Die Birgitten am Gnadenberg
Gnadenberg war das erste Kloster der Birgitten in Süddeutschland. Die Initiative zur Gründung lag wohl bei Katharina von Pommern-Stolpe (gest. 1426); die Frau des Pfalzgrafen Johann I. von Neumarkt war in Vadstena, dem schwedischen Mutterkloster des Ordens, erzogen worden. Das Kloster sollte ursprünglich direkt beim oberpfälzischen Neumarkt nahe der Burg Wolfstein errichtet werden. Warum man den Bauplatz an den Gnadenberg (damals noch Eichelberg) verlegte, ist nicht mehr bekannt. Am 28. Juli 1420 erfolgte die päpstliche Genehmigung zur Gründung des Klosters,
Die hl. Birgitta von Schweden (1303-1373) hatte die Gründung ihres neuartigen Ordens mit der Anlage eines neuen Weingartens verglichen. Ihre Schau richtete sich auf ein Leben in strengster Abgeschiedenheit und Kontemplation. Die Ordensgründerin sah vor, in jedem Kloster eine vollkommene und in sich geschlossene Lebensgemeinschaft zu verwirklichen. Ihr Vorbild war die christliche Urgemeinde aus den zwölf Aposteln und Paulus, für welche die dreizehn Priester des Klosters standen, und den 72 Jüngern, verkörpert durch 60 Nonnen, vier Diakone und acht Laienbrüder.
Als 1425 die ersten Mönche aus dem Birgittenkloster San Paradiso bei Florenz eintrafen, bestanden wohl bereits der Männertrakt und eine provisorische Kirche. Aufgrund eines päpstlichen Verbotes durften in den Jahren 1422 bis 1435 keine Doppelklöster errichtet werden. So kamen erst im Jahr 1435 aus dem dänischen Kloster Maribo vier Nonnen, unter ihnen die erste Äbtissin Anna Svenson. Die Errichtung des Klosters zog sich über 30 Jahre hin. Die Weihe nahm der zuständige Bischof Albert II. von Eichstätt am 15. Juli 1438 vor. Das Kloster war damals bereits personell so gut ausgestattet, dass die vier dänischen "Urnonnen" nach Maribo zurückkehren konnten; als erste einheimische Äbtissin wurde Elisabeth Kniepäntel gewählt. Am 11. Juli 1451 konsekrierte Bischof Johann von Eych die Klostergemeinschaft und schloss sie gemäß der Regel in ihre strenge Klausur.
Von Anbeginn an hatte das Kloster Gnadenberg enge Beziehungen zur Reichsstadt Nürnberg und dem nahen Altdorf. Reiche Schenkungen schufen einen beachtlichen Besitz aus Grundstücken, Zehenten und Rechten. Schon bald nach der Gründung traten Töchter aus Nürnberger Patrizierfamilien in das Kloster ein. Die Nürnberger Familie Fürer förderte Gnadenberg besonders. Sie beauftragte sogar Albrecht Dürer mit einem Gutachten zur Einwölbung und Dachung der Klosterkirche und stellte eine Äbtissin (Elisabeth Fürer, 1489-1509). Die Stadt Nürnberg hatte auch die Schutzhoheit über Gnadenberg.
In der Zeit zwischen 1470 und etwa 1520 lag die Blüte Gnadenbergs, das sich zu einem der führenden Klöster des Ordens entwickelt hatte. Hier wurden die Visionen der hl. Birgitta von Schweden ("Revelationes") ins Deutsche übersetzt und hier fand 1487 ein Generalkonvent des Ordens statt, an dem fast alle Birgittenklöster Europas teilnahmen. Von Gnadenberg aus wurden auch die beiden anderen süddeutschen Birgittenklöster gegründet: 1472 Maihingen und 1487 das heute noch bestehende Altomünster. Die 1451 begonnene Klosterkirche - heute noch als Ruine beeindruckend - muss, in ihrer eigenartigen Gestalt auf den Visionen der Birgitta beruhend, auf die Zeitgenossen ungewöhnlich gewirkt haben. Keine andere Kirche des Ordens lehnte sich in ihrer Architektur so eng an die Mutterkirche in Vadstena an wie Gnadenberg.
Der Orden war an sich eine ausgesprochen aristokratische Institution, begründet schon in der hl. Birgitta, die aus einer hochadligen Familie stammte, doch waren persönliche Armut und größte Einfachheit vorgeschrieben. Die Armut der Birgittenklöster besiegelte oft auch ihr Schicksal. Sie erhielten Geld, andere Gaben und ihren Nachwuchs von den vermögenden Bürgern umliegender Städte - im Fall Gnadenberg war es Nürnberg - und waren somit von den Entwicklungen in diesen Städten abhängig. Das bedeutete das Ende für diejenigen Niederlassungen, deren Umfeld sich der Reformation anschloss. Dieses Schicksal traf 1595 selbst das Urkloster des Ordens in Vadstena.
Der Niedergang Gnadenbergs zeichnete sich bereits mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts ab. Während des Landshuter Erbfolgekriegs eroberte Herzog Albrecht IV. von Bayern-München im Jahr 1504 Gnadenberg. Dies zog die Klostergebäude schwer in Mitleidenschaft. Der Wiederaufbau der Kirche und des Schwesternhauses belastete die Klosterkasse sehr. Als 1524 die Reformation in Nürnberg und Altdorf eingeführt wurde, wandten sich viele Stifter und Gönner ab. Die Finanznot zwang den Konvent zum Verkauf von Grundbesitz. Unter Kurfürst Ottheinrich kam die Einführung der Reformation in der Oberpfalz: Als 1556 die kurfürstliche Kommission zur Aufhebung der oberpfälzischen Klöster auch in Gnadenberg erschien, war der einst blühende Konvent bereits auf achtzehn Nonnen und vier Mönche reduziert. Das klösterliche Leben in Gnadenberg scheint bis in die 1570er-Jahre erloschen zu sein.
Nach der Rekatholisierung der Oberpfalz gab es 1621 bis 1628 Bestrebungen das Kloster wieder zu beleben. Das Ende besiegelten ausgerechnet Truppen aus Schweden - der Heimat der hl. Birgitta, die 1635 große Teil des Klosters Gnadenberg in Schutt und Asche legten. Das vom Brand weitgehend verschonte Schwesternhaus wurde 1655 zur Pfarrkirche St. Birgitta umgebaut. 1671 kam das Klosterareal in den Besitz der Salesianerinnen von St. Anna in München.
Nach der Säkularisation von 1803 wurde der Komplex an Privatleute verkauft und das Brüderhaus abgebrochen. Der Plan zum Abbruch der Kirche, deren Steine man als Baumaterial für den Ludwig-Donau-Kanal verwenden wollte, wurde nicht verwirklicht. Seit 1898 gehört die Kirchenruine dem Freistaat Bayern.
( Peter Morsbach )