Cham Arme Schulschwestern


 

GESCHICHTE

Cham, Arme Schulschwestern – Im Dienst der Mädchenbildung

Der Geistliche Rat und Lyzealprofessor Georg Anton Heigl spendete die großzügige Summe von 15000 Gulden zur Begründung einer Niederlassung der Armen Schulschwestern in Cham, die 1856 unter dem Patrozinium des hl. Antonius erfolgte. Der Orden sollte die Mädchenschule für Elementar- und Industrieunterricht betreuen. Zum Unterhalt bekamen die Schwestern jährlich 800 Gulden. Es wurde ihnen eine Wohnung mit Garten und in der benachbarten ehemaligen Franziskanerkirche ein eigener Bereich für ihr tägliches Gebet zugewiesen. Nach Genehmigung durch die Behörden konnten die Schwestern am 14. Oktober 1856 die Mädchenschule mit 295 Werk- und 76 Feiertagsschülerinnen übernehmen. Anfangs arbeiteten in Cham sieben Schwestern und eine Novizin. Die Industrieschule vermittelte den Mädchen eine gründliche Ausbildung in allen weiblichen Handarbeiten. Sie konnten hier ihre Aussteuer, Haushaltswäsche und Kleidung für den Hausbedarf anfertigen.

 

1907 eröffneten die Schulschwestern im ehemaligen Franziskanerkloster eine dreiklassige Höhere Töchterschule mit Internat, die 1913 in Mädchenmittelschule umbenannt und 1927 durch ein sechsklassiges Lyzeum ergänzt wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde den Armen Schulschwestern in Cham 1937 die Lehrbefugnis entzogen. Im April 1938 mussten sie das Kloster räumen. Dank finanzieller Unterstützung durch Chamer Bürger konnten sie das Anwesen des jüdischen Kaufmanns Schwarz, dem die Auswanderung gelang, in der Schulstraße erwerben. Sie wohnten dort bis 1950. Das ehemalige Kloster war bis 1944 Sitz einer BDM-Haushaltsschule und eines Wehrsportlagers der Hitlerjugend, anschließend Hilfskrankenhaus und Hospital der Amerikaner. Auch Klassen der Chamer Oberschule wurden dort einquartiert. Ab Herbst 1946 stellte die Stadt Cham die ehemaligen Kloster- und Schulräume als Flüchtlingslager zur Verfügung.

 

Der Orden der Armen Schulschwestern, der sich seit 1945 um die Wiedereröffnung seiner Schule im ehemaligen Kloster bemüht hatte, konnte zum 1. März 1947 die ehemaligen Gebäude in der Klosterstraße zurückkaufen, jedoch erst im Oktober 1950 mit dem Unterricht beginnen, nachdem die letzten Flüchtlinge ausgezogen waren. Das gleichzeitig wieder eröffnete Internat bestand bis 2003 und wurde zeitweise von bis zu 90 Schülerinnen jährlich genutzt.

 

Die Gerhardinger-Realschule, benannt nach der Ordensgründerin Karolina Gerhardinger (1797?1879), erfuhr so viel Zuspruch, dass man bis 1962 auf dem Gelände des Klostergartens einen ersten Erweiterungsbau (Emerita-Hertwich-Haus) fertigstellte und bis 1983 auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein zweites, dreiteiliges Gebäude mit Tiefgarage (Tretterhaus, benannt nach der langjährigen Schulleiterin Mater Edilburgis Tretter) errichten ließ. Ende 1991 wurde auch das Ettl-Haus in der Propsteistraße 4, das schon als Wirtshaus, als provisorische Synagoge und als Kulisse in dem berühmten Anti-Kriegsfilm „Die Brücke“ von Bernhard Wicki gedient hatte, nach einem Umbau von der Schule bezogen. Neben den Fachräumen für Hauswirtschaft, Informatik, Musik, einem Meditationsraum und einer großen Pausenhalle befindet sich hier eine eineinhalb Stockwerke hohe Aula, bei der es sich um den ehemaligen jüdischen Betsaal handelt.

 

Im Herbst 1995 fand die Sanierung von Altbau und Anbau ihren Abschluss. Gleichzeitig trat mit Max Petzi als Nachfolger von Mater Edilburgis Tretter der erste weltliche Schulleiter sein Amt an. 1997 kaufte die Kongregation der Armen Schulschwestern auch das neben dem Ettl-Haus gelegene ehemalige Vermessungsamt (Propsteistraße 6), um die Lücke zwischen Tretter-Haus und Ettl-Haus zu schließen und die drei Häuser durch einen überdachten Gang zu verbinden. 2002 bezogen die Schülerinnen ihre neuen Klassenzimmer. Die Einweihungsfeier am 15. November 2002 mit mehreren tausend Besuchern stellte einen Höhepunkt in der über 50-jährigen Schulgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Zum Schuljahr 2002/03 wurde die sechsstufige Realschule eingeführt. Das 150-jährige Jubiläum in der Wirkungsgeschichte der Armen Schulschwestern in Cham beging der Orden im Jahr 2006. Aufgrund der rückläufigen Schwesternzahlen übernahm jedoch zum 1. August 2009 die Schulstiftung der Diözese Regensburg die Trägerschaft der Bildungseinrichtung.

  

(Christine Riedl-Valder)

  

Link:

 

www.grs-cham.de

 



 

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