Günzburg, Franziskanerinnenkloster


 

GESCHICHTE

 

Günzburg, Franziskanerinnenkloster – Eine weibliche Solidargemeinschaft

 

1433 entschlossen sich die beiden Günzburger Bürgerstöchter Margarethe Böck und Margarethe Bader, das von ihnen gegründete Seelhaus, eine Stiftung für alleinstehende Frauen, das in unmittelbarer Nähe der Frauenkirche lag, unter den Schutz des Stadtrats zu stellen. Sie erlangten dadurch die Befreiung von allen Steuern. 16 Jahre später erfolgte die kirchliche Anerkennung des Klosters, das sich an der Drittordensregel des hl. Franziskus orientierte, durch Kardinal Peter von Schaumberg, Bischof von Augsburg. 1492 bestätigte König Maximilian I. (1486–1508) dem Kloster die städtischen Privilegien aus dem Jahr 1433 und genehmigte den Bau eines Verbindungsgangs zur Frauenkirche, wo die Franziskanerinnen einen eigenen Chor erhielten.

In der wirtschaftlich aufstrebenden Stadt verdiente sich die Gemeinschaft, zu der stets rund zwölf Schwestern gehörten, ihren Lebensunterhalt durch Krankenpflege, Tuchweberei und Handarbeiten. Vor allem der Handel mit der in Günzburg produzierten Rohleinwand, die auf den von der Stadt gepachteten Wiesen entlang der Günz gebleicht wurde, nahm großen Aufschwung. Das Frauenkloster wirtschaftete in der Folgezeit so erfolgreich, dass es eine Reihe von Gütern erwerben konnte. 1509 kam der Happacher Hof, 1649 der Zehnte der Pfarrei Attenhofen, 1662 Höfe in Schnuttenbach in ihren Besitz. Bürgerstöchter, die in das Kloster eintraten, brachten oftmals Grundbesitz, meist Äcker und Wiesen im Bereich der Stadt Günzburg, mit und trugen so zur Vermehrung des Klosterbesitzes bei. Da Günzburg und die gesamte Markgrafschaft Burgau damals zu Vorderösterreich gehörten, war das Franziskanerinnenkloster, das zu Beginn unter Straßburger Observanz stand, dann der Tiroler Minoriten-Provinziale eingegliedert. 1559 bestätigte der Habsburger Kaiser Ferdinand, der zugleich das Amt des Markgrafen von Burgau innehatte, der Gemeinschaft die Immunität. Er bewilligte den Franziskanerinnen außerdem den Betrieb von drei Webstühlen in ihrem Haus und erlaubte, dass sie vier Kühe auf die städtische Weide treiben durften.

1613 wurde der Schwesternchor in der Frauenkirche neu gebaut und erhielt einen eigenen Altar, der von Markgraf Karl und seiner Gemahlin gestiftet wurde. Der Innsbrucker Provinzial Pater Heinrich Seifried ordnete 1629 dem Kloster die strenge Observanz an. Dazu gehörten das Verbot privaten Eigentums und eine einfache Lebensführung mit Klausur. Bislang war den Schwestern der Ausgang vom Kloster, vor allem zur Krankenpflege, erlaubt gewesen. Da sich in der Folgezeit die Leitung des Hauses von Innsbruck aus als zu umständlich erwies, beschloss das Generalkapitel 1636 die Günzburger Frauengemeinschaft zusammen mit den Franziskanerinnen in Welden dauerhaft unter die Aufsicht des Augsburger Bischofsstuhls zu stellen.

Nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs waren die Gebäude unbewohnbar geworden. Daher entstand 1674 eine neue Anlage, die nach Plänen des Vorarlberger Barockbaumeisters Michael Thumb errichtet wurde. Unglücklicherweise fiel das Kloster dann 1735 dem verheerenden Stadtbrand, der die gesamte nördliche Oberstadt in Schutt und Asche legte, teilweise zum Opfer. Dank einer bistumsweiten Spendenaktion und der Hilfe großzügiger Wohltäter konnte der Wiederaufbau bereits ein Jahr später erfolgen. Mit dem Neubau der nebenan befindlichen Frauenkirche – dem beeindruckenden Werk des ab 1736 hier tätigen Wessobrunner Baumeisters Dominikus Zimmermann, das als Vorläufer der Wieskirche gilt – wurde das Kloster durch einen überdachten Arkadengang verbunden. Über ihn gelangten die Schwestern zur Nonnenempore in der Kirche, um hier die Gottesdienste und gemeinsamen Gebetszeiten zu feiern. Im 18. Jahrhundert verfügte das Kloster über einen ansehnlichen Besitz im Bereich der Markgrafschaft Burgau mit Höfen in Echlishausen, Happach und Schnuttenbach. In der Stadt Günzburg genossen die Franziskanerinnen hohes Ansehen.

Rund 50 Jahre später wurde jedoch auch dieses Kloster im Zuge der Säkularisation aufgehoben: Von der Klosterreform Kaiser Josephs II. (Regierungszeit 1764–1790) war auch die damals noch in Habsburger Besitz befindliche Markgrafschaft Burgau betroffen. Bereits 1782 mussten die Franziskanerinnen das Gebäude räumen. Bei der Aufhebung lebten noch 19 Nonnen im Kloster. Sie wurden gruppenweise an mehreren Standorten untergebracht. Das Vermögen fiel an den vorderösterreichischen Religionsfond. Seit 1825 ist das Gebäude im Besitz der Englischen Fräulein. Nach einer umfassenden Renovierung in den 1980er-Jahren befinden sich darin Räumlichkeiten der Schwestern und des Maria-Ward-Gymnasiums.

 

Christine Riedl-Valder


 

 

 



 

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