Angesehene Lehrerinnen ? die Ursulinen von Mariä Verkündigung
Auf Bitten der Würzburger Bevölkerung gründeten unter Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau (reg. 1699?1719) Anfang 1712 vier Ursulinen aus Kitzingen eine Schule zur Erziehung der weiblichen Jugend in der Domstadt. Sie fanden ihre erste Niederlassung in einem Haus mit kleiner Kapelle in der Dominikanergasse und begannen dort Ostern 1712 mit sieben Nonnen Unterricht zu erteilen. Bereits 1722 war das Würzburger Kloster institutionell und finanziell von Kitzingen unabhängig. Zur besseren wirtschaftlichen Absicherung konnte im gleichen Jahr in Biebelried ein Hof erworben werden.
Schon 1715 war dieses Würzburger Kloster zu eng geworden. Im Jahr 1725 kauften die Ursulinen deshalb beidseits der Antoniuskapelle in der Augustinerstraße zwei Häuser, die 1726 erneut erweitert bzw. in barocken Formen umgebaut wurden. Die zu Ehren Mariä Verkündigung geweihte vormalige Antoniuskapelle weist am Portal neben dem Chor die Jahreszahl 1729 auf. Im Jahr 1733 zählte der Konvent 33 Nonnen, er wurde allerdings 1737 durch eine Epidemie kräftig dezimiert. Zwischen 1738 und 1740 wurde nach Plänen aus dem Baubüro Balthasar Neumanns ein neues Kloster errichtet. 1890 erfolgte eine Renovierung der Kirche.
Die Würzburger Schule, zu der auch ein Internat gehörte, zeichnete bereits früh ein hervorragender Ruf aus. Trotzdem wurde das Kloster in der Säkularisation sofort aufgehoben und 1804 der gesamte Besitz versteigert. Auf Drängen der Würzburger Bevölkerung konnte Weihbischof Gregor von Zirkel 1806 bei dem damals regierenden Großherzog Ferdinand von Toskana jedoch erreichen, dass der Ursulinenkonvent bis 1808 wieder hergestellt wurde. Im Jahr 1813 lebten bereits wieder 23 Nonnen im Kloster. Als Würzburg im Jahr 1814 endgültig an Bayern fiel, blieb das Kloster Dank der Fürsprache von Kronprinz Ludwig erhalten. Novizinnen durfte es allerdings erst wieder ab 1826 aufnehmen und der Konvent durfte nicht mehr als 24 Schwestern zählen. Feierliche Gelübde waren zunächst ebenfalls verboten. Trotzdem bedeutete das 19. Jahrhundert eine Blütezeit für das Würzburger Ursulinenkloster, in der Filialen in Bad Bocklet (1910) und Bad Kissingen (1926) eröffnet werden konnten.
Unter dem nationalsozialistischen Unrechtsregime wurden im Jahr 1937 die Schulen geschlossen. In die verlassenen Räume zogen zunächst das Kulturbauamt und später die Schutzpolizei ein. Obwohl der Klausurbau unbehelligt geblieben war, zwang der Broterwerb viele Schwestern zur Arbeit im Ausland. Am 16. März 1945 fielen Kloster und Kirche den Bombenangriffen zum Opfer. Bereits 1947 erteilten die Schwestern jedoch wieder Unterricht. Im Jubiläumsjahr 1962 zählte das Haus 46 Ordensfrauen und 774 Schülerinnen; im Jahr 2005 leben 20 Schwestern im Alter zwischen 26 und 100 Jahren im Konvent der Würzburger Ursulinen. Dort widmen sie sich weiterhin insbesondere der schulischen Erziehung von Mädchen.
Der ausgedehnte barocke Gebäudekomplex des 18. Jahrhunderts mit Fassaden zur Ursulinengasse, Augustiner- und Neubaustraße weist seit den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs im Westtrakt lediglich noch zwei Treppenhäuser mit ornamentierten Sandsteinbrüstungen aus der Bauzeit auf. Die spätgotische Ruine der Klosterkirche wurde 1972 in veränderten Formen und mit verkürztem Langhaus wieder hergestellt. Im Kreuzgang hat sich eine Madonna aus der Zeit um 1400 erhalten, die bis 1945 als Hausmadonna diente. Außerdem steht im Hof vor dem Westtrakt eine 1720 datierte Statue des hl. Johannes Nepomuk, die Balthasar Esterbauer zugeschrieben wird.
Erich Schneider