Langenzenn ? fränkische Mitstreiter einer böhmischen Reformbewegung
Der Ort an der Zenn, der auf Grund der lang gestreckten Anlage seinen Namen erhielt, erwuchs vermutlich aus einem Königshof. Seit dem Jahr 1289 existierte hier eine Pfarrei. Unter den Burggrafen von Nürnberg, die ab 1379 als Patronatsherren erscheinen, erfolgte der Ausbau zur Stadt und eine Ummauerung.
Zwei Burggrafen, die Brüder Johann III. und Friedrich VI. (mit seiner Frau Elisabeth von Bayern), gründeten 1409 an der Stadtpfarrkirche ein Augustiner-Chorherrenstift für einen Propst und zwölf Chorherren, das reich dotiert wurde. Sie erfüllten damit einen Wunsch des verstorbenen Burggrafen Friedrich V. Die Nürnberger Burggrafen und ihre Nachkommen übernahmen auch die Schutzvogtei. Das Stift stand unter der geistlichen Aufsicht von Bischof Johann I. von Würzburg. Diesem präsentierte Burggraf Friedrich VI. den Magister Peter Imhof, Kanoniker des Stiftes Neunkirchen am Brand, 1409 als ersten Propst und zugleich Stadtpfarrer von Langenzenn.
Zu jener Zeit ging die fortschrittliche Reformbewegung schon ganz von den Bettelorden aus. So war Langenzenn nach Neunkirchen am Brand (1313 gegründet) mit Abstand die letzte Neugründung der Augustinerchorherren in Bayern. Vorrangig diente das Stift mit seinen Chorherren dazu, dem Gottesdienst in der alten Pfarrei mehr Glanz zu verleihen. Über das Mutterstift Neunkirchen am Brand kam der Konvent jedoch schon früh in Kontakt mit einer neuen Reformbewegung. Sie war auf Betreiben Kaiser Karls IV. im Kloster Raudnitz in Böhmen entstanden. Burggraf Johann III. von Nürnberg, einer der Gründer von Langenzenn, war ein Schwiegersohn Kaiser Karls IV. Der mit dem Kaiser befreundete Bischof Lamprecht von Bamberg setzte durch, dass sich das Stift Neunkirchen am Brand 1390 der Raudnitzer Reform anschloss. Langenzenn erhielt die reformierten Statuten 1412 von Bischof Johann II. von Würzburg bestätigt. Mit ihnen wurde u. a. die Wiedereinführung des Armutsideals festgelegt und die klösterliche Disziplin gestärkt.
1388 legte ein Brand Langenzenn in Schutt und Asche. Das Bildnis der Maria soll die Feuersbrunst unversehrt überstanden haben. Bald danach entwickelte sich an der Stiftskirche die beliebte Wallfahrt ?Zur schwarzen Muttergottes?, die bis 1553 bestand. Im Kloster war in dieser Zeit rege wissenschaftliche Tätigkeit zu verzeichnen. Während des Krieges zwischen den beiden fränkischen Bischöfen und Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg brannte Langenzenn 1460 noch einmal ab. Dabei ging mit der Klosteranlage auch der größte Teil des Archivs verloren. In den Folgejahren wurde der Kirchenchor erneuert und der Turm ausgebaut. Die Stiftsgebäude mit Kapitelsaal und Kreuzgang entstanden 1467/68 als Vierflügelanlage unter Einbeziehung des alten Nordflügels neu.
Langenzenn zählt zu den wenigen mittelfränkischen Klöstern und Stiften, die sich im 16. Jahrhundert halten konnten und ihren Orden nicht an den Protestantismus verloren gingen.
Das Stift wurde letztlich durch den Landesherrn säkularisiert. Als die im Bauernkrieg 1525 geflohenen Chorherren nach Ansbach zurückkehrten, verbot ihnen der Landesherr, die Ordenstracht wieder anzulegen. Der Markgraf nahm das Stift an sich und zog 1539 die Kapitelgüter ein. Die Gebäude dienten der markgräflichen Verwaltung; 1797 waren sie Sitz einer Kaserne. Die Stiftskirche erhielt eine neue Funktion als evangelische Pfarrkirche (1688 und 1773 teilweise umgebaut; einschneidende Renovierung 1873?1883). In ihr haben sich eine ausgezeichnete spätgotische Einrichtung (Flügelaltäre des Nürnberger Künstlerkreises aus der Zeit um 1500, Verkündigungsrelief des Veit Stoß; Chorgestühl) sowie Fragmente spätgotischer und frühbarocker Wandmalereien im Chor und in den Seitenkapellen erhalten. Am Außenbau der Kirche ist eine Freiluftkanzel angebaut. Der Ablassprediger Tetzel soll hier 1517 für den Peterspfennig geworben haben. Der Großteil der über 1100 Bände umfassenden Stiftsbibliothek ging im Dreißigjährigen Krieg verloren; Reste befinden sich in Wunsiedel und Pommersfelden. Das Kloster mit prachtvoll gotischem Kreuzgang und Dormitorium ist erhalten.
(Christine Riedl-Valder)