1878
Metall, Glas, H.142cm, Ø51cm, 30kg, Berlin, 1878
Mit den neu erfundenen Lichtquellen machte die „lichthungrige“ Gesellschaft die Nacht zum Tag.
Nachdem Werner von Siemens 1866 mit seiner Dynamomaschine das dynamoelektrische Prinzip demonstriert hatte, waren die Erwartungen groß, nahezu unbegrenzt elektrischen Strom billig produzieren zu können. Allerdings wurden erst die seit 1867 mit so genannten Jablochkoff-Kerzen ausgestatteten Bogenlampen zur Konkurrenz für das Gaslicht. Das helle, fast grelle Bogenlicht kam anfangs nur für die Beleuchtung von Straßen und Plätzen sowie großen Fabrikhallen in Frage. Als erster elektrisch beleuchteter Bahnhof in Deutschland gilt der Münchner Zentralbahnhof, dessen vierschiffige Mittelhalle im Zuge des Großumbaus (1876 – 1884) im Jahr 1879 elektrifiziert wurde. Zum Einsatz kam eine Beleuchtungsanlage der Firma Siemens & Halske, die bis 1883 auf insgesamt 50 Bogenlampen mit je 360 Kerzen erweitert wurde.
Dabei handelte es sich um Differenzialkohlebogenlampen, die der Siemens-Ingenieur Friedrich von Hefner-Alteneck (1845 – 1904) konstruiert hatte. Mit dieser Technik war es möglich, mehrere Lampen zusammenzuschalten und den vorher ungleichmäßigen Abbrand der beiden Kohlestäbe in der Lampe automatisch zu regulieren. Aufgehängt waren sie über den Bahnsteigen. Das milchige Glas sollte den grellen Charakter des Bogenlichts mildern. Die Metallfassung war im Stil der Zeit verziert. Als Antrieb für die Beleuchtungsanlage dienten mehrere Dynamomaschinen, so genannte Reihenschlussgleichstromgeneratoren. Die älteren Typen („Modell D“) waren ursprünglich so gebaut, dass die Magnetkerne horizontal angeordnet waren. Bei der späteren Version sind die Lamellen, durch die das Magnetfeld erzeugt wird, über und unter der sich drehenden Eisentrommel, dem Anker, zu sehen.
Der Münchner Hoffotograf Georg Böttger hielt 1880 den modernisierten Münchner Zentralbahnhof in mehreren Aufnahmen fest, auf denen auch die Bogenlampen zu erkennen sind.
Mit den von dem amerikanischen Erfinder Thomas A. Edison (1847 – 1931) konstruierten und bei der Internationalen Elektrizitätsausstellung in Paris 1881 vorgestellten Glühlampen mit Kohlefaden hielt die Elektrizität dann auch in Theatern, Restaurants und Hotels Einzug. Ihr Licht glich eher dem sanften Gaslicht als den grellen Bogenlampen. Der Deutschen Edison-Gesellschaft, der späteren AEG, gelang mit der erfolgreichen Beleuchtung verschiedener Münchner Theater ein Prestigeerfolg. 1884 erstrahlte das Münchner Residenztheater im elektrischen Licht, Anfang 1885 folgte das Hof- und Nationaltheater anlässlich der Aufführung des „Trompeters von Säckingen“.
Über die Kosten der frühen elektrischen Beleuchtung im Vergleich zum Gaslicht gibt es widersprüchliche Angaben. In der Gesamtanschaffung war das elektrische Licht deutlich teurer, ein Nachteil, der durch das gleichmäßig helle und geruchlose Glühlicht aufgewogen wurde.
(Wilhelm Füßl)
Literatur:
Abele, Johannes: Die Lichtbogenlampe, 2. Aufl., München 1997; Kittler, Erasmus: Handbuch der Elektrotechnik in zwei Bänden (Reprint), Düsseldorf 1986; Lindner, Helmut: Strom. Erzeugung, Verteilung und Anwendung der Elektrizität, Reinbek bei Hamburg 1985.
Vgl. hierzu auch: Kohlefadenglühlampe mit Blumendekor (um 1886) und Frühe Kohlefadenglühlampe (um 1883)
Beleg: | Götterdämmerung. König Ludwig II. und seine Zeit. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2011, Schloss Herrenchiemsee, 14. Mai bis 16. Oktober 2011. Hrsg. von Peter Wolf, Richard Loibl und Evamaria Brockhoff, Augsburg 2011, S. 220-222. |
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Künstler, Ersteller / Fotograf: | Siemens & Halske; Fotograf: Philipp Mansmann, München |
Lageort: | München, Siemens Corporate Archives (12070) |
Copyright: | Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg |