Prüll


 

GESCHICHTE

Prüll bei Regensburg - die einzige Kartause in Altbayern

Das Kloster in Prüll, südlich vor den Toren des alten Regensburg gelegen, erlebte in seiner langen Geschichte zwei unterschiedliche Phasen. Die Epoche als Benediktinerabtei umfasste die Zeit von 1000 bis 1484. Es folgte eine Nutzung als Kartause bis zur Säkularisation 1803. 
Nach der Abtei St. Emmeram war das Kloster Prüll die zweite Niederlassung der Benediktiner im Raum Regensburg. Es war geweiht dem Heiligen Geist und den Heiligen Georg und Bartholomäus. Als Gründer gelten Bischof Gebhard I. (994-1023) und sein Bruder Rapoto. Sie errichteten um das Jahr 1000 (angeblich 997) ihre Stiftung auf einem von St. Emmeram eingetauschten Grundstück. Die Kaiser Heinrich II. und Konrad II. vermehrten den Besitz der Neugründung. So blühte Prüll schon in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens.
Durch die Reform des hl. Wolfgang hatte das Bistum 975 das alte Domkloster St. Emmeram verloren. Prüll sollte den Verlust ausgleichen. Seine Entstehung steht auch im Zusammenhang mit der Durchsetzung der vom lothringischen Kloster Gorze ausgehenden Reform. Deshalb wurden die ersten Äbte für Prüll aus St. Emmeram, als einem wichtigen Zentrum der Gorzer Reform, nach Prüll berufen. 
Die Lage des Klosters an der wichtigen Straße nach Augsburg in angemessenem Abstand zur Stadt Regensburg war wohl bedacht. Denn eine Hauptaufgabe der jungen Gründung war der Betrieb eines Hospizes. Es sollte die zahlreichen armen Fremden "abfangen" und so deren unkontrollierten Zustrom in die Stadt abmildern. Wohl von Anfang an war Prüll deshalb auch ein Doppelkloster, dessen Nonnen das Hospiz betreuten. Urkundlich nachweisbar ist der Frauenkonvent erst 1223. Er bestand erstaunlich lange, nämlich bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts. 
Prüll blieb bis in das 15. Jahrhundert ein bischöfliches Eigenkloster. Es erfuhr deshalb eine intensive Zuwendung durch die bischöfliche Ministerialität,. Aber es lag nicht im Schutz der Regensburger Stadtmauern. Daher führten die vor Regensburg ausgetragenen Streitigkeiten Kaiser Heinrichs IV. mit seinem Sohn Heinrich V. zu einer völligen Zerstörung der Abtei im Jahr 1105. 
Unter Bischof Hartwig I. (1105-1126) begann sogleich der Wiederaufbau. Dabei wurde auch die romanische Klosterkirche mit dem neuen Patrozinium St. Vitus errichtet. Prüll entwickelte sich neben Prüfening zu einem wichtigen Stützpunkt der Hirsauer Klosterreform. Dies manifestierte sich auch in der Architektur des Kirchenbaus, einer der ersten Hallenkirchen im Gebiet um Regensburg. Die dreischiffige Westempore mit einem eigenen Altar und dem der Gottesmutter Maria gewidmeten Bildprogramm ist durch den Frauenkonvent des Doppelklosters hinlänglich zu erklären. 
Im ausgehenden Mittelalter mehrten sich die wirtschaftlichen und disziplinären Probleme der Abtei. Ein Zeichen des Niedergangs war die Auflösung des Frauenklosters um 1450. Der kunstsinnige und baufreudige Abt Christoph Welser (reg. 1454-1482) versuchte seinem Kloster eine prachtvolle Gestalt zu verleihen, doch brachte er es damit auch in große finanzielle Not. 1482 wurde Abt Christoph als völlig unfähig abgesetzt. Wahrscheinlich verließen zu dieser Zeit die Konventualen mit Ausnahme des Priors das Kloster. Bereits 1483 verfügte Papst Sixtus IV. auf Ersuchen des bayerischen Herzogs Albrecht IV. die Aufhebung des Benediktinerklosters und die Einsetzung von Kartäusern. 
1484 zogen Kartäuser aus Nürnberg in Prüll ein, um hier ihre erste und einzige Ordensniederlassung im Herzogtum Bayern zu errichten. 1487 wurden alle Rechte und Freiheiten des ehemaligen Benediktinerklosters an den Kartäuserkonvent übertragen. 1488 wurde die junge Kartause vom Generalkapitel des Ordens vollberechtigt aufgenommen. Doch wollte der Benediktinerorden nicht ohne Weiteres auf Prüll verzichten. So führte er bis zum Jahr 1514 vergeblich einen Prozess vor der "Rota", dem päpstlichen Gericht in Rom.
Die Kartäuser begannen sofort mit dem Umbau des Klosters gemäß ihrer Ordensregel. An Kirche und Kreuzgang entstanden ab 1483 die charakteristischen Gartenhäuschen der Priestermönche, von denen einige an der Nordseite der Kirche bis heute existieren. 1498 begann der Bau des spätgotischen und 1513 geweihten Klerikerchors. Das durch einen Lettner abgeteilte Langhaus hieß "Bruderchor" und diente den Laienmönchen.
Besondere Bedeutung genoss die Kartause Prüll im frühen 17. Jahrhundert. Herzog Wilhelm V. von Bayern hatte 1598 seinem Sohn Maximilian die Staatsgeschäfte überlassen. Wilhelm, genannt "der Fromme", zog sich mit fortschreitendem Alter immer mehr in ein religiös-kontemplatives Leben zurück. Gerne besuchte er das auf bayerischem Territorium gelegene Prüll zu Meditationen und Bußübungen. 1623 soll Wilhelm V. sogar beschlossen haben, in Prüll seinen Lebensabend zu verbringen. Prüll wurde wegen seiner "guten Luft" und einer Heilquelle, deren Wasser die Kartäuser auch verkauften, gerne von Personen hohen Standes bis hinauf zum Kaiser besucht, wenn diese zu Reichstagen nach Regensburg kamen. Der alte Herzog Wilhelm konnte somit hoffen, seine Bußübungen mit persönlichen Kontakten zu verbinden und auf die Politik in der Reichsstadt Regensburg Einfluss zu nehmen. 
Unter dem Prior Georg Faselius (1601-1616) wurde mit herzoglicher Förderung mit der Neuausstattung der Kirche begonnen, die zunächst aufwändig stuckiert wurde. Wilhelm V. wollte Prüll zu seiner Memorialkirche machen, in der er zwar nicht beigesetzt werden, aber sich der immerwährenden Gebetsfürsprache der Kartäuser versichern wollte. Den Einfluss der Münchner Hofkunst zeigt deutlich der 1605 von Wilhelm V. gestiftete Hochaltar des Hofbildhauers Hans Krumpper, eine vereinfachte Wiederholung des Hochaltars von St. Michael in München.
Die Kartause Prüll, erst seit 1766 Abtei, lag nicht im Territorium der Reichstadt Regensburg, sondern im Kurfürstentum Bayern. Deshalb vollzog man hier die Säkularisation unverzüglich im März 1803. Sofort nach der Auflösung des Konvents begannen die Versteigerungen der Liegenschaften und des Inventars an Privatleute. Rund die Hälfte der Kartause fiel in der Folge der Spitzhacke zum Opfer. 1835 kaufte der bayerische Staat den Komplex wieder zurück und eröffnete 1852 in den restlichen Gebäuden die neu gegründete "Kreisirrenanstalt". Aus ihr entwickelte sich das Bezirksklinikum Regensburg. Es hat den Komplex mittlerweile vielfach umgestaltet und verändert.

( Peter Morsbach )



 

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