Türkheim, Kapuzinerkloster – über 250 Jahre Seelsorge
Das Kapuzinerkloster in Türkheim verdankte seine Existenz Herzog Maximilian Philipp, dem Bruder des Kurfürsten Ferdinand Maria von Bayern, und dessen Gemahlin Mauritia Febronia, die in Türkheim residierten und die fromme Stiftung vornahmen. Sie hatten sich bereits zuvor (1683/84) in unmittelbarer Nähe zu ihrem Schloss von Johann Schmuzer aus Wessobrunn eine Loretokapelle, eine Nachbildung der Casa Santa von Loreto, erbauen lassen. Anschließend wurden an deren Südseite die Kapuzinerkirche und daneben das Kloster errichtet. Die Pläne der Anlage stammten von dem Ordensbaumeister Pater Hyacinth aus München. Am 23. Oktober 1685 erfolgte die Grundsteinlegung und am 5. August 1697 weihte Fürstbischof Alexander Sigismund von Augsburg die Kirche unter dem Patrozinium der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Die Bettelmönche übernahmen in der Folgezeit die Messen, das Beichthören und die Predigten in der eigenen Klosterkirche, in der Hofkapelle und als Aushilfen auch in den umliegenden Pfarreien. Als volksnahe Seelsorger waren sie in der Bevölkerung sehr beliebt. Gemäß ihren Ordensregeln bestritten sie ihren Lebensunterhalt aus Spenden und Sammlungen. Vom Pflegamt Türkheim bezog das Kloster jährlich 1000 Gulden und an Naturalien Weiß- und Braunbier, Holz, Getreide, Karpfen und Salz.
Der Konvent, der Anfang des 19. Jahrhunderts 18 Mönche zählte, wurde in der Säkularisierung nicht aufgehoben. Seine Gebäude dienten zunächst als Zentralkloster, in dem zwölf Patres aus Donauwörth und weitere acht aus Rosenheim aufgenommen werden mussten. Als Guardian fungierte unter anderen Pater Raynundus Mayr aus Forstern (reg. 1792–1795, 1801–1803, 1806–1816). Er hinterließ eine Schrift über die Geschichte der kriegerischen Auseinandersetzungen in seiner Zeit, die er anhand von Archivmaterial zusammenstellte.
In der Folgezeit reduzierte sich die Anzahl der Türkheimer Mönche durch Todesfälle, Wegzug und Austritte bis auf einen Mönch und zwei Laienbrüder. Nach vielen Bittgesuchen aus der Bevölkerung und dem Orden genehmigte König Ludwig I. von Bayern mit Urkunde vom 10. Januar 1830 den Fortbestand des Klosters als Hospiz. Gleichzeitig wurde eine staatliche Unterstützung von 600 Gulden jährlich zugesichert. Die Aufgaben der Patres bestanden in der Seelsorge vor Ort und in den umliegenden Pfarreien sowie in der Abhaltung der Messfeiern, die von Herzog Maximilian Philipp 1685 gestiftet worden waren. 1832 wurde die Kirche saniert und feierlich neu eröffnet. Der Konvent bestand 1840 bereits wieder aus vier Patres und vier Laienbrüdern. Ab 1887 lag die Baupflicht für die Kirche beim bayerischen Staat. Das Gotteshaus erhielt damals eine Einrichtung im historisierenden Zeitgeschmack. 1888 wurde ein neuer Hochaltar aufgestellt. 1860 erreichte das Hospiz seinen personellen Höchststand mit sieben Patres. Auch die Loretokapelle wurde Anfang der 1890er-Jahre restauriert. Der damalige Guardian Pater Gratian Wittenzellner widmete ihr 1899 zwei Schriften. Die Klosterbibliothek, die im Lauf des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Zuwachs verzeichnen konnte, wurde 1900 nach Einzug einer Zwischendecke über dem Kirchenchor untergebracht. Im Ersten Weltkrieg mussten einige Patres und Fratres Sanitäts- und Kriegsdienste leisten. Gleichzeitig wurden im Kloster Soldaten einquartiert. 1948 erfolgte eine Modernisierung des Kircheninneren. Aufgrund fehlenden Nachwuchses verließen die letzten Kapuziner 1972 Türkheim. 1973 wurde das Kloster endgültig aufgelöst und 1998/99 in eine Seniorenresidenz umgebaut.
Christine Riedl-Valder