München, Ridlerkloster


 

GESCHICHTE

Ridlerkloster - Zwischen Hofdamen und Franziskanern

Im Jahr 1295 begründete der Münchner Patrizier Heinrich Ridler in der nördlichen Vorstadt nach dem Vorbild des Regelhauses beim hl. Christoph (später: Püttrichkloster) eine Stiftung für Seelfrauen. Das Seelhaus der Ridler lag außerhalb der ersten Stadtmauer an der "Hinteren Schwabinger Gasse", der heutigen Theatinerstraße. 1324 starb der Gründer auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem.
1395 verlegte Gabriel Ridler, einer der bedeutendsten frommen Stifter in der Münchner Stadtgeschichte, das Seelhaus in die "Vordere Schwabinger Gasse", wo er ein Anwesen der Familie Pienzenau gekauft hatte. Die neue Lage entspricht der Einmündung der Residenzstraße in den Max-Joseph-Platz , also der Westecke des Königsbaus der Residenz. Mit dem Umzug kamen die "Ridlerfrauen" in die direkte Nachbarschaft des Seelhauses der Püttrich (heute: Restaurant "Spatenhaus") und des Franziskanerklosters (heute: Staatsoper). So entstand hier am Ende des 14. Jahrhunderts gleichsam ein franziskanisches Stadtviertel. Erst 1409 erhielt das Regelhaus der Ridler eine eigenen Kirchenraum mit dem Patrozinium der beiden hl. Johannes. Diese Kirche war von außen über eine mehrstufige Treppe allgemein zugänglich und erhielt den Beinamen "Auf der Stiege". Mit dem Bau der "Neufeste" als Kern der Residenz ab 1469 geriet das Ridlerhaus in die vornehme Nachbarschaft des wittelsbachischen Hofes. 
Im Lauf der Zeit wurden die Seelfrauen im Ridlerhaus einer immer strengeren Disziplin unterworfen. Die älteste bekannte Hausregel schuf 1369 der Franziskanerpater Vinzenz Ridler, ein Enkel des Stifters. Die Frauen konnten aus der Gemeinschaft nur noch mit Zustimmung der übrigen Schwestern und der Stifterfamilie austreten. Das Regelhaus durften sie nur mit Erlaubnis der Oberin und in Begleitung verlassen. Zugleich mit dem Ortswechsel von 1395 übergab Gabriel Ridler, Bruder des Franziskanermönchs Vinzenz, die Familienstiftung an den Dritten Orden der Franziskaner. Die bisherigen Seelfrauen waren nun eine Wohngemeinschaft weltlicher Terziarinnen. Ab 1396 galt für sie zudem das Gebot der Ehelosigkeit. Noch bewegten sich die "Ridlerinnen" zum Missfallen der Franziskaner frei in der Stadt. Doch 1483 erzwang der Männerorden mit Konsens der Ridler strengere "Gewohnheiten", worauf die Hälfte der Frauen die Stiftung verließ. Von 1521 bis zur ihrer Aufhebung (1782) lebten die Ridlerschwestern gemäß der von Papst Leo X. erlassenen allgemeinen Regel für klösterlich lebende Terziaren. 
1621 begaben sich die Nonnen in strenge und ewige Klausur. Ab 1624 sangen sie auch das lateinische Brevier. Neben dem Chorgesang widmeten sich die Nonnen der Krankenpflege für die Damen des Münchner Hofs. Die adligen Patientinnen wurden dazu über einen Verbindungsgang aus der Residenz in das Kloster gebracht. Dort befand sich außerhalb der Klausur eine Krankenstation. Als Zeichen der faktischen Angleichung des Klosters an das Leben der Klarissen erfolgte 1627 der Wechsel von der weißen Haustracht zum grauen Habit mit schwarzen Schleier. Im gleichen Jahr wurden zusätzlich zu den Chorfrauen so genannte "Kuchlschwestern" ("Küchenschwestern") für die groben Hausarbeiten aufgenommen. Auch diese Schwestern leisteten die Profess.
Das Ansehen des Klosters war so hoch, dass im Jahr 1564 drei Töchter Kaiser Ferdinands I. in den Konvent eintreten wollten. Das Vorhaben, für das bereits umfangreiche Bauarbeiten veranlasst worden waren, scheiterte indes am Protest des österreichischen Adels. Der Konvent verfügte über großzügige Naturalstiftungen, unter anderem des Kurfürsten Maximilian. Zudem besaß das Kloster im späten 18. Jahrhundert in München vier Privathäuser mit gut vermieteten Wohnungen, dazu mehrere Gärten vor der Stadt und rund ein Dutzend Bauernhöfe im Umland. Das Vermögen des Klosters in Anlagen, Schuldverschreibungen und Bargeld belief sich auf etwa 140.000 Gulden, einer für die damalige Zeit sehr beachtliche Summe. 1769 wurde das Kloster der Aufsicht des Franziskanerordens entzogen und der Jurisdiktion der Diözese Freising unterstellt. Die verzweigte Stifterfamilie der Ridler war in der Münchner Linie 1748 im Mannesstamm erloschen, 1791 starb der letzte weibliche Nachfahrin des Geschlechts. 
1781 erreichte Kurfürst Karl Theodor die Zustimmung von Papst Pius VI. zur Säkularisation des Ridlerhauses. 1782 wurde das Kloster aufgehoben. Als offizielle Begründung führte der Hof die für ein Frauenkloster angeblich zu enge Verbindung mit der Residenz an. In Wahrheit ging es dem Kurfürsten um die Übertragung des Klostervermögens an die von ihm neu errichteten Malteser in Bayern. Pro forma wurde auch der staatliche Fonds für die Volksschulen mit etwas Geld aus der Ridlerstiftung bedacht. Von den 39 Angehörigen des Konvents zogen zwölf Chorfrauen und sechs Kuchlschwestern in das benachbarte Püttrichkloster. Dreizehn Frauen fanden Aufnahme bei den Elisabethinerinnen vor dem Sendlinger Tor. In München blieben zudem zwei "Ridlerinnen" als Englische Fräulein und eine als Paulanerin. Von den übrigen Nonnen des Ridlerhauses wurde eine Benediktinerin in Frauenchiemsee, eine Zisterzienserin in Landshut und eine Ursulinerin in Straubing.
Das alte Klostergebäude wurde wohl ab dem Frühjahr 1783 allmählich entkernt und das noch nutzbare Baumaterial entnommen. Seine letzten mittelalterlichen Mauern verschwanden zugleich mit dem Abbruch des Franziskanerklosters im Jahr 1803. Von 1826 bis 1835 entstand auf dem ehemaligen Ridlergrund der so genannte Königsbau der Residenz.

( Christian Lankes )



 

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