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Ludwig I.

 

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Die Königsfeier in der Hofmark Bergen, Landgericht Neuburg a. D. (1806)

nach 12. Januar 1806

Handschrift auf Papier

Wie alle untergeordneten Behörden im neu geschaffenen Königreich Bayern erhielt auch die schwäbische Hofmark Bergen den Auftrag, am 12. Januar 1806 den König von Bayern feierlich auszurufen. Man hatte, da die Nachricht erst am 9. Januar eintraf, nur drei Tage Zeit, für die Festvorbereitungen. Pfarrer Max Joseph von Enhuber berichtet stolz über den Verlauf der Feierlichkeiten. Da man zu diesem außergewöhnlichen Ereignis in Bergen auch alle Leute von jenseits der Donau erwartete, wurden die Wirte angewiesen, einen Vorrat an Speisen und Getränken bereitzuhalten. Am Ende der Feierlichkeiten erging eine Rechnung an die vorgesetzte Behörde in München mit der Bitte, die Ausgaben von 45 Gulden für die Musikanten, Böllerschützen, Fuhrknechte, das Futter der Pferde und einiges weitere zu begleichen. In diesem Fall bezahlte man von seiten der vorgesetzten Behörden in München die Rechnung, allerdings nicht klaglos, denn dem Bescheid war angefügt, dass „Bei künftigen Feyerlichkeiten, oder Fällen ähnlicher Art & die Bezahlung der Kosten jener Stelle überlassen [wird] welche die Anordnung macht“.

Anders erging es dem Landgericht Friedberg, das für Kosten in Höhe von 211 Gulden selbst aufkommen musste, „da Se. Majestät der König die wegen der Proclamation der Königswürde statt gehabten Feyerlichkeiten nicht wohl selbst bezahlen könne“ (München, Staatsarchiv, RA 1167, Nr. 16202).

„Es war der 9te Jänner, als es von Seiten des Königl. Baier. Landgerichtes Neuburg der König. Bair. Hofmarkt Bergen, und dem Pfarrer daselbst zu wisengemacht wurde, dass am 12ten des nähmlichen die höchst erfreuliche Begebenheit, nämlich die Erhöhung unsers allergnädigsten Beherrschers Maximilian Joseph zum König von Bayern nicht nur denen Unterthanen gedachter Hofmark, sondern auch mehrern Angrenzern hirseits der Donau mit Nachdruck an das Herz gelegt werden würde.

Man traf daher sovieles die Kürze der Zeit erlaubte, Anstalten, diesen Tag nach seiner Wichtigkeit zu verherrlichen, und dadurch wenigstens nur schwache Abdrücke jener inneren Empfindung an Tag zu legen, die die Herzen aller getreuen Unterthanen belebten. Der freudevolle Tag brach heran: Schon bey der ersten Morgendämmerung, und so von Stunde zu Stunde verkündete ihn das Geläute aller Glocken, und das Abfeuern der Pöller; welches auch geschah, als das Königl. Landgericht, und das Königl. Baier. Damen-Stifts-Administrations-Amt ankam.

Auf dem viel in sich fassenden Platz nahe an der Kirche, wo die Ausruffung vor sich ging, strömte die Menge Volkes hinzu: Der Schall der Trompeten von Paucken begleitet geboth tiefes Stillschweigen, noch mehr aber der feierliche Anstand und die ehrwürdige Minne des Tit. H. Landrichters, in welcher neben dem freudenvollen auch eben soviel ernsthaftes onverkennbar gelesen werden konnte.

Der Tit. H. Landgerichts Aktuar nahm die Verkündigung vor. Jedes Wort war mit Nachdruck gesprochen, mit Salbung das ganze dargestellet, wobey manchen beobachtenden Auge eine Thräne der Freude entfiel, bis endlich das hochklopfende Herz sich in Worte ausgoß, und ein allgemeines Aufrufen nachstund: Es lebe der König! – Es lebe unser allergnädigster Beherscher Maximilian Joseph! –

Nun kamen in ordentlichen Reihen die Schul-Kinder: Mädchen und Knaben weteiferten miteinander in Rücksicht des ländlich eindlichen Anzuges: die Mädchen waren gekränzt, und hatten blau und weiße Bänder an dem linken Arm; die Knaben aber trugen sie an dem Arm und auf den Hüthen. Ein Knabe und ein Mädchen brachten auf einer gezierten Platte ein Herz, wobey zugleich der Knabe mit eben soviel Onerschrockenheit als Deutlichkeit und Nachdruck folgende kurze Anrede hielt:

‚Wir opfern in tiefster Ehrfurcht und Unterthänigkeit Unserm Allergnädigsten Landesvater unsere jungen Herzen: Sie brennen schon jetzt vor kindlicher Liebe gegen Ihn und das Vaterland: Diese Liebe soll mit uns aufwachsen; unter Seinen Allergnädigsten Schutz wollen wir uns zu rechtschaffenen Bürgern und Unterthannen bilden, die es für das größte Glück halten, selbst ihr Bluth und Leben für Ihn aufopfern zu derfen. Der Tag, an dem wir das geloben, seye uns onvergeßlich; und der Himmel höre uns, da wir mit ganzer Seele bethen.‘ Kaum sprach er die letzten Worte, als alle übrigen mit ihm einstimmten, und riefen:
‚Heil! Heil! Heil!
Dem Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten
König
Unserm Allergnädigsten Landesvater
Maximilian Joseph!‘
Da stunden sie nun – die Eltern: Thränen der freudigen Theilnahme glänzten in ihren Augen, und die Entzückung erlaubte es ihnen nicht, ihre Herzen in Worte auszugiesen. Auch mehrern andere fühlten mit ihnen das nähmliche, worunter besonders der Tit. H. Landrichter zu zählen ist; dieser unterbrach endlich die tiefe Pause, und hielt an die Kinder eine Ermahnung, so väterlich und liebreich, daß nur eine Mann von Seinen vortreflichen Kenntnissen und ädlen Biedersinn sie nachzuahmen fähig ist.

Jetzt begann der Zug in die Kirche: Die innere Bauart derselben, die mit der Kunst auch eben soviel Pracht und Mayestätt vereiniget, bedarf keiner weiteren Verzierung; nur die feierliche Musik erhöhte nach mehr die Ehrfurcht und Andacht der anbethenden Christen. Hier wurde das solemne Amt gehalten. Tit. H. Landrichter, dieser im jeden Verhältniß bewährte Mann, und Tit. H. Administrations-Beamte zeigten sich auch da als verehrungswürdige Beyspielle. Sie gingen hin, auf den Altar zu opfern und alles Volk folgte Ihnen nach. Unter dem Schall der Trompeten und Paucken, und unter Abfeurung der Pöller wurde endlich bey ausgesetztem Hochwürdigsten das Herr Gott Dich loben wir ec. abgesungen, und so der Gottesdienst geschlossen.

Ein jeder gieng nun zu seinem ländlich frohen Mahl: Auch der Orths-Pfarrer machte es sich zur Pflicht, das Personale des König. Bair. Landgerichts, des König. Bair. Damen-Stifts-Seminar-Administrations-Amts und andern benachbarten, guten Freunde zu bewirthen, wie es seinen wenigen Kräften angemessen war; und wollte dadurch, obschon nur in äusserst schwachen zeigen, seine tiefeste Ehrfurcht gegen Seinen Allergnädigsten Monarchen; - seine Anhänglichkeit an das Vaterland – seine Freude über die seltene Begebenheit, wovon Jahrbücher sprechen werden; – seine Hochachtung gegen das König. Bair. Landgericht – seine Ergebenheit gegen das König. Bair. Dammen-Stifts-Seminair-Administrations-Amt; – und seine brüderliche Gesinnung gegen jeden Patrioten zeigen.

Eine unter einem Baldachin aufgehängte goldene Tafel mit Wandleichtern umgeben, erinnerte durch ihre Aufschrift an die Feierlichkeit des Tages: Es stund darauf mit blauen Buchstaben Vivat
Unser Allerdurchlauchtigster und Großmächtigster
König!
Unser Allergnädigster Beherscher
Maximilian Joseph!
Ober der Thüre innerhalb des Speise-Zimmers stund auf einer ähnlichen Tafel
Lohn er Seiner getreuen
Unterthanen.
Und unter selber eine andere mit der Aufschrift
Kein Genuß ist sießer, als den
Uns das Verdienst giebt.
Ober der zweyten Thüren des Nebenzimmers war eine andere Aufschrift angeheftet; sie hieß:
Beförderer der Wissenschaften.
Unter dieser war zu lesen:
Jünglinge und Mädchen fühlen schon
richtiger die Pflichten des werdenden
Bürgers, und jauchzen frolockend ihr
freudiges Vivat!
Die Thüre öffnete sich und zwölf Knaben und Mädchen wurden da ausgespeiset.
Ober der dritten Thüre des Nebenzimmers endlich stund:
Vater der Armen
Und unter dieser Aufschrift die Worte:
Selbst die Armuth vergisst des
Drückenden Elendes, und freuet
Sich das heutigen Tages.
Als auch diese Thüre aufgethan wurde; so saßen da zwölf Arme aus der Gemeinde, und stillten ihren Hunger.

Auf der Mitte der Tafel, an welcher meine Hochzuverehrende Gäste und gute Freunde speißten, stund eine halb blau, und halb weiße vierschildige Pyramide, ober welcher ein Herz in Flammen aufbrannte: Sie hatte folgende Aufschriften:
Auf dem weißen Schild stund mit blauen Buchstaben
Das Vaterland – ist der Altar
Und auf der entgegengesetzten weißen Seite
Das Opfer – unsere Herzen.
Auf dem blauen Schild laß man mit weißen Buchstaben geschriben
Heil! Dem Allerdurchlauchtigsten
Und
Großmächtigsten König!
Und auf der entgegengesetzten blauen Seite
Unserm Allergnädigsten Landesvater
Maximilian Joseph!
Alle Anwesende schienen vergnügt zu seyn; und nur das konnte mich zum Theil bey meinem Onvermögen, das ich gerade jetzt am meisten fühlte, trösten. Oefter wurde freudig aufgerufen: Es lebe der beste König Maximilian Joseph! – Es lebe! Antworteten Alle; wobey immer Trompeten und Paucken erschollen, und Freudenschüsse fielen, die die Berg-Kette in mehrfachen Echo zurückgab.

Am Abend verließ uns das König. Bair. Landgericht, und das König. Bair. Damen-Stifts- Seminair-Administrations-Amt. Auf dem Wege begleitete Sie meine volle Hochachtung, und meine innigste Dankbarkeit für die mir vergönte Gnade, und für die so gütig geäußerte Zufriedenheit mit meinen getroffenen Anstalten.

Durch die ganze Nacht gieng Musik im Dorfe herum. – Es lebe unser König! ertönnte es auf allen Seiten, und Freudenschüße fielen noch immer, bis der Morgen anbrach. Heiter stieg die Sonne hinter den Bergen auf; ein jeder schlich sich in seine ländliche Hütte, und beschämt sagte einer zu dem andern: Wir thaten bey weitem das nicht, was der gestrige so feierliche Tag von uns gefordert hat!
Auch ich mache dieses Geständnis – Doch – Unser Bester König sieht nur auf unsere Herzen, und diese – sind immer gut!
Max Jos: von Enhuber Pfarrer“

Künstler, Ersteller / Fotograf: Pfarrer Max Joseph von Enhuber (Verfasser)
Lageort: Augsburg, Staatsarchiv, Regierung von Schwaben, K.d.I., Akten 3000
Copyright: Staatsarchiv Augsburg