Obertraubling, Mallersdorfer Schwestern – Engagierte Kinder- und Krankenpflege
In Obertraubling waren seit 1933 Schwestern vom 3. Orden der Karmelitinnen für den Caritasverein in der ambulanten Krankenpflege und in der Kinderbewahranstalt tätig. Nach ihrer überraschenden Kündigung zum Jahresende 1935 musste schnell Ersatz gesorgt werden. Pfarrer Andreas Obendorfer (1879?1964), der ab 1932 bis 1941 als Pfarrer in Obertraubing wirkte, wandte sich deshalb an Bischof Michael Buchberger von Regensburg und das Mutterkloster der Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf. Seine Bitte um Unterstützung fand umgehend Gehör. Bereits am 20. Januar 1935 trafen die ersten beiden Nonnen, Oberin Orosa Sturm und die Kindergärtnerin Gundislava Ott, an ihrer zukünftigen Wirkungsstätte ein. Für die neue Niederlassung der Mallersdorfer Schwestern, deren bischöfliche Genehmigung am 17. März 1936 erfolgte, wurde der alte Pfarrhof in Obertraubling ausgebaut. Die neue Institution, die Kloster, Kindergarten und Caritasstation umfasste und zu der auch Stallungen mit Vieh und ein großer Gemüsegarten gehörte, erhielt den Namen „Bruder-Konrad-Haus“. Bis 1940 kamen fünf weitere Schwestern dazu, die sich vor allem in der Krankenpflege betätigten. In der Folgezeit umfasste der Konvent kontinuierlich fünf bis sechs Ordensmitglieder.
Die nachfolgende Oberin Druthmara Sebald (Amtszeit 1937-1944) musste in den schwierigen Jahren der NS-Herrschaft und des 2. Weltkriegs die Geschicke der Einrichtung lenken. Vorerst durften die Nonnen ihre Arbeit im Kindergarten und in der ambulanten Krankenpflege weiter ausführen. Sie hatten jedoch keinen nennswerten eigenen Verdienst und befanden sich ständig in finanzieller Notlage. Ihr Antrag auf die Eröffnung einer Nähschule wurde 1937 abgelehnt, denn die Machthaber planten eine ähnliche Einrichtung unter Leitung der Reichsmütterschule. 1940beschlagnahmte die Wehrmacht das Bruder-Konrad-Haus und stationierte darin den Nachrichtendienst des Fliegerhorstes Obertraubling.
Erst nach Kriegsende konnten die Schwestern wieder einziehen. Die verwahrlosten Räume wurden instand gesetzt, Kindergarten und Sozialstation neu in Betrieb genommen und die schon lange geplante Nähschule eröffnet. In der Nachkriegszeit war das Interesse an den Kursen sehr groß. Zehn Jahre später hatten sich die Bedürfnisse der Bevölkerung gewandelt und in den Räumen wurde stattdessen ein kleines Altersheim eingerichtet. Dazu erfolgte Anfang der 1960er Jahre ein Innenausbau des Bruder-Konrad-Hauses. Bei dieser Gelegenheit erhielt das Kloster in der Klausur erstmals Einbettzimmer mit fließendem Wasser und Heizung sowie im dritten Stock eine Hauskapelle. Von nun an mussten die Schwestern für ihr Stundengebet, das um 5.30 Uhr mit der Laudes einsetzt, nicht mehr in die Pfarrkirche wechseln, sondern konnten es daheim verrichten.
Mitte der 1970er Jahre entsprach der Kindergarten nicht mehr den Erfordernissen der Zeit und wurde neu errichtet. Durch weitere Umbaumaßnahmen wurde 1981 im Bruder-Konrad-Haus Platz für die ambulante Krankenpflege geschaffen. 2001 musste das Altersheim schließen. Die Räume wurden von der Sozialstation für die Kurzzeitpflege übernommen. Daneben erhielt hier nun die von Schwester M. Caritas organisierte und sehr beliebte musikalische Früherziehung eine Heimstatt.
Das Einzugsgebiet der Caritas-Sozialstation vergrößerte sich im Laufe der Zeit und erstreckte sich um 2010 über die sechs Gemeinden Alteglofsheim, Hagelstadt, Köfering, Mintraching, Obertraubling und Thalmassing. Doch mussten sich die Mallersdorfer Schwestern aufgrund fehlenden Ordensnachwuchses immer mehr aus ihren Tätigkeitsbereichen zurückziehen.Wie sehr ihr Engagement vor Ort geschätzt wurde, zeigte sich unter anderem 2018 in der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Schwester Maria Caritas Zimmermann, die seit 1973 im Obertraublinger Konvent lebte, 25 Jahre lang den Kindergarten leitete und von 1980 bis 1997 auch als Oberin dem Kloster vorstand. Sie und ihre Nachfolgerin, Oberin Maria Reinlindis Bauer, die 2007 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden war, waren die letzten Schwestern im Bruder-Konrad-Haus. Anläßlich der Auflösung des Klosters kehrten sie im Jahr 2020 in das Mutterhaus nach Mallersdorf zurück.
Insgesamt waren während der 85jährigen Geschichte des Klosters 35 Mallersdorfer Schwestern in Obertraubling tätig. Sie wirkten im Kindergarten, in der Altenpflege, in der ambulanten Krankenpflege, in der musikalischen Früherziehung sowie in vielen weiteren Aufgabenbereichen der Pfarrei. Bei der Bevölkerung waren sie hoch geschätzt und beliebt.
Christine Riedl-Valder