Ortenburg, Kloster Neustift


 

GESCHICHTE

Ortenburg, Kloster Neustift – Krankenpflege und Mädchenerziehung


Die Kongregation der „Schwestern von der ewigen Anbetung“, 1851 von dem Weltpriester Joseph Alois Faller im Elsass gegründet, hatte mehrere Niederlassungen in Frankreich. Im ersten Weltkrieg mussten 50 Schwestern wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit jedoch das Land verlassen. Sie fanden Unterkunft und Arbeit in der Benediktinerabtei Schweiklberg in Vilshofen und gründeten von dort aus ihr neues Mutterhaus in Niederbayern. Mit Genehmigung des Ordinariates Passau erwarben sie 1921 ein Anwesen mit zehn Tagwerk Grund in Neustift, das auf einer Anhöhe bei Ortenburg liegt. Da das Haus von Anfang an zu klein für die Gemeinschaft war, gründeten sie den „Anbetungsverein“ (heute „Benediktusverein“), um Geld für einen Neubau zu sammeln. Nach Genehmigung des Provinzhauses und Noviziats durch den für die Kongregation zuständigen Straßburger Bischof Charles Joseph Eugène Ruch sowie Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf, amtierender Oberhirte von Passau, begann im April 1923 mit tatkräftiger Unterstützung der Bevölkerung der Klosterneubau. Er wurde mit dem erworbenen Altbau und der angrenzenden Kirche zur Schmerzhaften Muttergottes verbunden und am 12. Oktober 1925 durch den Passauer Bischof geweiht. Im gleichen Jahr wurde die bisherige Oberin von Schweiklberg, Mater Columba Neef, zur ersten Provinzoberin der neuen ostbayerischen Ordensprovinz ernannt. Die Schwestern, die in ihrem Wirken gemäß ihren Grundsätzen Anbetung und karitative Tätigkeit verbinden wollen, übernahmen die ambulante Krankenpflege in der Region. Daneben eröffneten sie 1925 eine Haushaltsschule und 1929 einen Kindergarten. Von Anfang an trug eine kleine Landwirtschaft zu ihrem Unterhalt bei. Durch viele Neueintritte konnten in den Folgejahren einige neue Niederlassungen gegründet werden.

Während des NS-Regimes mussten die Schwestern die Schulleitung an eine weltliche Lehrerin übergeben; 1941 wurde die Schule geschlossen. Ab 1940 dienten Teile der Klosteranlage für die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Schwestern mussten in den umliegenden Lazaretten die Pflege und Versorgung der Verwundeten übernehmen. Im Oktober 1945 durfte die ordenseigene Bildungsstätte ihren Betrieb wieder aufnehmen. Sie wurde drei Jahre später zur Berufsfachschule erweitert (1981 aufgegeben). 1951 eröffnete das Kloster zusätzlich eine dreistufige Mittelschule für Mädchen (ab 1961 vierstufig; 1964 Neubau mit Internat; im Jahr 2000 wurde das Internat geschlossen). Unter der zweiten Oberin, Mater Eugenia Brendle, beschloss das Generalkapitel die Angliederung der Kongregation an den Benediktinerorden mit der Bezeichnung „Benediktinerinnen der Anbetung“, die 1956 von Rom bestätigt wurde. Bereits am 23. April 1953 legten 127 Schwestern in der Abteikirche Schweiklberg die ewigen Gelübde auf die Regel des hl. Benedikt ab. Um diese Zeit gehörten rund 200 Mitglieder zur bayerischen Provinz. Daher entschloss man sich 1954 zu einem großen Erweiterungsbau des Klosters, verbunden mit der Errichtung einer Anbetungskirche, die am 24. April 1956 zu Ehren des Papstes Pius X. geweiht wurde.

Auf Wunsch der Bevölkerung eröffneten die Benediktinerinnen 1994 den neuen Kindergarten St. Martin. Die ambulante Krankenpflege, der die Schwestern von Anfang an nachgingen, wurde zur Sozialstation mit fünf Mitarbeiterinnen ausgebaut (ab 2004 mit der Sozialstation Aldersbach vereinigt). Seit 1997 ist die sechsstufige Mädchenrealschule in Neustift, die bis in die Gegenwart unter der Trägerschaft der Benediktinerinnen steht, nach der ersten Provinzoberin Columba Neef benannt. Mater Renata Riedl, die ab 1971 als Oberin in Neustift wirkte, wurde 1982 als erstes Mitglied aus der bayerischen Provinz vom Kapitel zur Generalpriorin der Kongregation gewählt (Amtszeit 1982-2009). Ihre Nachfolge trat M. Helene Binder an, die zuvor ebenfalls das Amt der Oberin in Kloster Neustift innehatte. Ende 2013 gehörten rund 70 Schwestern zur bayerischen Provinz. Neben einem religiösen Veranstaltungsprogramm, das die Schwestern für Gruppen und Einzelgäste in ihrem Haus anbieten, eröffnete 2011 in Neustift der „Spirituelle Klostergarten“ – ein Ort, an dem die Besucher den Alltag vergessen und in der Stille die Begegnung mit der Natur, mit sich selbst und mit Gott finden können.

 

(Christine Riedl-Valder)

 

Link:

www.kloster-neustift.de

http://www.benediktinerinnen-der-anbetung.de/

 



 

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