München, Elisabethinerinnenkloster


 

GESCHICHTE

Elisabethinerinnenkloster, München ?Selbstaufopferung im Krankendienst

 

 

Mit Unterstützung von Maria Amalia von Habsburg, der Witwe des Kurfürsten Karl Albrecht von Bayern, gelang es den Elisabethinerinnen 1754 in München eine Niederlassung zu gründen. Diese geistliche Gemeinschaft steht in der Tradition der hl. Elisabeth von Thüringen (1207?1231, 1235 Heiligsprechung) und ist ein Zweig der großen Ordensfamilie der Franziskaner. Die Nonnen leben in strenger Klausur und begehen gemeinsam das Chorgebet. Nach dem Vorbild ihrer Gründerin widmen sich die Elisabethinerinnen vor allem der Armen- und Krankenpflege. Von Prag aus versuchte der Orden schon seit den 1740er-Jahren, in Bayern sesshaft zu werden. Nach missglückten Versuchen in München und Landshut entstand 1748 in Azlburg bei Straubing das erste Kloster (siehe dort).

 

Der kurfürstliche Geistliche Rat stimmte dem Ordenssitz in München unter der Voraussetzung zu, dass die Nonnen bereit sind, Laienschwestern in Krankenpflege auszubilden und Mitglieder des Paulanerinnenklosters vom Lilienberg ob der Au aufzunehmen. Nach erfolgreicher Klärung dieser Fragen erwarb die Oberin von Azlburg, Maria Franziska Philippina, Grundstücke westlich des Sendlinger Tors zwischen der heutigen Poliklinik und der Augenklinik an der Mathildenstraße. Schon im Frühjahr 1755 bezogen die Nonnen ein Haus im Garten des Graf-Spreti-Anwesens, das sie erworben hatten, und errichteten darin das provisorische Spital und eine Hauskapelle. 1758 erfolgte die Grundsteinlegung zur Klosterkirche. Zu ihrem Bau und der Ausstattung trugen hervorragende Künstler des späten Rokoko bei. Johann Michael Fischer entwarf den rechteckigen Grundriss mit abgerundeten Ecken und Altarnischen, einem rechteckigen Chor im Westen und einer Vorhalle im Osten. Die Deckenfresken, die die Stigmatisation des hl. Franziskus (im Chor), die Verherrlichung der hl. Elisabeth und das segensreiche Wirken des Elisabethinerinnen-Ordens (im Hauptraum) zum Inhalt hatten, schuf Matthias Günther 1765. Eine monumentale Kreuzigungsgruppe am Hochaltar stammte wohl von Ignaz Günther. 1777 wurde die Klosterkirche durch den Freisinger Fürstbischof Joseph Ludwig nach dem Wunsch der Stifterin Maria Amalia zu Ehren der ?Heiligen Fünf Wunden des Erlösers? eingeweiht. Die Fassade, 1790 von Franz Anton Kirchgrabner vollendet, gehört zu den schönsten Denkmälern des Münchner Frühklassizismus.

 

Das neue Elisabeth-Spital an der Mathildenstraße umfasste einen dreigeschossigen Block. Der schwere und selbstlose Dienst, den die Nonnen hier im Krankendienst leisteten, löste bei vielen Zeitgenossen größte Hochachtung aus. Trotzdem befanden sich die Elisabethinerinnen in sehr schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen und mussten betteln gehen, um ihren bescheidenen Unterhalt bestreiten zu können. Die Unterstützung durch den Landesherrn, den Adel und die Bürger war nicht ausreichend, um die laufenden Kosten des Spitals zu decken. Das Münchner Kloster war von den anderen Niederlassungen, wie zum Beispiel Azlburg, völlig unabhängig und unterstand keiner Generaloberin. Es wurde nur vom Freisinger Bischof kontrolliert. Die Wahl der Oberin erfolgte alle drei Jahre nach den kanonischen Satzungen. Diese wurde von den Schwestern ?Mutter? genannt und hatte eine Vikarin oder Assistentin zur Seite. Der Konvent bestand aus Chorfrauen und Laienschwestern, die als Krankenwärterinnen oder als Gehilfinnen in der Apotheke und der Wäscherei arbeiteten.

 

1782 war die Schuldenlast so groß geworden, dass das Kloster unterzugehen drohte. Nur mit Unterstützung durch Kurfürst Karl Theodor konnte die Auflösung verhindert werden. Der Landesherr vermittelte zinsfreie Darlehen und neue Beihilfen, genehmigte großzügige Getreide- und Brennholzzuweisungen und befreite die Nonnen von allen Abgaben und Steuern. Einen bedeutenden Zuwachs an Mitgliedern erhielt der Konvent im Jahr 1783, als rund 20 Schwestern des aufgehobenen Ridler-Frauenklosters zu den Elisabethinerinnen wechselten. Der Tod des Kurfürsten im Jahr 1799 bedeutete daher einen großen Verlust, obwohl sich die finanzielle Lage des Klosters mittlerweile erheblich verbessert hatte. Schon Ende des Jahres 1800 mussten die Elisabethinerinnen an den Staat wertvolles Kirchensilber abliefern. Für die Opfer der napoleonischen Kriege leisteten die Nonnen in jener Zeit Samariterdienste. So pflegten sie nach der Schlacht bei Hohenlinden am 3. Dezember 1803 die Verwundeten in mehreren Feldlazaretten. Unter Kurfürst Maximilian IV. Joseph, dem späteren König Max Joseph I., wurde den Elisabethinerinnen jedoch ab 1804 jede Förderung entzogen. Schon zuvor hatte die kurpfalzbayerische Landesregierung begonnen, sich mehr und mehr in die innersten Angelegenheiten des Klosters, wie die Wahl der Oberin oder das gemeinsame Chorgebet, einzumischen. Die Aufhebung des Klosters und des Spitals im Zuge der Säkularisation erfolgte 1809. Damals bestand der Konvent aus 28 Chorfrauen und acht Laienschwestern. Sie erhielten zum Teil eine Pension; jüngere Schwestern wurden weiter im Krankendienst beschäftigt.

 

Die Klostergebäude blieben jahrelang unbewohnt, bis 1823 das Heilig-Geist-Spital in diese Räume einzog. Es war von seinem alten Standort im Tal durch den neu angelegten Viktualienmarkt verdrängt worden. Die Kirche diente von da an als Spitalkirche. 1836 wurde die Betreuung den Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul anvertraut, die somit das Erbe ihrer Vorgängerinnen in gewisser Weise weiterführten. 1904 zog das Spital in einen Neubau am Dom-Pedro-Platz um. Danach wurde das ehemalige Elisabethinerinnen-Kloster abgerissen und an dessen Stelle 1905?1910 die Poli- und Augenklinik erbaut, der die ehemalige Klosterkirche als Krankenhauskirche angegliedert war. Die Kirche fiel einem Fliegerangriff Anfang Oktober 1943 zum Opfer. Nach dem Krieg wurde sie bis 1963 in der alten Form wiederaufgebaut. Von der ehemaligen Ausstattung konnten nur der Hochaltar und die Kanzel unter Verwendung erhaltener Teile rekonstruiert werden.

 

Christine Riedl-Valder



 

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