek (1827–1843), Ludwigskirche (1829–1842), Universitätsgebäude (1832–1842) und Siegestor (1843–1852) ebenso an die Champs Elysées des zeitgenössischen Paris erinnerte.
Daneben entstanden Bauten im neugotischen Stil wie das „Wittelsbacher Palais“ (1843–1848) für Kronprinz Maximilian an der Brienner Straße. 1831 wurde die „Gesellschaft für teutsche Alterthumskunde von den drei Schilden“ in München gegründet. Dieser Kreis aus Vertretern der Kunst, der Wissenschaft und der Kirchen verschrieb sich der Pflege der deutschen Gotik als eines nationalen kulturellen Erbes und einer besonders frommen, christlichen Stilrichtung. Die Wiederbelebung der Gotik als Bau- und Kunststil war v.a. eine Gegenreaktion auf den damals vorherrschenden Klassizismus.
Philhellenismus und Klassizismus
München wurde bald als „Isarathen“ bezeichnet. Bayern unter König Ludwig wurde zum Vorreiter eines europaweiten Philhellenismus, der die Kultur des antiken Hellas wiederentdeckte, während Ludwigs Sohn Otto zum König des neuen, unabhängigen Staates Griechenland wurde.
Anleihen an die klassische Antike sowie die italienische Renaissance fanden zwar auch in anderen Teilen Bayerns statt, so das Pompejanum (1840–1848) in Aschaffenburg oder die Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben in der Rheinpfalz (1846–1852). Im Fall Münchens gelang es Ludwig jedoch, der Stadt ein ganz neues Gesicht zu geben. Aus der ehemaligen kurfürstlichen Residenzstadt mit ihrer altbayerischen Prägung wurde eine weltoffene Metropole. Seit den 1820er Jahren entstanden in München auch protestantische Kirchen und Synagogen.
Bayern, Deutschland und Europa
Die Bauten und Monumente der Ära Ludwigs verbanden oftmals bayerische mit deutscher oder auch europäischer Identität. Die Walhalla bei Donaustauf (1830–1842) erinnerte an berühmte Persönlichkeiten aus dem deutschen Sprachraum und besaß ihr Gegenstück in der Bayerischen Ruhmeshalle über der Theresienwiese in München (1843–1853). Die Befreiungshalle bei Kelheim (1842–1863) mahnte an den Widerstand gegen Napoleon, ebenso wie in München der Obelisk auf dem Karolinenplatz, das Siegestor und die Feldherrnhalle die militärischen Leistungen Bayerns hervorhoben.
Die Monumente in München waren Bezugspunkte eines bayerischen Patriotismus und einer Verherrlichung des Hauses Wittelsbach. Die Bauten außerhalb der Hauptstadt sollten die gesamte deutsche Geschichte und Kultur repräsentieren.
Auch an das Eigenbewusstsein der einzelnen Landesteile Bayerns wurde appelliert. Auf Veranlassung Ludwigs entstanden Denkmäler für den Dichter Jean Paul in Bayreuth (1841), für Markgraf Friedrich von Brandenburg in Erlangen (1843) und Fürstbischof Julius Echter in Würzburg (1847), für Hans Jakob Fugger in Augsburg (1857) und Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal in Bamberg (1865).
Vom König mitfinanziert wurden die Denkmäler für Albrecht Dürer in Nürnberg (1840), August von Platen in Ansbach (1858), Christoph von Schmid in Dinkelsbühl (1859) oder Wolfram von Eschenbach in Eschenbach (1861). Das Denkmal für seinen Vater und Vorgänger König Max I. Joseph (1835) war zwar eine Stiftung der Stadt München, Ludwig hat jedoch seine Ausführung festgelegt.
Kultur- und Denkmalpflege
Die Kunst- und Kulturpolitik des Königs war offen für sämtliche Epochen und Stilrichtungen. Sie legte auch Wert auf die Wiederentdeckung und den Erhalt der bestehenden Kulturgüter. Bereits 1827 befahl Ludwig allen Kreisen und Kommunen die sachgemäße Pflege der „historisch oder artistisch wichtigen Überreste früherer Jahrhunderte“.
1835 wurde die Denkmalpflege institutionalisiert. Ludwig schuf das Amt eines „Königlichen Conservators“ mit Carl Alexander Heideloff als erstem Inhaber. Ludwig ließ den Dom zu Speyer restaurieren und Bau des Doms zu Regensburg abschließen.
In München entstanden die Allerheiligen-Hofkirche (1826–1837) und die Basilika St. Bonifaz (1835–1850) in byzantinisch-romanischer Bauart sowie die Mariahilf-Kirche in der Au (1831–1839), stilbildend für die damalige Neugotik. Ludwig setzte sich für den Weiterbau des Kölner Doms ein, ebenso für die Neuausstattung der restituierten Klöster und Kirchen Bayerns aus der Barockzeit.
Kultur und Öffentlichkeit
Die Kunstsammlungen, die Ludwig mit ähnlichem Eifer und finanziellem Aufwand vorantrieb wie seine Bauten und Restaurationen, waren ausnahmslos für die Öffentlichkeit bestimmt. Schon als Kronprinz hatte er die Basis für die Sammlung altägyptischer Kunst gelegt. Die Glyptothek in München wurde der erste eigenständige Museumsneubau in Europa.
Der König kaufte teils bestehende Sammlungen aus dem Inland auf (Oettingen-Wallerstein, Boisserée), teils sandte er Experten wie Klenze, Johann Georg von Dillis oder Johann Martin von Wagner als Kunstagenten nach Italien, um Objekte beizubringen. Die Stadt Nürnberg erhielt von Ludwig eine Galerie altdeutscher Gemälde. In der Moritzkapelle wurde 1829 ein „Königlicher Bildersaal“ eingerichtet.
Der Münchner Hof- und Staatsbibliothek, die ebenfalls öffentlich zugänglich war, überließ er nach 1844 über 1600 Bände aus seinem Privatbesitz. Auch die Königliche Residenz selbst stand den Bürgern des Landes offen, insbesondere die Schönheitengalerie im Festsaalbau der Residenz.
Landes-, Regionalgeschichte und Brauchtum
Die Pflege geschichtlichen Wissens als volksnahes Bildungsgut sollte auch in den Historischen Vereinen stattfinden, die dem Willen Ludwigs gemäß seit 1830 in allen acht Kreisen des Königreichs gegründet wurden. Ebenso war dem König an der Wiederbelebung von Volkstrachten, Mundart und Brauchtum gelegen. Das Wissen um die jeweilige regionale und lokale Kultur sollte für ganz Bayern nutzbar gemacht werden und zum besseren Verständnis zwischen den Landesteilen beitragen.
Innovationen in den bildenden Künsten
Ludwig I. hat vor allem in der bildenden Kunst dafür gesorgt, dass neue Stilrichtungen oder Techniken in Bayern etabliert oder gefördert wurden. Mit der Herstellung der Denkmäler waren zunächst nur auswärtige Künstler beauftragt, darunter der Italiener Antonio Canova, der Däne Bertel Thorvaldsen oder der Hesse Christian Daniel Rauch. 1826 ging eine Königliche Erzgießerei in München unter Johann Baptist Stiglmaier in Betrieb. In den 1830er Jahren stieg unter Ludwig Michael von Schwanthaler eine Münchner Werkstatt zu einer der führenden Bildhauerschulen des Klassizismus auf. Schwanthaler schuf die Figuren des Thronsaals im Festsaalbau der Münchner Residenz, ihm gelangen die Giebelskulpturen der Walhalla sowie die Monumentalplastik der „Bavaria“ vor der Ruhmeshalle, die von Ferdinand von Miller 1844 gegossen wurde.
Unter Ludwig I. erlebte die Königliche Porzellanmanufaktur zu Nymphenburg eine anhaltende Blüte, vor allem aber wurde die Glasmalerei wiederbelebt. 1826 begann die Königliche Glasmalereianstalt zu München mit ihrer Arbeit. Sie fertigte etwa die Fenster für den Kölner Dom und erreichte bald internationales Ansehen.
Malerei und die Kunst der Nazarener
In der Malerei sind neben den Werken von Dillis, Peter von Heß, Carl Rottmann und Joseph Stieler zumal diejenigen von Peter von Cornelius hervorzuheben. Sein Name stand für die Einführung eines Kunststils, der später als Nazarenische Kunst bezeichnet worden ist. Cornelius wurde noch von Kronprinz Ludwig 1819 von Rom an die Akademie der Bildenden Künste in München berufen, deren Direktor er 1824 wurde. Ihm folgten Julius Schnorr von Carolsfeld, Heinrich Maria von Heß, die Brüder Ferdinand und Friedrich Olivier sowie der Corneliusschüler und spätere Hofmaler Ludwigs I., Wilhelm von Kaulbach. In den Hofgartenarkaden, der Allerheiligen-Hofkirche, in der Ludwigskirche sowie in der Glyptothek kam die religiös-romantische Darstellungsweise der Nazarener zum Zuge.
Literatur in Bayern
Die Literatur erhielt von Ludwig I. dagegen kaum Förderung. Der König hat Goethe in Weimar besucht und Schiller seine Ehre erwiesen. In München machte der „Kasperlgraf“ Franz Graf von Pocci von sich Reden, der zugleich königlicher Zeremonienmeister war. August von Platen, den schon 1835 verstorbenen Lyriker und Dramatiker, ließ der König in die Ruhmeshalle aufnehmen. Ludwig schrieb auch eigene Bühnenstücke, Betrachtungen und Gedichte. Einiges davon wurde noch zu Lebzeiten veröffentlicht, manche Gedichte auch von namhaften Komponisten vertont.