Herrieden, Kollegiatstift


 

GESCHICHTE

Herrieden – karolingisches Kloster an der Altmühl

Die erste Nennung eines Klosters in Herrieden stammt aus dem Jahr 797, als die Abtei von dem Adligen Cadolt gegründet wurde. Das PatroziniumSt. Vitus (Veit), ein von den Frankenkönigen sehr verehrter Heiliger, deutet auf große Nähe der Stifter zu den Karolingern. So soll Karl der Große selbst seinen eigenen Beichtvater Deocar als den ersten Abt eingesetzt und in seinem Kloster besucht haben. Deocar wurde später als Seliger verehrt, an dessen Grab sich etliche Heilungen von Blinden ereignet haben sollen.

In karolingischer Zeit gehörten Melk, Grünz und Pielach in Niederösterreich zum Besitz von Herrieden. Sogar aus Duisburg erhielt das Kloster damals Abgaben. 863 stieg Abt Luitpert zum Mainzer Erzbischof auf und wurde damit Erzkanzler des Reichs. Unter König Arnulf kam die Abtei 888 an den Bischof Erkanbald von Eichstätt. Fortan verblieb Herrieden, das gleichzeitig zu einem Stift für Chorherren (Kanoniker) umgewandelt wurde, beim Bistum des hl. Willibald. So befindet sich das Stiftsarchiv heute im Diözesanarchiv Eichstätt. Bis zur Säkularisation bestimmten die Stiftsherren das Leben im Ort, dem 1230 das Stadtrecht verliehen wurde.

Auf einer kleinen Anhöhe an der Altmühl gelegen, zeigt Herrieden ein geschlossenes Ortsbild mit alter Ummauerung. Innerhalb der Stadt sind das Stiftsviertel mit den einzelnen Häusern der Chorherren, die Handwerker- und die Ackerbürgerhäuser gut unterscheidbar. Eine kleine Burganlage wird 1122 erstmals erwähnt und dient heute als Brauerei. An Stelle der früheren Furt überspannt eine steinerne Brücke den Fluss.

Bemerkenswert ist die Existenz von gleich drei Kirchen in dem kleinen Ort. Denn neben St. Vitus konkurrieren zwei weitere Sakralbauten um den Rang des ältesten Gotteshauses in Herrieden. Die Liebfrauenkirche soll bereits 782 gegründet worden sein und auch die Kirche St. Martin reicht mit dem Patrozinium eines fränkischen Königsheiligen wohl zurück bis in die Zeit der Karolinger. Auch ist eine im Lauf der Zeit wechselnde Nutzung aller drei Kirchen als Hauptkirche des Stifts vorstellbar. So errichteten beispielsweise Chorherren und Stiftsbeamte vom 16. bis in das 18. Jahrhundert ihre Gedenktafeln nicht in St. Veit sondern in St. Martin.

Die Spuren der ältesten Bauten in Herrieden fielen im Jahr 1316 Kaiser Ludwig dem Bayern zum Opfer. Der Wittelsbacher ließ die Stadt in seinem Kampf um die Herrschaft im Reich zerstören. Auch entführte Kaiser Ludwig aus dem Stift etliche Reliquien des hl. Deocar und schenkte sie der Stadt Nürnberg; dort steht noch ein Altar für St. Deocar in der Kirche St. Lorenz. Besondere Huld erwies hingegen eine Generation später Kaiser Karl IV. dem Stift Herrieden. Das kaiserliche Geschenk einer vergoldeten Turmmonstranz mit einer Reliqiuie des hl. Vitus von 1358 ist bis heute ein Schatz der Kirchenstiftung St. Veit.

Die Zeit Kaiser Karls IV. führte zu einem Wiederaufschwung des Stifts. Älteste Bauteile der Kirche St. Vitus sind die beiden mächtigen, durch eine Brücke miteinander verbundenen Westtürme aus dem 14. Jahrhundert. Seine Blüte erlebte das Veitsstift im 15. Jahrhundert.

So studierte der berühmte Jakob Fugger „der Reiche“ in Herrieden und bereitete sich auf seinen endgültigen Eintritt als Stiftsherr vor, bis er durch den unerwarteten Tod seiner Brüder 1478 das Familienunternehmen in Augsburg übernahm. Architektonische Zeugnisse dieser Zeit sind der Chor der Stiftskirche, errichtet von 1447 bis 1477 oder der Deocarschrein in der Blasiuskapelle. Von der barocken Ausstattung der Stiftskirche aus dem 18. Jahrhundert sind neben Stuck und Malereien auch der Hochaltar, Orgel und Kanzel erhalten sowie eine seltene Krippe aus Innsbruck.

1792 wurde Herrieden preußisch und kam erst 1806 an das Königreich Bayern. Im gleichen Jahr setzte dem Stift die Säkularisation durch den bayerischen Staat ein Ende. Nachfolger wurde die katholische Pfarrgemeinde St. Veit.

(Markus Schütz)



 

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