Reichenbach


 

GESCHICHTE

Reichenbach, Benediktinerkloster Maria Himmelfahrt – Kulturelles Zentrum im Regental

 

Im Jahr 1118 gründeten Markgraf Diepold III. von Cham-Vohburg und seine Mutter Luitgard auf einer Anhöhe über dem Regental zwischen Nittenau und Roding das Kloster Reichenbach. Liutgard veranlasste die Besiedlung durch Benediktinermönche aus dem Reformkloster Kastl bei Amberg. Der erste Abt hieß Witigo. Die Stiftung war als Hauskloster des Grafengeschlechts vorgesehen, das es mit Besitzungen im mittleren Regental ausstattete. 1135 konsekrierte Bischof Heinrich I. von Regensburg die Kirche unter dem Patrozinium Mariä Himmelfahrt. Reichenbach erlebte bereits unter dem zweiten Abt Erchenger (reg. 1119–1176) in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens eine frühe Blüte. Das Kloster diente dem Stifter, Markgraf Diepold III., der nach seinem Tod 1146 im Kapitelsaal bestattet wurde, und seiner Familie, aber auch anderen Adelsgeschlechtern aus der Region als Grablege. Ein Brand der Klosteranlage 1181 brachte einen jähen Rückschlag. Dabei wurde das Archiv zerstört, sodass Papst Lucius III. und Kaiser Friedrich I. bald danach die Schutzbriefe über das Kloster erneuerten. Noch unter Abt Reginboto (reg. 1176–1183) erfolgte der rasche Wiederaufbau des Kloster. Nachdem das Geschlecht der Diepoldinger 1204 ausgestorben und die Vogtei an die Wittelsbacher gefallen war, verlor Reichenbach seine regionale Bedeutung. Der Klostergeschichtsschreibung zufolge soll Abt Friedrich II. Heinrichsreutter (reg. 1320–1346) als Beichtvater von Kaiser Ludwig IV. gewirkt haben und mit der Gründung des Klosters Ettal betraut worden sein. Im Hausvertrag von Pavia (1329) fiel Reichenbach an die pfälzische Linie der Wittelsbacher.

Kurfürst Ruprecht und der Regensburger Bischof Johann I. setzten 1394 den Kastler Mönch Johannes Strolenfelser als Reformabt ein. Ihm gelang es, die Klosterdisziplin so nachhaltig zu verbessern, dass Reichenbach nun selbst einige Konvente in der Region reformieren konnte. Anfang des 15. Jahrhunderts erfolgte der gotische Umbau der romanischen Basilika und die Errichtung einer starken Befestigungsanlage, die 1428 und 1433 den Einfällen der Hussiten widerstand. In der Folgezeit blühte das kulturelle Leben in Reichenbach auf. Das Kloster entwickelte sich unter Abt Johannes von Falkenstein (reg. 1436–1461) zu einem Zentrum der Bildung und Wissenschaft mit hervorragenden Gelehrten in den Fächern Mathematik, Astronomie und Geografie. Der astronomische Turm nordöstlich der Klosterkirche ist heute ein sichtbarer Überrest dieser Leistungen. Die Bibliothek umfasste damals schon über 1000 Bände.

Nachdem Kurfürst Ottheinrich in der gesamten Kurpfalz die Reformation eingeführt hatte, wurde das Kloster 1563 aufgehoben. Die Mönche waren den Lehren Luthers gegenüber aufgeschlossen und leisteten daher nur wenig Widerstand. Reichenbach wurde dann als weltliches Klosteramt über 100 Jahre lang von einem pfälzischen Administrator verwaltet. Um 1570 vernichteten calvinistische Bilderstürmer die spätgotischen Kunstwerke in der ehemaligen Klosterkirche. Im Zuge der Rekatholisierung der Oberpfalz kam es 1669 zur Wiederansiedlung von Benediktinern aus dem Reichsstift St. Emmeram in Regensburg. Ab 1695 durfte Reichenbach erneut als selbstständige Abtei agieren. Anstelle des mittelalterlichen Konventbaus, der noch in einer Ansicht aus dem Jahr 1687 überliefert ist (s. Abb.), wurden die Klostergebäude unter Abt Bonaventura Oberhuber (reg. 1698–1735) neu erbaut und die Kirche von 1742 an im spätbarocken Stil anspruchsvoll modernisiert. Ihre Obergadenwände im Langhaus zeigen in einem von den Prüfeninger Malern Johann und Otto Gebhard geschaffenen zwölfteiligen Bilderzyklus Szenen aus der Geschichte des Klosters (s. Abb.). In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entfalteten sich in Reichenbach erneut eine rege wissenschaftliche und literarische Tätigkeit, der die Säkularisation 1803 einen endgültigen Schlusspunkt setzte. Die Kirche dient seitdem als Filialkirche der Pfarrei Walderbach. Das Klostergut fiel in Staatseigentum. Erst 1820 wurden die Gebäude versteigert. Sie fanden wechselnde Verwendungen; unter anderem gründete Heinrich Waffler hier 1841 eine Steingutfabrik, die er bis 1863 betrieb.

1883 erwarb der Regensburger Domvikar Georg Dengler das Klostergebäude, um es Pater Andreas Amrhein aus der Benediktinerabtei Beuron zum Aufbau einer benediktinischen Missionsgemeinschaft zu überlassen. Doch bereits vier Jahre später zog die Gemeinschaft nach Emming am Ammersee, um dort das Kloster St. Ottilien zu gründen. 1891 übernahmen die Barmherzigen Brüder die Gebäude in Reichenbach, ließen sie sanieren und errichteten ein Wohnheim und Werkstätten für Menschen mit Behinderung, später auch eine Fachschule für Heilpflegeberufe. In der ehemaligen Klosterkirche erinnern neben den Fresken die Epithapien der Stifterfamilie und der Äbte von Reichenbach an die Geschichte des einstigen Benediktinerklosters.

 

 

Christine Riedl-Valder

 



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Gebhard, J.u.O., Graf Diepold II. und seine Gemahlin widmen die Klostergründung Reichenbachs (1118) der Himmelskönigin, Fresko, um 1750, Reichenbach, ehem. Benediktinerklosterkirche St. Maria.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg, G.)

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