Kloster Rohr ? Augustinerchorherrenstift und Benediktinerkloster
Von den Einflüssen der Reformation erholte sich das Stift schnell. Daher wurden in der Zeit nach dem Trientiner Konzil, das die Erneuerung der katholischen Kirche zum Ziel hatte, zahlreiche Chorherren aus Rohr als Pröpste in anderen Stiften eingesetzt. 1595 erhielt Prälat Johann Holnsteiner (reg. 1589?1630) das Recht zum Gebrauch der Pontifikalien. Von 1618 bis 1620 wurde die Stiftskirche umgebaut und frühbarock ausgestaltet.
Im Dreißigjährigen Krieg erlitt Rohr schwere Rückschläge. 1632 und 1648 flohen die Kanoniker vor den schwedischen Truppen, die Kirche und Konventsgebäude plünderten und nieder brannten. Dabei gingen die kostbare Bibliothek und das Stiftsarchiv verloren.
Wegen der hohen Verschuldung des Stifts konnten die Stiftsgebäude erst im 18. Jahrhundert mit finanzieller Unterstützung des bayerischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel wieder errichtet werden. Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg wurde von 1717 bis 1723 unter Propst Patritius II. von Heydon (reg. 1682?1730) die Basilika durch die Gebrüder Asam nach dem Vorbild römischer Barockkirchen und der Münchner Theatinerkirche völlig neu gestaltet. Baumeister war der Wessobrunner Joseph Baader. Von großer kunsthistorischer Bedeutung ist der von Ägid Quirin Asam (1692?1750) als dreiteilige Schaubühne gestaltete Hochaltar. Hinter dem freistehenden Altar ist in einem Halbrund das Chorgestühl gruppiert. Den Chorraum beherrscht der von den Aposteln umgebene leere Sakrophag mit der darüber sich erhebenden Himmelfahrt Mariens und den umliegenden Säulen. Von dem Maler Cosmas Damian Asam (1686?1739) stammen mehrere Altarbilder: im nördlichen Querschiff die Apostelfürsten Petrus und Paulus, die nach der Verurteilung zum Martyrium eilen, sowie ein Selbstporträt des Meisters und am Altar der ersten Kapelle das Wasserwunder des hl. Korbinian. Zwischen 1749 und 1761 entstanden unter dem Baumeister Martin Baader die Konventgebäude neu. Nach 1760 wurde der bis heute erhaltene Ostflügel der Anlage erbaut.
Die Blüte des Stifts im 18. Jahrhundert äußerte sich in der stetig wachsenden Mitgliederzahl, nachdem sich Rohr 1715 an die Lateranische Kongregation angeschlossen hatte. In diesem Zusammenhang erhielt der Propst den Titel eines Abtes. Die Kanoniker beteiligten sich neben ihrem Engagement in der Seelsorge an der wissenschaftlichen Forschung, bauten die Bibliothek wieder auf und unterhielten eine Schule sowie einen Sängerknabenkonvikt.
1803 wurde das Stift Rohr aufgehoben. Teile der Klosteranlage wurden anfangs für unterschiedliche Zwecke genutzt, dann aber abgerissen. Erhalten blieben nur die Stiftskirche als Pfarrkirche sowie der Ostflügel mit dem Pfarrhof und dem Schulhaus. Im 19. Jahrhundert scheiterten mehrere Versuche, das Stift wieder zu besiedeln: 1880 durch Zisterzienserinnen aus Kloster Seligenthal in Landshut und 1890 durch Prämonstratenser aus Stift Wilten bei Innsbruck.
Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich aus Braunau (Brevnov / Böhmen) vertriebene Benediktiner in Rohr an. Unter Abt Dominik Prokop (reg. 1926?1969) wurde 1947 das Johannes-Nepomuk-Gymnasium mit Internat gegründet. Bis 1972 entstanden neue Klostergebäude, in denen neben Schule und Gymnasium auch ein Tagungshaus untergebracht ist. Seit 1997 bemüht sich ein Freundeskreis der Benediktinerabtei Rohr e.V. um die Erhaltung und Sanierung der barocken Klosteranlage. Die Rohrer Benediktiner widmen sich ? neben dem Schuldienst und der Aus- und Weiterbildung von Novizen ? in wissenschaftlichen Publikationen der Erforschung der Geschichte der Benediktiner in Böhmen und Mähren sowie der Geschichte der Augustinerchorherren in Altbayern und Schwaben.
Stephanie Haberer