Ziertheim-Reistingen, Kanonissenstift – ein vergessenes Frauenkloster
In Reistingen erfolgte im Mittelalter eine Klostergründung, über deren Anfänge und weitere Geschichte aufgrund fehlender Quellen nur wenig bekannt ist. Man nimmt an, dass es sich um eine Benediktinerabtei handelte. Die dazugehörige Kirche St. Petrus stammt aus dem 12. Jahrhundert. Mitte des 13. Jahrhunderts hatten die Grafen von Dillingen, die möglicherweise die Stifter waren, die Vogtei inne. Über Graf Hartmann V. von Dillingen, der von 1248 bis 1286 als Augsburger Bischof regierte, fiel sie an das Hochstift Augsburg. 1264 wird erstmals ein adeliges Damenstift genannt. Es erhielt 1331 die Ortspfarrei St. Peter inkorporiert. Drei Jahre später werden neben der Äbtissin noch sechs Stiftsdamen erwähnt. In einem Schriftstück aus dem Jahr 1359 ist in diesem Zusammenhang nur von „closterfrawen“ die Rede. Die Einrichtung besaß kein großes Vermögen und war weder in geistlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht herausragend. Um das Jahr 1434 ist noch von einer Kanonisse die Rede, die jedoch nicht am Ort wohnte. Der Augsburger Bischof Peter von Schauenberg (reg. 1424–1469) stellte daher zur selben Zeit an Kardinal Giuliano, den päpstlichen Legaten für Deutschland, den Antrag, das Stift Reistingen einzuziehen. 1450 unterschrieb Papst Nikolaus V. die Aufhebung des Klosters, das damals schon als völlig verlassen und verfallen beschrieben wurde. Seine jährlichen Einkünfte fielen bis zur Säkularisation dem Augsburger Bischofsstuhl zu. 1465 wurde ein Teil der Gelder zum Ankauf liturgischer Bücher für die Hofkapelle in Dillingen verwendet. Die ehemalige Frauenstiftskirche St. Peter fand als katholische Pfarrkirche weiterhin Verwendung. Sie wurde in der Folgezeit mehrfach umgebaut und erhielt das neue Patrozinium St. Veit. Ihre Apsis stammt noch aus romanischer Zeit.
Christine Riedl-Valder