Würzburg, St. Stephan


 

GESCHICHTE

St. Stephan in Würzburg ? Kanoniker und Benediktiner

 

Ab dem Jahr 1000 gründete Bischof Heinrich I. in Würzburg eine Reihe von Niederlassungen geistlicher Gemeinschaften vor den Mauern der Stadt. So entstand in der  südlichen Vorstadt Sand um 1014 ein Kanonikerstift zu Ehren von St. Peter, St. Paul und St. Stephan.

Der Bau der ersten Kollegiatkirche mit zwei Querhäusern ging rasch vonstatten. Die romanische Westkrypta wurde bereits 1018 geweiht. Sie ist heute der älteste Teil von St. Stephan, dessen endgültige Kirchenweihe im Jahr 1032 erfolgte. Der Gründungsimpuls führte bald zu einer Blüte des Stifts, von der das ?Chronicon Wirceburgense? zeugt, eine in St. Stephan gefertigte Weltchronik bis 1057.

In diesem Jahr 1057 reorganisierte der Würzburger Bischof Adalbero die geistlichen Gründungen seines Amtsvorgängers Heinrich. Er wandelte das Stift am Sand in ein Benediktinerkloster um. Die Kanoniker versetzte der Bischof an das Stift Neumünster und besiedelte St. Stephan neu. Mit den Mönchen aus der Abtei Münsterschwarzach holte Adalbero die strenge Gorzer Reform nach Würzburg, welche später in St. Stephan durch zwei Äbte aus dem Reformkloster Hirsau erneuert wurde.

Im 11. Jahrhundert wurde der Erzmärtyrer Stephanus zum Hauptpatron. Erstmals für 1108 erwähnt wurden Reliquien des hl. Stephan im Kirchenschatz. Zunächst übte das Kloster von der Abteikirche die Pfarrseelsorge in der Vorstadt Sand aus. 1156 erbaute der Konvent eine separate Pfarrkirche St. Peter. Zudem versahen die Benediktiner den Gottesdienst im Frauenkonvent St. Afra. Um 1120 wurde den Mönchen das dem Kloster benachbarte Spital St. Margareth am südöstlichen Stadttor unterstellt, die älteste Würzburger Spitalgründung.

Aus dieser Zeit ist die romanische Michaelskapelle über dem Ossuarium erhalten geblieben. Von einer Erneuerung der Klostergebäude im Jahr 1147 stammt wohl ein Kapitell mit vier Männerköpfen, das heute zum Bestand des Mainfränkischen Museums gehört.

Das Geschlecht der Grafen von Henneberg übte bis 1189 die Vogtei über das Kloster. Urkundenfälschungen der Mönche von St. Stephan zeigen, dass der Konvent über diese Vögte keineswegs erfreut war.

Um das Jahr 1200 wurde St. Stephan in die erweiterte Stadtmauer von Würzburg einbezogen, 1212 ist eine vermutlich schon ältere Klosterschule belegt. Neben einem Brand im Jahr 1286 hatte die Abtei manche wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bestehen. Immerhin verlieh ihr der Würzburger Bischof die Pfarrei Veitshöchheim, was mit zusätzlichen Einkünften verbunden war. Kaiser Karl IV. ernannte 1365 den Abt von St. Stephan zu seinem Kaplan und stellte das Kloster unter kaiserlichen Schutz. 1465 zählte das Kloster sechszehn Mönche. Seit 1476 oblag St. Stephan auch die Seelsorge bei den Benediktinerinnen in der Ulrichsklause. Nach Einführung der Bursfelder Reform 1459 und 1480 bediente man sich zwanzig Jahre später der ?Stephaner? ihrerseits als Helfer bei der Reform des Schottenklosters. Auch die Schreib- und Buchbinderwerkstatt erlangte in diesen Jahrzehnten einige Bedeutung.

Reformation, Bauernkrieg und Schwedeneinfall gingen ohne größeren Schaden vorüber. Das vermögende Kloster konnte 1579 einen Beitrag zur Ausstattung des Juliusspitals leisten. 1651 errichtete man in St. Stephan ein Seminar zur Ausbildung des Ordensnachwuchses. Abt Eucharius Weiner (1667-1701) und Pater Ignatius Gropp (gest. 1758) gelangten als Gelehrte zu Ansehen. Vor allem Gropps ?Wirtzburgische Chronick deren letzteren Zeiten? knüpfte an die historiografischen Leistungen aus der Frühzeit von St. Stephan an. Sein Werk dient bis heute als wertvolle Quelle für die fränkische Geschichte.

Das 18. Jahrhundert brachte auch eine Umgestaltung der Kirche, zunächst 1715 durch einen Neubau des Ostchors. 1788/89 wichen die alten Mauern einem Neubau in klassizistischem Stil. Bei der Säkularisation der Abtei im Jahr 1803 war die Innenausstattung der Kirche noch nicht völlig fertig gestellt. St. Stephan wurde der evangelischen Gemeinde zur Nutzung übergeben und damit zur ersten evangelischen Pfarrkirche in Würzburg. Bis 1952 wurde die am 16. März 1945 zerstörte Kirche rekonstruiert, größtenteils ohne die klassizistische Ausstattung, während man die Klostergebäude abbrach. Der Kirchenraum der ehemaligen Abtei St. Stephan mit ihren romanischen Wurzeln lädt bis heute zu Andacht und Gebet ein.

 

 

(Markus Schütz)



 

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