Gotteszell


 

GESCHICHTE
Gotteszell ? Zisterze im Regental

Als die letzte Niederlassung der Zisterzienser in Altbayern entstand 1285 Gotteszell, eine Stiftung des Ritters Heinrich von Pfölling (Pfelling). Die Besiedlung der Zelle erfolgte durch zwei Mönche aus Aldersbach. Während ihrer ersten Jahre stand die ?Cella Dei? in völliger Abhängigkeit vom Mutterkloster. 1297 ermöglichte eine Schenkung des Bischofs Heinrich III. von Regensburg den Ausbau von Gotteszell zu einem Konvent für dreizehn Ordensbrüder. 1320 wurde das Priorat des Klosters Aldersbach zur selbstständigen Abtei erhoben und Abt Berthold (reg. 1320-1343) ließ die erste richtige Kirche des Klosters errichten. Wohl nach dem Vorbild von St. Peter in Straubing entstand eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit drei Ostapsiden. 1330 erfolgte die Weihe des Kirchenbaus zu Ehren der hl. Anna.

Da man die Mönche in einem bereits weitgehend kultivierten Gebiet angesiedelt hatten, waren nur noch in geringem Umfang Kolonisations- und Rodungsarbeiten zu leisten; die klösterliche Erschließung des Landes bezeugen aber Ortsnamen wie Patersdorf und Fratersdorf.

Von Anfang an hatte die Zisterze Gotteszell wirtschaftliche Schwierigkeiten. Dies lag zum einen am kargen Boden. Zum anderen wurden die Vermögensverhältnisse durch kriegerische Unruhen, etwa die Kämpfe zwischen dem Ritterbund der ?Böckler? und den bayerischen Herzögen (1468), beeinträchtigt, da keine Erträge von den zinspflichtigen Gütern flossen. Zur wirtschaftlichen Not trugen auch Streitigkeiten mit dem benachbarten Landadel bei. Konflikte gab es zudem mit dem Marktort Ruhmannsfelden, der im Jahr 1503 durch Tausch an das Kloster gelangt war. Wiederholt ist der Verkauf von Kirchengerät bezeugt. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts musste zeitweilig sogar der Stab des Abtes verpfändet werden.

Ein fortschreitender innerer Verfall begleitete ab der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts den wirtschaftlichen Niedergang des Klosters. Es gab Probleme mit der Disziplin im Konvent undkonfessionelle Auseinandersetzungen. Sie führten zu zahlreichen Austritten, Resignationen von Äbten und in einem Fall sogar zur Inhaftierung eines Klostervorstehers. Von 1570 bis 1596 unterstand Gotteszell deshalb Administratoren aus den Klöstern Fürstenfeld und Aldersbach.

Unter Achatius Einspeckh, der 1596 zum Abt von Gotteszell gewählt wurde, herrschte wieder strenge klösterliche Disziplin. Um das religiöse Leben auch der Klosteruntertanen zu fördern, führte Abt Achatius das Fest des hl. Bernhard ein. Aufgrund seiner Verdienste gestattete Papst Clemens VIII. im Jahr 1600 den Gebrauch von Mitra, Ring und Bischofsstab.

Ein Brandunglück, dem 1629 die Abteikirche, die Annakapelle, der Konventbau und einige Wirtschaftsgebäude (Schmiede, Schreinerei) zum Opfer fielen, bedeutete einen Rückschlag für Gotteszell. Nach dem Wiederaufbau, der mit landesherrlicher Unterstützung erfolgte, erlitt das Kloster 1633 und 1641 durch den Einfall schwedischer Truppen erneut großen Schaden. 1651 starb der letzte Mönch und der seit 1638 regierende Abt Christoph Lehen verließ die Zisterze im Regental.

Gotteszell wurde jedoch umgehend durch das frühere Mutterkloster Aldersbach wieder besiedelt; Gerhard Hörger wurde 1651 in Personalunion Abt für beide Niederlassungen. Gotteszell erholte sich rasch und Hörgers Nachfolger machten das Kloster zu einer Pflegestätte von Kunst und Wissenschaft. Abt Bonifaz Hiltprand (reg. 1658-1689), der mit seinem großen Privatvermögen zur wirtschaftlichen Gesundung des Stiftes beigetragen hatte, errichtete ein Studienseminar zur theologischen Ausbildung des Ordensnachwuchses. Abt Wilhelm I. Pertl (reg. 1689-1716) leistete mit der Gründung einer Klosterschule einen wichtigen Beitrag zum Elementarunterricht der ländlichen Bevölkerung.

Während der langen Regierungszeit des Abtes Wilhelm II. Grafsturm (reg. 1716-1760) erfuhr die Klosterkirche 1729 eine prächtige, leider nur rudimentär erhaltene Ausgestaltung durch so namhafte Künstler wie Cosmas Damian und Egid Quirin Asam. Einen Anlass für diese neue repräsentative Ausstattung bot die Jahrhundertfeier der wundersamen Errettung der als Gnadenbild verehrten holzgeschnitzten Statue der hl. Anna auf dem Hochaltar beim Brand von 1629. In dem geistlichen achttägigen Fest, einer so genannten ?Festoktav?, die 1729 mit Musik- und Theateraufführungen, der feierlichen Übertragung von Reliquien, Festpredigten, acht Pontifikalämtern mit Äbten aus drei Orden und nicht weniger als 300 Messen begangen wurde, spiegelten sich Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der barocken Abtei wider. Dokumentiert wurde all dies in der 1730 veröffentlichten Festschrift ?Saeculum nostrum in illuminatione vultus tui?, gewidmet der bayerischen Kurfürstin Maria Amalia.

Das Gnadenbild der hl. Anna war Ziel einer blühenden Wallfahrt nach Gotteszell. Die 1729 gegründete St.-Anna-Bruderschaft zählte bis zur Aufhebung des Klosters insgesamt mehr als 12000 Mitglieder. Neben der Seelsorge widmeten sich die Mönche vor allem der Erziehung der Jugend. Im Studienseminar wohnten auch die Singknaben, die zur musikalischen Ausgestaltung der Gottesdienste herangezogen wurden. Ende des 18. Jahrhunderts erteilte ein Eremit namens Franz Pitsch im so genannten Klausnerhäuschen auf dem Kalvarienberg den Elementarunterricht.

Die Säkularisation traf 1803 ein nicht reiches, doch innerlich gesundes Kloster. Am 24. März 1803 verlas der Landrichter Franz Ignaz von Schmidbauer aus Viechtach den verbliebenen zwölf Patres und einem Laienbruder den kurfürstlichen Aufhebungsbescheid. Der gesamte Wald- und Grundbesitz der Abtei ging in staatliches Eigentum über. Die Schmiede, das Seminar- und Schulgebäude, das Klausnerhäuschen, das Brau- und Sudhaus und die Ökonomiegebäude gelangten nach Versteigerungen 1803 und 1804 in Privatbesitz. Die Klosterkirche diente fortan als Pfarrkirche, die so genannte Hofstube beherbergte die Volksschule, der Prälatengarten diente als Schulgarten und der Abteistock als Pfarrhaus. Der Novizenbau und der Küchentrakt wurden wegen Baufälligkeit abgebrochen. Aus der Bibliothek entnahm der Münchner Bibliothekar Johann Christoph von Aretin lediglich ein Manuskript für die Hofbibliothek, während der Kommissar Paul Hupfauer 160 Bücher für die Universitätsbibliothek in Landshut aussuchte. Der letzte Abt Amadeus Bauer, 1796 gewählt, erhielt eine Anstellung als Schulinspektor, die Mehrzahl der Mönche fand in der Seelsorge und im Schuldienst Verwendung.

(Manfred Knedlik)


 

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