München, Karmelitenkloster


 

GESCHICHTE

Die Münchner Karmeliten ? Nachbarn der Max-Burg

Seit der Abtrennung der so genannten Unbeschuhten Karmeliten (oder Discalzeaten) vom ursprünglichen Orden der Beschuhten Karmeliten 1593 breitete sich dieser neue, strengere Ordenszweig im 17. Jahrhundert schnell in den katholischen Ländern Europas aus. So kam es 1631 auch in München zur Gründung eines Karmels, wie ein Kloster der Karmeliten genannt wird. Diese Niederlassung steht in engem Zusammenhang mit einem bedeutenden Kapitel bayerisch-wittelsbachischer Geschichte.

Der Überlieferung nach hatte der charismatische Ordensgeneral der Unbeschuhten Karmeliter, Dominicus a Jesu Maria Ruzola, 1620 großen Anteil am Sieg Maximilians I. von Bayern in der Schlacht am Weißen Berg. Dem spanischen Karmelitermönch war es gelungen, die von Herzog Maximilian geführten Truppen der katholischen Liga sowie die Armee Kaiser Ferdinands II. derartig zu motivieren, dass sie trotz strategischer Unterlegenheit die Truppen des kalvinistischen ?Winterkönigs?, Friedrich I. von Böhmen, in der Nähe von Prag besiegen konnten.

Maximilian von Bayern ging aus dieser folgenschweren Schlacht als großer Sieger hervor und erhielt vom Kaiser dafür unter anderem die Kurwürde. Aus Dank für das wundersame Eingreifen des Karmeliters legte Maximilian noch am Weißen Berg das Gelübde ab, in München ein Kloster für die Unbeschuhten Karmeliten errichten zu lassen. Maximilian griff damit einen Plan seines Vaters Wilhelm V. auf.

Am Allerheiligentag 1629 trafen vier Mönche aus dem Karmelitenkloster Prag in München ein und erhielten zunächst in der ?Herzog-Max-Burg? Quartier. Die benachbarte kleine Nikolauskirche durften sie als Kirche benützen. Als in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs das Noviziat der deutschen Provinz 1630 von Prag nach München verlegt wurde, stellte Maximilian I. am 1. Juli 1631 einen offiziellen Fundationsbrief für die Karmeliten-Niederlassung in München aus. Er legte fest, dass man in dieses Kloster nur ?gelehrte und geschickte? Patres aufnehmen solle. Außerdem unterstützte er den Karmel mit jährlichen Zahlungen. 1650 gelang es den Karmeliten mit Unterstützung des Kurfürsten und dessen Bruder Albrecht VI., das östlich an die Max-Burg angrenzende Gebäude zu erwerben, wo in den folgenden Jahren ein Klosterneubau errichtet wurde. Den Grundstein zur Karmelitenkirche legte am 22. Juli 1657 Kurfürst Ferdinand Maria, den Bau führte Hofbaumeister Marx Schinnagl nach Plänen seines Vorgängers Konrad Asper aus. Kloster und Kirche am heutigen Promenadeplatz bilden eine Vierflügelanlage. Architektonisch leitet die Karmelitenkirche bereits zum Münchner Kirchenbarock über, der in der Theatinerkirche seinen ersten Höhepunkt erfuhr.

Der Konvent zählte etwa 30 Ordensmitglieder, die in der Münchner Bevölkerung aufgrund ihrer seelsorgerischen Tätigkeit sehr geschätzt wurden. Typisch für den Orden war die besondere Marienverehrung, die unter anderem in den so genannten Skapulierbruderschaften gepflegt wurde, deren Mitglieder stets einen Gürtel (Skapulier) unter der Kleidung trugen. Die verwitwete Kurfürstin Maria Anna führte 1663 in der Karmelitenkirche eine Bruderschaft vom hl. Joseph ein. Nach der Aufhebung des Klosters 1802 wurden der Altar und die berühmte Schutzengel-Gruppe von Ignaz Günther in die Bürgersaalkirche in der Neuhauserstraße übertragen. Das 1763 geschaffene Meisterwerk Günthers zählt zu den bedeutendsten Plastiken süddeutscher Rokokokunst.

Die Aufhebung des Münchner Klosters der Unbeschuhten Karmeliten wurde bereits 1801 vorbereitet. Zunächst mussten die Karmeliter das Kloster räumen, in dem man während des ersten Koalitionskriegs französische Truppen einquartierte. Anschließend wurden hier Schulräume eingerichtet. Die umfangreichen ?Aufhebungsakten? bezeugen einen hervorragenden Zustand des Karmels, sowohl in Bezug auf die klösterliche Disziplin und die bescheidenen Lebensverhältnisse der Mönche als auch auf den soliden Vermögensstand des Konvents. Der Hauptbericht über das Kloster endet mit den Worten, ?daß wir unserem Landesfürsten solche brave und folgsame Religiosen wünschen, die dann auch vollen Anspruch auf die ausgezeichnetste gnädigste Behandlung ... verdienen...? Trotzdem wurde am 18. Juli 1802 die endgültige Aufhebung des Karmelitenklosters angeordnet. Die Mönche gingen, soweit sie nicht Weltpriester wurden, in das Zentralkloster nach Straubing, wo der Orden allmählich ausstarb.

Die alte Karmelitenkirche in München wurde zunächst Studienkirche. 1826 wurde zeitweilig die alte Priesterseminarstiftung ?Georgianum? in den Klostergebäuden einquartiert. Heute ist in Teilen der ehemaligen Kirche und des Klosters das Diözesanarchiv des Erzbistums München und Freising untergebracht.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründeten die Unbeschuhten Karmeliten wieder eine Niederlassung in München-Neuhausen, deren Klosterkirche St. Theresia seit 1935 zugleich Stadtpfarrei ist. Im Kloster befindet sich als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ein von Melchior Steidl 1724 gemalter Gemäldezyklus über das wundersame Wirken des Karmeliters Dominikus a Jesu Maria in der Schlacht am Weißen Berg.

(Barbara Reinicke )



 

SUCHE

AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Ehemalige Karmeliten-Klosterkirche St. Nikolaus in München, erbaut 1660 (später verändert/zerst.), Architekt: Hans Konrad Asper.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg)

Zum Vergrößern bitte das Bild anklicken.


LAGE IN BAYERN
Kartenausschnitt in Google Maps anzeigen