o.J.
Metall, 46x34x88cm
Der Industrialisierungsprozess ließ auch die ländlichen Gebiete
nicht unberührt.
Aufgrund des Anstiegs der Bevölkerungszahlen in Bayern – zwischen 1852 bis 1890 von vier auf fünf Millionen Menschen – war eine Produktivitätssteigerung im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse dringend geboten. Landwirtschaft war in der Regierungszeit Ludwigs II. noch zum allergrößten Teil Handarbeit, doch bahnte sich die Technisierung der bäuerlichen Arbeit bereits an. Erste Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen entstanden: 1859 Engelbert Buxbaum in Augsburg, 1862 Josef Esterer in Altötting sowie Magnus und Karl Epple in Sonthofen, 1867 Heinrich Lanz in Mannheim und 1883 Hans Glas anfangs in Pilsting und später in Dingolfing.
Um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, der durch die Abwanderung vieler Menschen in die wachsenden Städte zunahm, suchte man nach technischen Mitteln, um die Handarbeit zu ersetzen. Die Dampfmaschine schien hierfür besonders geeignet. Die ersten von Dampftraktoren über Seilzüge bewegten Pflüge (System Fowler) wurden ab 1871 auf den Thurn und Taxis’schen Gütern bei Regensburg und später auch auf dem Maffei’schen Gut Freiham bei München eingesetzt. Weiter verbreitet waren einfachere, von Pferden gezogene Dampflokomobile zum Antrieb von Dreschmaschinen. Genossenschaften und Lohnunternehmer ermöglichten auch größeren landwirtschaftlichen Betrieben den Einsatz dieser Neuerung, die für kleinere Bauern lange unerschwinglich blieb.
Eine weitere Möglichkeit der Effektivitätssteigerung bot die gezielte Düngung der landwirtschaftlichen Nutzflächen. Auch wenn die Düngemittelindustrie um die Jahrhundertmitte noch in den Kinderschuhen steckte, waren aufgrund der sich nun durchsetzenden ganzjährigen Stallhaltung und dem damit anfallenden Stallmist, der als Dünger genutzt werden konnte, leichte Anstiege der Produktivität zu verzeichnen. Die Erträge von Roggen und Weizen nahmen zwischen 1850 und 1870 etwa um 25 Prozent zu. Die Herstellung von Handelsdünger auf Phosphatbasis, die auf den Forschungen des Chemikers Justus von Liebig basierte, wurde in größerem Maße in den 1870er-Jahren aufgenommen. Sie fand in Bayern nur zögerlich Verwendung. 1858 wurde die erste deutsche Superphosphatfabrik in Heufeld bei Bad Aibling gegründet.
An die neuen Produktionsweisen und technischen Möglichkeiten mussten die Bauern erst herangeführt werden. Seit 1861 gab es in Bayern Winterschulen, die Vorläufer der heutigen Landwirtschaftsschulen, die entsprechendes Wissen vermittelten. Auch mit Fachzeitungen, wie dem seit 1855 von Julius Adolph Stöckhardt herausgegebenen „Chemischen Ackersmann“ wurden Bauern mit den Innovationen vertraut gemacht.
(Barbara Kink / Andreas Th. Jell)
Literatur:
Bedal, Konrad (Hg.): Göpel und Dreschmaschine. Zur Mechanisierung der bäuerlichen Arbeit in Franken. Ausstellungskatalog, Bad Windsheim 1981 (Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums 2); Bitsch, Helmut: „Es erwachet der technische Geist …“ – die Mechanisierung der Landwirtschaft, in: Mohr, Klaus: Niederbayerisches Landwirtschaftsmuseum Regen, München u. a. 1992 (Bayerische Museen 16), S. 83 – 101; Henker, Michael / Brockhoff, Evamaria (Hg.): Bauern in Bayern von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Ausstellungskatalog, Regensburg 1992 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 23), S. 202 – 213; Kuntz, Andreas: Der Dampfpflug. Bilder und Geschichte der Mechanisierung und Industrialisierung von Ackerbau und Landleben im 19. Jahrhundert, Marburg 1979.
Beleg: | Götterdämmerung. König Ludwig II. und seine Zeit. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2011, Schloss Herrenchiemsee, 14. Mai bis 16. Oktober 2011. Hrsg. von Peter Wolf, Richard Loibl und Evamaria Brockhoff, Augsburg 2011, S. 199. |
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Künstler, Ersteller / Fotograf: | Landtechnikmuseum Gödöllö, Ungarn; Fotografin: Christiane Richter, Fürth |
Lageort: | Regen, Niederbayerisches Landwirtschaftsmuseum |
Copyright: | Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg |