Regensburg, Kapuzinerkloster St. Fidelis – Seelsorge in der Vorstadt
Nach der Aufhebung des alten Regensburger Kapuzinerkloster St. Matthias in der Ostengasse, das von 1613 bis 1810 bestand, konnte der Orden erst über hundert Jahre später eine neue Niederlassung in der Stadt errichten. Als Standort wurde der westliche Vorort Prüfening gewählt. In Absprache mit dem Bauherrn Pater Linus, der damals auch die Errichtung der Münchner Kirchen St. Anton und St. Joseph verantwortlich leitete, entwarf Architekt Heinrich Hauberrisser 1916 Kirche und Kloster an der Uhlandstraße als großzügige, aus mehreren Bauteilen bestehende Anlage in neubarocken Stilformen. Trotz des Mangels an Baumaterialien nach dem Ersten Weltkrieg konnte das Vorhaben, nicht zuletzt mithilfe großzügiger Spender, realisiert werden. Die Ausstattung der Saalkirche übernahmen Ordensbrüder. Die Deckengemälde mit Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons fertigte Pater Rudolf 1926. Bereits 1921 vollzog der Regensburger Bischof Antonius von Henle die Einweihung.
In der Folgezeit leisteten die Kapuziner die Seelsorge für den ganzen Vorstadtbezirk. Sie hielten die Gottesdienste und Andachten ab, betreuten Kranke und Sterbende und unterstützten die Armen. Dazu kamen die Predigten von der eigenen Kanzel und im Dom. Sehr beliebt aufgrund seiner humorvollen Ansprachen war der erste Superior Pater Gerard.
Nach dem Vorbild des ehemaligen Klosters St. Matthias unterhielt auch St. Fidelis ein Studienseminar. Die bayerische Kapuzinerprovinz eröffnete 1921 im Ostteil der Klosteranlage an der Goethestraße für den Ordensnachwuchs neben der bereits seit 1892 vorhandenen Ausbildungsstätte St. Franziskus in Burghausen ihr zweites Knabeninternat. Es war zur Aufnahme von 90 Schülern angelegt, denen im Hinblick auf ihr zukünftiges Priesteramt der Besuch des benachbarten humanistischen Gymnasiums ermöglicht werden sollte. Die Einrichtung verfügte neben den Schlafsälen und Wohnräumen über eine Hauskapelle, Studier-, Speise- und Theatersaal, eine Badeanlage, einige Musik- und Lehrräume sowie eine separate Krankenstation. Besondere Förderung erhielten die Knaben im klostereigenen Chor und Orchester. Der wirtschaftliche Betrieb des Seminars unterstand dem Klosteroberen. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Schüler zum Militärdienst eingezogen. Zehn von ihnen starben im Krieg. Zwischen 1939 und 1945 musste der Studienbetrieb eingestellt und die Räume als Lazarett betrieben werden. Ab 1943 hatte die Klosterküche zusätzlich die mit 600 Patienten belegte Krankenstation im Gymnasium zu verpflegen.
1972 wurde das Knabeninternat mangels Nachfrage geschlossen. Die Klosterkirche St. Fidelis erhielt 1976/77 eine umfassende Renovierung. Aufgrund des Nachwuchsmangels musste der Konvent jedoch 1991 aufgehoben und das Kloster geschlossen werden. Schon ein Jahr zuvor hat man St. Fidelis, dessen originale Ausstattung vollständig erhalten ist, der Pfarrei Herz Marien als Filialkirche eingegliedert. Die Räume des Studienseminars dienten seitdem dem benachbarten Goethe-Gymnasium zu Schulzwecken. Die Klosteranlage wurde nach dem Auszug der letzten Mönche 1994 in ein Studentenwohnheim umgewandelt. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.
(Christine Riedl-Valder)